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„Preußenschlag“ – Die rechtswidrige Absetzung der Preußischen Regierung Otto Brauns

Am 20. Juli 1932 wurde mit der rechtswidrigen Entlassung Otto Brauns als Ministerpräsident Preußens die letzte sozialdemokratisch geführte Regierung abgesetzt. Die Amtsgeschäfte fielen durch Notverordnungen an die Reichsregierung, wodurch Preußen seine föderale Unabhängigkeit verlor.

Bild: Titelblatt Vorwärts vom 20. Juli 1932; Quelle: AdsD.

Bild: Preußischer Ministerpräsident Otto Braun; Foto vom 28.1.1932;Rechte: AdsD.

Preußen – ein „Demokratisches Bollwerk“ unter Ministerpräsident Otto Braun

Otto Braun, 1872 geboren und im Alter von 16 Jahren in die SPD eingetreten, war zu Beginn der Weimarer Republik zum Agrarminister in Preußen ernannt worden. Er hatte als solcher Reformen durchsetzen wollen, welche die dortigen Großgrundbesitzer in ihrer Macht beschneiden würden. Dies scheiterte zwar, verdeutlichte aber seinen Willen zur Auflösung alter kaiserlicher Machtstrukturen. Im März 1920 wurde Otto Braun zum Ministerpräsidenten in Preußen gewählt. Vor allem seine politischen Gegner erhofften sich durch diesen Schritt, dass Braun so fester durch politische Kompromisse gebunden sein würde. Doch gerade als Ministerpräsident ging er weitreichende Reformen an, indem er den Beamtenapparat und die Polizei durch personelle Umstrukturierungen ideologisch demokratisierte, Gutsbezirke auflöste sowie extremistische Gruppierungen verbot.

Während im Deutschen Reich mehrfach die Regierungen wechselten und antidemokratische Kräfte an Macht gewannen, zeichnete sich die Regierung Braun in Preußen durch eine demokratisch gesinnte, politische Stabilität aus.

Verlorene Landtagswahl in Preußen

Mit der Wahl zum Preußischen Landtag am 24.4.1932 ging jedoch auch diese Regierung zu Ende. Die SPD-Fraktion im Preußischen Landtag, nach den Wahlen 1928 noch stärkste Kraft, büßte fast ein Drittel ihrer Sitze ein. Das bisherige Bündnis mit der Katholischen Zentrumspartei (Zentrum) und der liberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) konnte nicht fortgeführt werden. Der rechtskonservative Zentrums-Politiker Franz von Papen befürwortete eine Regierungsbildung von Zentrum und Deutschnationaler Volkspartei (DNVP) unter Führung der NSDAP, was jedoch auch nicht zustande kam. Die Regierung wurde daher durch die Mitglieder der bisherigen Koalition unter Führung Otto Brauns geschäftsführend fortgesetzt.

Der „Preußenschlag“

Nach dem Rücktritt des Reichskanzlers Heinrich Brüning (Zentrum) am 30. Mai 1932 wurde Franz von Papen durch Reichspräsident Paul von Hindenburg zum neuen Reichskanzler ernannt. Durch von Papens Aufhebung des Verbots der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA) kam es vermehrt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Am 17. Juli 1932 starben bei Straßenschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten im preußischen Schleswig-Holstein 18 Personen. Diese als „Altonaer Blutsonntag“ benannte Kampfhandlung wurde von von Hindenburg und von Papen zum Anlass genommen, die amtsführende Regierung Braun in Preußen abzusetzen. Möglich wurde dies, indem von Hindenburg auf eine in der Weimarer Verfassung verankerte Notverordnungsregelung zurückgriff, die dem Reichspräsidenten Sonderrechte verlieh.

Am 20. Juli 1932 erhielt die geschäftsführende Regierung Preußens die Mitteilung, dass diese abgesetzt sei und Reichskanzler Franz von Papen kommissarisch die Regierungsgeschäfte leite.

Nur juristische Gegenwehr

Auch um eine blutige Auseinandersetzung zwischen der Preußischen Polizei und dem Militär, welches von Papen unterstand, zu vermeiden, wählte die abgesetzte Regierung den Weg der juristischen Gegenwehr. Eine einstweilige Verfügung lehnte der Staatsgerichtshof zwar ab, bestätigte aber in einem späteren Gerichtsurteil die Unrechtmäßigkeit der Entlassung der Regierung Braun.

Politisch folgenloser Gerichtsentscheid

Entsprechend dem Urteil des Staatsgerichtshofes hätte die Reichsregierung zwar die Befugnisse der Preußischen Landesregierung vorübergehend einschränken dürfen, eine Absetzung war jedoch nicht rechtens. Damit blieb Otto Braun juristisch weiterhin Ministerpräsident, doch eine vom Gericht anvisierte Zusammenarbeit zwischen den amtsführenden und kommissarischen Regierungsstellen blieb aus, da die Reichsregierung eine faktische Rückgabe der Ämter nicht beabsichtigte. Damit setzte sie sich über das Urteil des Gerichts hinweg. Angesichts der politischen Lage im Reich bestand das Gericht jedoch nicht auf die Umsetzung des Urteils. In der Folge nahm Franz von Papen die demokratischen Reformen Otto Brauns in Preußen zurück.

Zentralisierung als Wegbereiter zu Hitlers Machtübernahme

Durch die Einsetzung Franz von Papens (später übernahm das Amt Kurt von Schleicher) als kommissarischer Regierungschef Preußens, erhielt die Reichsregierung die Kontrolle über das ehedem „Demokratische Bollwerk“ im zunehmend antidemokratisch orientierten Deutschen Reich. Preußen war somit seiner föderalen Eigenständigkeit beraubt.

Diese Zentrierung der Macht mit der damit einhergehenden Besetzung zentraler Regierungsstellen durch antidemokratisch gesinnte Personen erleichterte letztendlich den Weg zur Machtübergabe an Adolf Hitler.

Peter Pfister

 

Weiterführende Literatur

 


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