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Politik und Gesellschaft Online
International Politics and Society 3/1999

Vorläufige Fassung / Preliminary version

JOHN EATWELL / LANCE TAYLOR
Die internationalen Kapitalmärkte wirksam regulieren!
(Original: „Towards an Effective Regulation of International Capital Markets")

Die Liberalisierung der internationalen Kapitalmärkte hat einigen Entwicklungsländern ohne Zweifel ein höheres Wirtschaftswachstum ermöglicht. Insgesamt jedoch ging sie mit einer markanten Verlangsamung des weltweiten Wachstums einher. Hierzu hat die Liberalisierung in mehrfacher Weise beigetragen. Sie hat zu größeren Schwankungen von Wechselkursen und Zinsen und damit zu mehr Unsicherheit für Investoren geführt. Mit der Unsicherheit verbunden ist eine verstärkte Orientierung auf kurzfristig korrigierbare Anlage-Optionen. Auf offizieller Seite hat die Liberalisierung mit ihrer inhärenten Destabilisierungsgefahr neue wirtschaftspolitische Prioritäten durchgesetzt. An der Spitze stehen nicht mehr Wachstum und Beschäftigung, sondern „makro-ökonomische Disziplin". Diese ist zwar unabdingbar, aber für sich allein - ohne gleichzeitige ausdrückliche Wachstumsorientierung - tendiert sie eher in Richtung Stagnation. Das Verhalten der Finanzinvestoren hat wiederholt zu krisenhaften Kurskollapsen geführt, und zwar nicht nur in Ländern mit markanten ökonomischen Ungleichgewichten, sondern über den Weg der „Ansteckung" auch in Ländern mit gesunder Wirtschaft. Derartige Krisen haben destabilisierende und rezessive Tendenzen für die gesamte Weltwirtschaft. Sie zu verhindern, ist im weltweiten Interesse und eine Aufgabe für internationale Marktordnungspolitik. Die Finanzmärkte müssen angemessen reguliert werden, freilich in einer Art und Weise, die die Vorteile offener Märkte weiterhin zum Tragen kommen läßt. Völlige Liberalisierung hingegen ist ineffizient und sollte als Politikziel aufgegeben werden. Angemessene Regulierung muß verbindlich sein. Dazu bedarf es einer Institution mit weltweiter Durchsetzungskompetenz, einer der Welthandelsorganisation nachempfundenen „Weltfinanzautorität" (WFA). Diese Institution müßte die Aufgaben, die in Ansätzen bereits von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und der International Organization of Securities Commissions (IOSCO) wahrgenommen werden, übernehmen und systematisch Lösungen für die einzelnen Regulierungs- und Kontrollprobleme entwickeln. Und sie müßte zusehen, daß ihre Regeln weltweit befolgt werden. Sie sollte die nationalen Regulierungs- und Risikomanagement-Initiativen verbindlich koordinieren. Einfluß wäre dabei sowohl auf die Nachfrage nach Krediten als auch auf ihr Angebot zu nehmen. Länder sollten im Einvernehmen mit der WFA Kapitalzu- und -abflüsse beschränken dürfen. Der Internationale Währungsfonds sollte der WFA rechenschaftspflichtig sein. Die WFA würde den Rahmen entwickeln, innerhalb dessen der Fonds im Krisenfall als „lender of last resort" agieren kann. Das würde Regeln erfordern, die das Krisenrisiko mindern und die Gläubiger an den Kosten der Krisenbereinigung beteiligen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition julia gudelius | Juni 1999