Abteilung Internationale Zusammenarbeit

Niger nach dem Coup: Neue Migrationsmuster im Sahel?

Welche Auswirkungen hat die Aufkündigung des Migrationsdeals zwischen Niger und der EU? Ein Interview.


 

Am 28. November 2023 hob die neue nigrische Militärregierung ein Gesetz aus dem Jahr 2015 auf, das den Transport von Migrant:innen von Agadez nach Libyen unter Strafe stellte und diesen als "Menschenhandel" und "Migrant:innenschmuggel" bezeichnete. Das Gesetz wurde in Brüssel als wichtiger Bestandteil der Politik zur Kontrolle und Verhinderung der Migration nach Europa aus Subsahara-Afrika und insbesondere aus Westafrika gesehen. Wir sprachen über die Auswirkungen dieser jüngsten Entwicklungen mit Dr. A. Idrissa Abdoulaye von der Universität Leiden.

 

Herr Dr. Abdoulaye, wurde das frühere Abkommen von der EU als erfolgreich angesehen und welche Auswirkungen hatte es auf die Migrationsdynamiken vor Ort?

Dr. A. Idrissa Abdoulaye: Das Abkommen zwischen Niger und der Europäischen Union über die Kontrolle der Transitmigration nach Libyen war Teil eines Systems zur Kontrolle und Reduzierung der Migrationsströme nach Europa, das sich in einem Gebiet bis nach Libyen und Tunesien erstreckte. Zu den spezifischen Vorteilen der Zusammenarbeit mit Niger gehörte zum einen die Verringerung der Zahl der Migrant:innen, die Libyen erreichten. Ein Effekt, der mangels verlässlicher Zahlen über die Umgehungsrouten schwer zu beziffern, aber real ist. Zum anderen beinhaltete sie die Betreuung der betroffenen Migrant:innen in den von der Internationalen Organisation für Migration betriebenen Zentren, sowie die Möglichkeit, die Abschiebung von Migrant:innen aus Libyen nach Niger und die finanziell unterstützte Rückkehr nigrischer Migrant:innen in ihr Heimatland zu organisieren. Die „Niger-Fazilität“ war somit ein zentrales Element der EU-Politik zur Externalisierung ihrer Grenzen nach Afrika. Die drei Prioritäten waren: Verstärkung der Migrationskontrolle, Bekämpfung des Menschenhandels und Förderung von Wachstum und Beschäftigungsalternativen. Um die Zusammenarbeit mit Niger sicherzustellen, stellte die EU umfangreiche Haushaltsmittel zur Verfügung, von denen zumindest ein Teil an Fortschritte in den Bereichen Migration und Sicherheit geknüpft war. Daten um die Entwicklung dieser Politik im Laufe der Zeit zu bewerten sind leider nicht zugänglich.  Daher ist es schwierig, Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, wie zufrieden die EU mit dieser „Konditionalität“ gewesen sein mag. Die Tatsache, dass die EU ihre Budgethilfe an Niger nicht unterbrochen hat, weist jedoch darauf hin, dass sie mit den Ergebnissen der Zusammenarbeit im Allgemeinen zufrieden gewesen sein muss. Darüber hinaus ermöglichte dieser Kooperationsrahmen den europäischen Polizeikräften, insbesondere Frontex, direkt in die Umsetzung der Migrationspolitik einzugreifen, die sich aus dem Niger-Gesetz von 2015 ergab.

Das Gesetz beendete die Transitmigration nicht, sondern informalisierte sie vielmehr. Es zielte auf die Schleuser ab, d.h. auf diejenigen, die Migrant:innen Transportdienste anboten, und nicht auf die Migrant:innen selbst, die laut Gesetz nur mit ihrer Zustimmung "verwaltet" oder "zurückgeschickt" werden konnten. Das bedeutete, dass sie weiterhin die Initiative ergreifen konnten, um ihr Migrationsvorhaben fortzusetzen, allerdings mit einem erheblichen Mehraufwand und physischen Gefahren (gefährliche Umgehungsstrecken, höhere Transportkosten, Korruption). Das Gesetz hatte auch eine erhöhte Korruption unter der Polizei an den nigrischen Grenzen zur Folge sowie, durch Nachahmung, an den Grenzen von Burkina Faso, einem Land, das kein solches Gesetz hat. Infolgedessen stiegen auch die unrechtmäßigen Gebühren, die Menschen aus Drittstaaten bei der Reise in diese beiden Länder entrichten mussten, selbst wenn ihr Ziel nicht Libyen oder Europa war.

 

Welche Auswirkungen hatten das Migrationsabkommen und seine Umsetzung auf die Sicherheitslage in der Region?

Aus Sicht der EU war das Abkommen auf dem Papier Teil eines allgemeinen Systems der Migrationskontrolle auf der Grundlage von "Sicherheit, Entwicklung und Schutz". In der Theorie hatten Migrant:innen die Wahl den durch das Gesetz vorgesehenen Prozess zu durchlaufen (Grenzposten, Registrierung und Verwaltung, Lager, Wiedereingliederung und Rückführung), um die Sicherheitsrisiken außerhalb der polizeilichen Kontrolle zu vermeiden. Sie würden Unterstützung für die Schaffung von Alternativen zur Migration erhalten und könnten sich in sicheren Gebieten frei bewegen oder ansiedeln. Diese Entscheidung hatte jedoch den Preis das eigene Migrationsvorhaben aufzugeben. Somit schuf das Abkommen zwei Räume, einen sicheren und einen unsicheren. Die Unterstützung der EU für die nigrischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte und das Justizsystem konzentrierte sich auf den Aufbau dieses sicheren Raums, der auch das reguläre Straßennetz umfasste. Weniger aktiv konzentrierte man sich auf die unsicheren Gebiete in der Wüste an der Grenze zum Norden Malis und Algerien, wo sich später die Umgehungsrouten entwickeln sollten. In diesen Gebieten waren die Bewegungen der Migrant:innen mit einer Welt des Warenschmuggels, des illegalen Handels und anderer krimineller Aktivitäten verbunden.

Die wichtigsten Migrationsrouten führen vom Norden Benins über Dosso, Tahoua und Agadez nach Libyen sowie von Nigeria über Grenzstädte in der Nähe Nigerias nach Agadez. Diese Routen verlaufen nicht durch den Teil Nigers, in dem die Dschihadisten aktiv sind, d. h. das Dreiländereck mit Mali und Burkina. Daher hat das Abkommen keine nennenswerten Auswirkungen auf die Sicherheitsprobleme in diesem Teil des Landes. Es könnte sein, dass einige der Menschen, die durch das Gesetz eines Arbeitsplatzes oder eines Unternehmens beraubt wurden, sich jedoch diesen kriminellen Akteuren anschließen. Sie gehören zu einem Lumpenproletariat, das für solche Gelegenheiten anfällig wäre. Dies gilt jedoch nicht nur für Niger, sondern für alle Krisengebiete in der Sahelzone (viele Nigerianer haben sich beispielsweise den Truppen des sudanesischen Kriegsherrn Mohamed Hamdan Dagolo "Hemetti" im laufenden Krieg im Sudan angeschlossen). Dies auf das Gesetz zurückzuführen, ist bestenfalls eine Vermutung und würde Nachforschungen erfordern, die meines Wissens bislang noch nicht angestellt wurden.

 

Wie sehen die neuen Migrationsmuster und Sicherheitsprobleme nach der Aufhebung des Gesetzes 2015-36 durch die Junta in Niger aus, vor allem in der Region Agadez?

Es ist noch zu früh, um dies zu sagen, zumal die südlichen Grenzen Nigers - zu Benin und Nigeria - nach der Aufhebung des Gesetzes einige Zeit lang aufgrund der ECOWAS-Sanktionen gegen den Staatsstreich geschlossen waren. Dies hatte zur Folge, dass die Bewegung von Migrant:innen nach Niger zum Erliegen kamen.

Man kann jedoch sicher sein, dass die Migration in Richtung Mittelmeer deutlich zunehmen dürfte. Im Rahmen der bisherigen Politik wurde der Transport von Migrant:innen dadurch dereguliert, dass er heimlich erfolgte. Die Tatsache, dass er jetzt legal ist und nicht mehr heimlich erfolgen muss, bedeutet nicht, dass er reguliert wird. Die Regulierung ist eine Frage der Politik, und die Junta hat derzeit keine Migrationspolitik im Sinn. Das bedeutet eine Rückkehr zu der Situation vor 2015, als Migration durch sicheres Reisen und Deregulierung angekurbelt wurde. Dies ist das beste Szenario für Migrant:innen, da es ihnen ermöglicht, ihre Mittel besser zu investieren und die besten Dienstleistungen für ihre Reise zu finden.

Die Junta wird nicht zusätzlich in die Sicherung der Migrationsrouten investieren, aber die Migrant:innen werden nicht mehr den unsicheren Umgehungsrouten folgen müssen, auf die sie zuvor beschränkt waren. Die Migration war in der Vergangenheit kein bedeutendes Sicherheitsproblem in Agadez, und es ist nicht zu erwarten, dass sie jetzt zu einem solchen wird - vielleicht im Gegenteil. Das größte Sicherheitsrisiko war mit dem Gesetz verbunden, von dem man befürchtete, dass es die Schleuser zu kriminellen Handlungen verleiten könnte, nachdem sie ihres Haupteinkommens beraubt worden waren. Falls diese Befürchtung tatsächlich eingetreten sein sollte, könnte man erwarten, dass die neue Situation viele, die sich zwielichtigen Geschäften zugewandt hatten, wieder in das profitable legale Geschäft mit den Bedürfnissen von Migrant:innen zurückführen wird.

Im Allgemeinen bedeutet die Aufhebung des Gesetzes, dass das wirtschaftliche Ökosystem rund um Migration (Transport, Bewirtung, Restauration und Geldtransfer) wiederbelebt wird, wodurch die Sicherheitsrisiken sinken, die mit alternativen kriminellen Aktivitäten verbundenen waren. Die Korruption wird jedoch nicht abnehmen. Es ist stattdessen zu vermuten, dass aufgrund des Zustroms von Migrant:innen und der Vervielfachung der Gelegenheiten zur Korruption diese zunehmen und sich ausbreiten wird. Auch aufgrund der Tatsache, dass der Transport von Migrant:innen nun zwar wieder legal, aber nicht reguliert ist.

 

Ist anzunehmen, dass die neue Regierung in Niamey die Migration als Druckmittel gegen die EU einsetzen wird?

Die nigrische Junta hat keine Kontrolle über die Migrant:innen und kann sie daher nicht, wie in der Frage angedeutet, instrumentalisieren. Unter dem nun aufgehobenen Gesetz hatte die nigrische Regierung noch eine gewisse Kontrolle über die Migrant:innen, da sie ihre Bewegungsfreiheit einschränkte und eine beträchtliche Anzahl von ihnen zwang, sich, wenn auch nur zeitweise, in das mit der EU eingerichtete Kontroll- und Verwaltungssystem zu integrieren. Mit der neuen Regelung wurde diese Kontrolle aufgegeben. Das bedeutet, dass Niger in seinen Beziehungen zur EU Migration nicht mehr als Druckmittel einsetzen kann. Die einzige Änderung, die jetzt wieder möglich ist, besteht darin, dass Niger gegen finanzielle Zusagen zur Zusammenarbeit mit der EU bei der Migrationskontrolle zurückkehrt. Ein solches Szenario ist jedoch nicht aufgrund russischer Interessen im Land ausgeschlossen, sondern aufgrund der Behauptung der Junta, dass sie die nigrische Souveränität gegen europäische Einmischung verteidigt. So kommt es auch bei der Begründung zur Aufhebung des Gesetzes zum Ausdruck. Zumindest in der Region Agadez, wo die Wirtschaft rund um Migration wiederbelebt werden soll, wird diese Behauptung der Junta eine dringend benötigte Legitimationsgrundlage liefern.

Angesichts des Dogmas in Nigers regierendem Machtzirkel, dass Russland der exklusive Sicherheitspartner des Landes ist, wird es in Zukunft ein stärkeres russisches Engagement geben. Für Russland geht es dabei nicht um Ressourcen - Nigers Öl liegt in den Händen der China National Petroleum Corp (CNPC) und das Uran ist weiterhin bei der französischen Orano vertraglich gebunden - sondern um die Ausnutzung lokaler Ideologien, um dem Westen im Rahmen eines neuen Kalten Krieges das Leben schwer zu machen.

 

Was sind die politischen Optionen für die EU und ihre Mitgliedstaaten angesichts der aktuellen Entwicklungen?

Nach Ansicht der nigrischen Junta ist es nicht Aufgabe von Transitländern wie Niger, das Migrationsdilemma der Zielländer zu lösen, sondern es ist die Aufgabe der Zielländer. Diese Haltung bedeutet, dass die von der EU bevorzugten politischen Optionen für die Zusammenarbeit mit Niger im Bereich der Migration in diesem Land derzeit nicht mehr zur Verfügung stehen. Es gibt jedoch Szenarien, die im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Niger denkbar sind.

Das erste Szenario lautet: Was passiert, wenn die Junta auf unbestimmte Zeit an der Macht bleibt? Die Junta geht davon aus, dass sie das "Recht" hat, so lange an der Macht zu bleiben, wie das Sicherheitsproblem in Niger und der Sahelzone nicht gelöst ist, was ewig dauern kann. Es kann sein, dass dieses Projekt in Frage gestellt wird und sie gezwungen sind, ihren Kurs zu ändern, aber im Moment müssen wir davon ausgehen, dass die Junta noch jahrelang an der Macht sein wird. Es ist möglich, mit ihr in der Migrationsfrage zusammenzuarbeiten, aber das setzt voraus, dass (1) die Junta gesprächsbereit ist, was noch nicht der Fall ist, und (2) ihre Verhandlungspositionen und objektiven Zwänge bekannt sind, sodass diesbezüglich politische Vorschläge gemacht werden können.

Das zweite Szenario ist, dass die Junta innerhalb der nächsten Monate die Macht abgibt, Wahlen organisiert werden und eine zivile Regierung gewählt wird. In diesem Fall wird die Zusammenarbeit mit Niger einfacher, aber es ist unwahrscheinlich, dass das Gesetz von 2015 in seiner jetzigen Form wiederbelebt wird. Es müssen Lehren aus einigen der durch das Gesetz verursachten Fragen/Probleme gezogen werden sowie aus der Art und Weise, in der es nicht den Erwartungen und Sorgfaltsstandards entsprach; auf dieser Grundlage würde dann eine neue Form der Regulierung und Kontrolle der Migration entworfen. In der Zwischenzeit wird Brüssel mit der ECOWAS zusammenarbeiten müssen. Migration ist ein westafrikanisches Phänomen. Ein Fehler des Gesetzes von 2015 besteht darin, dass Brüssel den vermeintlich einfachen Weg gewählt und ein einzelnes Land gebeten hat, eine Angelegenheit zu lösen, die nicht einmal in seinem Hoheitsgebiet ihren Ursprung hat. Auf diese Weise hat Brüssel alles auf eine Karte gesetzt. Brüssel sollte sich darum bemühen, herauszufinden, unter welchen Bedingungen und mit welchen Auflagen verschiedene Länder in Westafrika (insbesondere die Hauptursprungsländer Guinea, Senegal und Nigeria) bereit sind, an diesem Thema zu arbeiten. Außerdem sollte Brüssel herausfinden, wie diese Politik mit Prioritäten und Zielen in der Region und in Europa in Einklang gebracht werden kann. In früheren Arbeiten habe ich festgestellt, dass die Schwierigkeiten, die die EU bei Verhandlungen mit westafrikanischen Staaten hat, sowohl von diesen Staaten als auch von den europäischen Staaten ausgehen. Die politischen Optionen, die sich daraus ergeben, werden notwendigerweise vielfältig und variabel sein (je nach Land), aber sie werden einen Instrumentenkasten ergeben, der besser ist als ein einziger Korb mit allen Eiern darin.

Was Niger anbelangt, so ist es aufgrund der ideologischen Schwarz-Weiß-Malerei des herrschenden, militärisch-sozialistischen Systems - zementiert durch die nach innen gerichtete Allianz der Sahel-Staaten - derzeit unmöglich, produktiv mit ihnen zusammenzuarbeiten. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil das Interesse der europäischen Staaten an der Sahelzone im Wesentlichen mit Migration und Dschihadismus (und jetzt Russland) zu tun hat - und bei diesen Themen haben die Juntas beschlossen, von einer Zusammenarbeit abzusehen, da sie "den Westen" als Feind einstufen, während Russland der Freund und Verbündete ist. Der Russland-Zentrismus ist auch eher pragmatisch als Schutz vor potenziellen Putschisten und möglichen französischen Machenschaften zu verstehen.

Die Militärherrschaft und die rein auf militärischer Stärke basierende russische Partnerschaft bedeuten eine verstärkte innenpolitische Versicherheitlichung, aber keine Migrationskontrolle. Dies steht im Gegensatz zu dem von der EU eingeschlagenen Weg, der eine verstärkte Entwicklungshilfe beinhaltete, insbesondere eine wirtschaftliche Hilfe im Bereich des Infrastrukturaufbaus (Solarkraftwerke, Straßen, Staudamm). Dies war die richtige Art von Hilfe für ein Land wie Niger. Sie wurde von den neuen Machthabern vor allem deshalb abgelehnt, weil es ein politisches Problem gab, nämlich einen Kampf innerhalb der nigrischen Elite zwischen Pragmatikern und Ideologen. Die Pragmatiker (Leute wie der abgesetzte Präsident Mohammed Bazoum) waren der Meinung, dass (1) das Interesse der EU an der Beendigung der Migration ausgenutzt werden könnte, um Niger die Art von Hilfe zukommen zu lassen, die es wirklich braucht, im Gegensatz zu der Art von Hilfe, die reiche Regierungen lieber geben. Außerdem, (2) dass es eine Übereinstimmung zwischen dem Interesse der EU an der Eindämmung des Dschihadismus und dem Interesse Nigers an der Beendigung der dschihadistischen Gewalt gibt. Allerdings sehen die Ideologen/Radikalen jede Beziehung zum Westen als imperialistisch geprägt und von Hintergedanken getrieben, insbesondere von der "Ausplünderung unserer Ressourcen". Mit den Militärputschen haben die Ideologen über die Pragmatiker gesiegt. In Anbetracht der Haltung der ersteren kann die EU nur wenig tun, um dem Makel zu entgehen, ein imperialistisches Gebilde zu sein. Die Franzosen beispielsweise änderten ihren Ansatz zwischen 2014 und 2020 radikal: Sie diktierten den Maliern nicht mehr ihre Agenda, sondern wurden nach ihrem Einzug in Niger im Wesentlichen zu Hilfstruppen der nigrischen Armee - und überließen es Präsident Bazoum, die Theorie des Wandels in Niger zu definieren (was ihnen in Mali unter Ibrahim Boubacar Keita nicht gelang). Ihr Strategiewechsel hat die Ideologen nicht umgestimmt. Fakten sind weniger wichtig als Ideen und Konzepte. Und genau das haben die Russen ausgenutzt, mit Hilfe von ideologischen Handlangern wie der kamerunisch-schweizerischen afrikanischen Nationalistin Nathalie Yamb und ihrer französisch-beninischen Mitreisenden Kemi Seba sowie durch intensive Desinformations- und Propagandaarbeit in den sozialen Medien etc.. Die Franzosen/Europäer waren nicht in der Lage, in gleicher Weise zu reagieren. Angesichts des derzeitigen Ergebnisses kann nur eine Veränderung der internen Situation in den Sahelländern neue Möglichkeiten für Dialog und Engagement schaffen.

 


Zur Person

Dr. A. Idrissa Abdoulaye ist Politikwissenschaftler am Zentrum für Afrikanische Studien der Universität Leiden (ASCL). Er promovierte an der Universität von Florida in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Demokratisierung und politischer Islam in Afrika. Idrissas Forschungsschwerpunkte reichen von Fragen zu Staaten, Institutionen und Demokratisierung in Afrika über den salafistischen Radikalismus in der Sahelzone bis hin zu aktuellen Projekten zur Geschichte der Staatsbildung in Afrika, wobei er sich sowohl auf die moderne (Niger) als auch auf die vormoderne Epoche (Songhay) konzentriert. Bevor er zum ASCL kam, gründete und leitete Idrissa EPGA, einen Think Tank für politische Ökonomie in Niger, in dem er Studenten ausbildete und Projekte koordinierte, die auf Methoden der politökonomischen Analyse  basierten und sich auf Migration, Jugendbeschäftigung und Demografie konzentrierten.

 

Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautor_innen spiegeln nicht notwendigerweise die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.


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