Politik und Gesellschaft
Online International Politics and Society 2/2001 |
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Zu diesem HeftAmerika steht in dieser Ausgabe in mehrfacher Hinsicht im Blickpunkt. Aus Anlass des Präsidentenwechsels sieht sich der USA-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Peter Rudolf, die Optionen an, die die Supermacht in wichtigen außenpolitischen Feldern hat. Die neue politische Konstellation in Washington, meint er, wird wenig daran ändern, wie Amerika seine nationalen Interessen in der weltpolitischen Arena verfolgt. Ähnlich äußert sich Karsten Voigt, der im Auswärtigen Amt für die Koordinierung der deutsch-amerikanischen Beziehungen zuständig ist und von IPG-Redakteur Oliver Thränert zum Verhältnis Europa - USA befragt wurde. Er sieht im übrigen keine eigentliche transatlantische Krise, wie Thränert in seinem einleitenden Kommentar (oder wie auch Gerd Föhrenbach in unserer 1/2001-Ausgabe), eher eine Art Normalisierung: Allfällige Interessenunterschiede treten deutlicher hervor, wenn die Gemeinsamkeit der latent-akuten Bedrohung von einst nicht mehr da ist. Hingewiesen sei hier auch auf Helmut Schmidts „Selbstbehauptung Europas“ im Renzensionsteil dieses Heftes. Ein zweites Thema lenkt den Blick auf Amerika. Seit zweihundert Jahren fasziniert dieser ganz andere Staat, diese ganz andere Gesellschaft fremde Beobachter. Trotz aller globalen Assimilierung, für die der Terminus „Amerikanisierung“ steht, ist das Original nach wie vor eine „andere Welt“. Diese Andersartigkeit hat mehrere Konnotationen. Eine ist der hemdsärmelige Kapitalismus, dem Europäer gerne ihre eigene Sozialstaatlichkeit als identitätsstiftenden Unterschied entgegensetzen. Auf eine fundamentalere Einzigartigkeit des amerikanischen Gesellschaftsmodells heben – aus unterschiedlichen Blickwinkeln – in diesem Heft die Soziologen Amitai Etzioni (George Washington University) und Claus Leggewie (Universität Gießen) ab. Beide Analysen zeigen, dass die nationale Identität Amerikas von jeher eine „zusammengesetzte“ war, die die Heterogenität der Herkunft gleichsam zum Wesensmerkmal hat. Für Etzioni ist dies ein wirksamer Schutz gegen die zerstörerische Macht des Nationalismus, jener aggressiven Verabsolutierung herkunftsbezogener Identität. Für Leggewie ist Amerika das Modell der sich auf vielen Wegen langsam herausbildenden Weltgesellschaft. Die an der New School for Social Research in New York lehrende ungarische Philosophin Agnes Heller fügt dem Nachdenken über Staat, Identität und Zivilgesellschaft ein Essay bei, das die Mehrdeutigkeit der Zivilgesellschaft thematisiert: einerseits den Staat ergänzender – weitgehend interessengeleiteter - Regulierungsprozess öffentlicher Belange, andererseits Reservoir vielfältiger sub-nationaler Identitäten. Auf die wieder ansteigende Bedeutung transnationaler Identität in der gegenwärtigen Phase der Weltentwicklung weist der Beitrag des Hamburger Politologen Andreas Ufen. Die viertgrößte Nation der Erde, Indonesien, definiert sich zunehmend als Teil der weltweiten islamischen Gemeinde. Der Säkularismus, auf dem moderne nationale Identität basiert, verliert an Boden. Wie stark unser Denken auf das Phänomen der staatlich verfassten Gesellschaft fixiert ist, zeigt sich darin, dass Globalisierung in hohem Maße als Entmachtung des Nationalstaates wahrgenommen und diskutiert wird. Normativ gewendet geht es hier um die Rückgewinnung schwindender Gestaltungs- und Problemlösungsmacht. „Global Governance“ markiert eine der Denklinien dabei. In unserer vorangegangenen Ausgabe ging Dirk Messner dieses Thema von der außenpolitischen Warte an (Europa als kooperative Weltmacht). Ernst Hillebrand und Uwe Optenhögel, Redakteure unserer Zeitschrift, werfen im vorliegenden Heft noch einmal die Frage nach einer Außenpolitik auf, die dem doppelten Prozess der zunehmenden „Entgrenzung“ und relativen „Entstaatlichung“ der Welt Rechnung trägt. Ein Thema aus unserer 1/2001-Ausgabe wird auch im Beitrag des Bonner Föderalismusexperten Uwe Leonardy wieder aufgenommen: die Weiterentwicklung der Europäischen Union. Der Autor hält die Zeit für gekommen, die mittlerweile hoch entwickelte supranationale Staatlichkeit der Europäischen Union nach Verfassungsprinzipien zu disziplinieren. Im nächsten Heft unter anderem: Palästina, Kinderarbeit, Industriepolitik im internationalen Vergleich. Übrigens:
Auf unserer Homepage (www.fes.de/ipg) finden Sie eine
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© Friedrich Ebert Stiftung | net edition malte.michel | 5/2001 |