Quelle: http://integrationsbarometer.dk/
Der sich verbessernde Konjunkturzyklus und der Arbeitskräftemangel auf dem dänischen Arbeitsmarkt in diesem Zeitraum sind eine wesentliche Erklärung dafür. Auswertungen zeigen jedoch, dass das dreigliedrige Abkommen und die neue Integrations- und Beschäftigungspolitik seit 2016 keinen signifikanten Einfluss auf die Beschäftigungsquoten von Geflüchteten und Migrant_innen in wieder zusammengeführten Familien hatte.
Von der Integration zur Rückführung
Trotz dieser ersten Erfolge, drängte die rechtspopulistische und einwanderungsfeindliche dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti) die liberal-konservative Regierung zu einem Paradigmenwechsel der Migrationspolitik von der Integration zur Rückführung. Anfang 2019 beschloss die Regierung mit Unterstützung der Sozialdemokratischen Partei das Paradigma der Asylvorschriften und der Integrationspolitik zu ändern. Die neuen Einwanderungsgesetze verschieben das politische Ziel von der Integration in die dänische Gesellschaft hin zur Rückführung in die Herkunftsländer der Migrant_innen. Dieser Paradigmenwechsel bedeutet, dass die Einwanderungsbehörden nur vorübergehende Aufenthaltsgenehmigungen ausstellen. Zuvor hatten Migrant_innen, die eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragten, Vorteile, wenn sie eine normale Beschäftigung hatten, in Freiwilligenverbänden mitarbeiteten oder die dänische Sprache beherrschten. Alle diese Integrationsindikatoren zählen nun nicht mehr. Sogar die Namen der Programme und Einkommensvorteile wurden geändert, um die Verlagerung von der Integration zur Rückführung zu signalisieren. Das frühere Integrationsprogramm wurde in „Selbsthilfe- und Rückführungsprogramm“ umbenannt, der Integrationsvorteil wird nun als „Selbsthilfe- und Rückführungsvorteil“ bezeichnet.
Viel Kritik am Paradigmenwechsel der Einwanderungspolitik
Natürlich löste dieser „Paradigmenwechsel“ umfangreiche Debatten und Kritik aus. Die Sozialpartner kritisierten die Rückführungsgesetze, weil sie die Errungenschaften des dreigliedrigen Abkommens und die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und Migrant_innen in wieder zusammengeführten Familien untergraben. Humanitäre Organisationen argumentierten, dass Geflüchtete in einen permanenten Zustand der Unsicherheit versetzt werden würden, der möglicherweise schwerwiegende negative soziale und psychologische Folgen haben könnte.
Dennoch, die sozialdemokratische Regierung, die nach den Parlamentswahlen im Juni 2019 ihr Amt antrat, unterstützte den „Paradigmenwechsel“ in der Einwanderungspolitik und war nicht geneigt der Kritik nachzugeben. Als Minderheitsregierung erlangten sie jedoch nur mit Unterstützung der Sozialistischen Partei, der Sozialistischen Volkspartei und der Radikalen Linkspartei eine Mehrheit im Parlament. Alle drei Parteien waren stark gegen den Paradigmenwechsel. Daher wurde eine geringfügige Ausnahme in die Rückführungspolitik aufgenommen. Wenn Geflüchtete länger als zwei Jahre eine normale Vollzeitbeschäftigung ausführen, kann ihnen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Diese Ausnahme umfasst jedoch nur eine Minderheit der Geflüchteten und Migrant_innen in wieder zusammengeführten Familien. Dennoch ernteten die Sozialdemokrat_innen schnell Kritik von den Oppositionsparteien, weil sie ihre Wahlversprechen gebrochen hatten.
Die neuen dänischen Rückführungsgesetze senden widersprüchliche Signale an Geflüchtete, Behörden und Arbeitgeber. Einerseits können die Einwanderungsbehörden keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis ausstellen und müssen stattdessen Geflüchtete in ihre Herkunftsländer zurückführen, sobald ihre Gründe für den humanitären Schutz enden. Andererseits sollen die Kommunen, Arbeitsämter und Arbeitgeber ihre Bemühungen zur Integration von Geflüchteten in die dänische Gesellschaft und den Arbeitsmarkt fortsetzen. Dazwischen befinden sich Geflüchtete und Migrant_innen in wieder zusammengeführten Familien in einem Zustand der Unsicherheit und Ungewissheit gefangen.
Autor:
Thomas Bredgaard ist Professor MSO (PhD) der Abteilung für Politik und Gesellschaft an der Universität Aalborg.
Dieser Kommentar ist eine gekürzte und überarbeitete Fassung von Bredgaard, T., & Ravn, R. L. (erscheint in Kürze): "Labour market integration of refugees in Denmark", Kapitel in B. Galgoczi (Hrsg.), Labour market integration of asylum seekers and refugees in main EU receiving countries, Brüssel: Forschungsabteilung des ETUI-REHS.