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Vor 75 Jahren startete die Berliner Luftbrücke. Wir öffnen die Pforten unserer Archivs und stellen einige Dokumente aus unseren Beständen vor.
Als die Sowjetunion am 24. Juni 1948 die Land- und Wasserwege nach West-Berlin sperrte, drohten von heute auf morgen knapp 2 Millionen Einwohner_innen von jeglicher Versorgung abgeschnitten zu werden. Zwei Tage später starteten die Amerikaner, weitere zwei Tage später die Briten die ersten Flugzeuge, um die West-Berliner Bevölkerung aus der Luft zu versorgen: Es war der Beginn der Berliner Luftbrücke.
Inmitten dieser weltpolitischen Ereignisse stand auch die SPD: Sie stellte damals mit Louise Schroeder die kommissarische Oberbürgermeisterin und mit Ernst Reuter den gewählten Oberbürgermeister, bei den Berliner Wahlen 1946 und vor allem 1948 hatten die Sozialdemokraten überwältigende Wahlsiege errungen.
So verwundert es nicht, dass sich die Entwicklungen rund um die Berliner Luftbrücke anhand zahlreicher Dokumente nachverfolgen lassen, die im Archiv der sozialen Demokratie und der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung aufbewahrt werden. Darunter befinden sich alle möglichen Unterlagenarten: Schriftdokumente und Fotos ebenso wie Plakate und Audioaufnahmen. Wir geben einen beispielhaften Einblick:
Der SPD-nahe „Telegraf“, der damals zu den auflagenstärksten Berliner Tageszeitungen zählte und dessen Ausgaben sich im Bestand der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung befinden, begleitete die damaligen Ereignisse ausführlich. Bereits beim Durchblättern der Ausgaben aus dem Juni 1948 springen die Schlagzeilen ins Auge: „Verschärfte Sowjet-Sanktionen“, „Blockade Berlins muß gebrochen werden“, „Notversorgung auf dem Luftwege“ – die Berichterstattung der ersten Tage der Blockade und der startenden Luftbrücke zeichnen die rasanten Entwicklungen im Eiltempo nach.
Schon am ersten Tag der Luftbrücke, so berichtete der Telegraf, landete „alle acht Minuten ein amerikanisches Transportflugzeug mit Lebensmitteln und Versorgungsgütern“ auf dem Flugplatz Tempelhof. Wenig später wurden die überlasteten Flughäfen durch „Flugboote für Berlins Versorgung“ unterstützt, die auf Havel und Wannsee landeten und entladen wurden, wie am 6. Juli im Telegraf zu lesen war. Artikel über die Ausweitung der Versorgungsflüge, die Situation der Berliner Bevölkerung und nicht zuletzt die politischen Entwicklungen nahmen in den kommenden Wochen und Monaten verständlicherweise breiten Raum in der Berichterstattung ein. Da die traditionelle überregionale Parteizeitung, der „Vorwärts“, erst wenige Monate später wieder erscheinen konnte, ist der Telegraf nicht nur für die Berliner sozialdemokratische Perspektive von großer Bedeutung.
Im kollektiven Gedächtnis ist die Luftbrücke vermutlich am ehesten durch Fotos präsent. Auch in der Fotosammlung des Archivs der sozialen Demokratie sind Aufnahmen von tief über die Häuser fliegenden „Rosinenbombern“ und von Berliner_innen mit Lebensmittelpaketen vorhanden. Sie zeigen alliierte Flugzeuge über und in Berlin nur wenige Jahre nach dem Bombenkrieg, nunmehr als Verbündete der Berliner Bevölkerung. Neben solch ikonischer Bebilderung der Luftbrücke befinden sich in der Fotosammlung auch kurios anmutende Aufnahmen, etwa eines aus dem Flugzeug heraus Pakete verteilenden Weihnachtsmannes oder des Interviews eines amerikanischen Offiziers auf dem Tempelhofer Rollfeld mit an der Leine geführtem Kamel.
Auch auf Plakaten, einem damals wichtigem Kommunikations- und Agitationsmittel, haben sich die Ereignisse niedergeschlagen. Die Sozialdemokrat_innen versuchten in Berlin, aber auch im Rest Deutschlands über breite Plakatierung zu informieren, zu mobilisieren und Unterstützung zu organisieren. So wurde für ganz praktische Hilfe in Form von Lebensmittelspenden geworben, gleichzeitig die Haltung zu Berlin zum „Kampf um die Freiheit“ beschworen. Das Motto „Rettet Berlin“ erreichte alle Winkel des Landes.
Direkt vor Ort war damals auch der junge Willy Brandt, zu dieser Zeit Leiter des Berliner Sekretariats des SPD-Parteivorstands. Unter anderem in der von ihm verfassten Druckschrift „Worum geht es in Berlin?“ (hier digital abrufbar) machte er deutlich, dass es bei den Ereignissen nicht nur um Berlin, sondern „um Deutschland und Europa“, „um die Freiheit und um den Frieden“ ging.
Die vielleicht bekanntesten Sätze aus dieser Zeit stammen jedoch vom damaligen Oberbürgermeister Ernst Reuter, die wohl prägnanteste Passage seiner Rede vor hunderttausenden Berlinern im September 1949 war ein Hilferuf: „Ihr Völker der Welt, ihr Völker in Amerika, in England, in Frankreich, in Italien! Schaut auf diese Stadt und erkennt, daß ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!“ Im Archiv der sozialen Demokratie sind diese berühmten Worte auf Tonband erhalten.
Berlin wurde von den Westalliierten bekanntlich nicht preisgegeben. Die sowjetische Blockade endete schließlich nach elf Monaten im Mai 1949. Die letzten Versorgungsflüge wurden erst im Herbst 1949 eingestellt. Auch die Nachgeschichte der Luftbrücke und nicht zuletzt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema sind im Archiv der sozialen Demokratie und der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung (hier eine Literaturauswahl) breit dokumentiert.
Alexander Braune
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