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"Der Wupperthaler Kommunismus ist une vérité, ja beinahe schon eine Macht."

Elberfeld - eine Keimzelle des Kommunismus? Ein wahrer Sozialist namens Köttgen? Das haben Sie noch nie gehört? Die jüngste Veröffentlichung aus der Schriftenreihe der FES-Bibliothek erinnert an einen fast vergessenen Wuppertaler.

Bild: von FES-Bibliothek

Gustav Adolf Köttgen organisierte im Februar 1845 in Elberfeld die ersten öffentlichen kommunistischen Versammlungen in Deutschland. Immerhin traten auf den drei Versammlungen Moses Hess und Friedrich Engels als Redner auf. Und Engels selbst berichtet an Marx: "Hier in Elberfeld geschehen Wunderdinge. Wir haben gestern im größten Saale und ersten Gasthof der Stadt unsere dritte kommunistische Versammlung abgehalten. Die erste 40, die zweite 130, die dritte wenigstens 200 Menschen stark. … Der Wupperthaler Kommunismus ist une vérité, ja beinahe schon eine Macht."

Allerdings wurden weitere Versammlungen verboten; Köttgen und Hess aber ließen sich dadurch in ihren Aktivitäten nicht bremsen. Moses Hess veröffentlichte den "Gesellschaftsspiegel, Organ zur Vertretung der besitzlosen Volksklassen und zur Beleuchtung der gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart", der zwischen Juli 1845 und Juni 1846 in Elberfeld erschien. Köttgen schrieb im Mai 1846 "im Namen mehrerer Kommunisten des Wuppertals" an das Kommunistische Korrespondenzkomitee in Brüssel. Marx und Engels antworteten:
"Mit Eurer Ansicht, daß die deutschen Kommunisten aus ihrer bisherigen Vereinzelung heraus - und in fortdauernden gegenseitigen Verkehr treten müssen, sind wir ganz einverstanden; … Sodann stimmen wir Euch auch in dem Punkte vollkommen bei, daß wohlfeile, verständliche Schriften und Broschüren kommunistischen Inhalts verbreitet werden müssen."

"Rheinischer Maler und konsequenter Demokrat"

Wer war also dieser Köttgen, der so prominent für die kommunistische Sache eintrat? Aus dem kollektiven Gedächtnis ist er offenbar verschwunden.
Gustav Adolf Köttgen wurde am 9. Mai 1805 in Langenberg in eine Kaufmanns- und Fabrikantenfamilie hineingeboren - in ein zutiefst pietistisches Umfeld. Er studierte zunächst ab 1822 an der Königlichen Kunstakademie in Düsseldorf, ab 1827 an der Akademie der bildenden Künste in München. Ab ca. 1833 arbeitete er als erfolgreicher Porträtmaler in Elberfeld, Solingen und Köln. Bekannt wurden sein Selbstporträt sowie Bildnisse seines Freundes Moses Hess, der Freiheitskämpfer Robert Blum und Lajos Kossuth. Aufsehen erregten auch seine Kopien von Porträts berühmter Persönlichkeiten wie Martin Luther, Johannes Calvin, Huldreich Zwingli oder Alexander von Humboldt.

Wegen seiner Verbindung zu Hess stand Köttgen unter ständiger Beobachtung, wegen seines öffentlichen Auftretens für die wahrsozialistische Sache verlor er zunehmend Aufträge und damit den Lebensunterhalt. Ende 1846 zog er mit seiner Frau nach Bremen. Auch dort wurde er politisch aktiv, wurde Mitglied im dortigen Allgemeinen Arbeiterverein und gründete 1849 das Blatt "Vereinigung, Zeitung für sämmtliche Arbeiter". Die revolutionäre Tonlage führte zum Verbot der Zeitung, Köttgen wurde (wie Ilsetraut Lindemann in ihrem Aufsatz 1988 anführt) wegen Pressevergehen, "namentlich wegen Aufreizung zum gewaltsamen Umsturz bestehender staatlicher und sozialer Einrichtungen", zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt und aus dem bremischen Staatsgebiet ausgewiesen. Nach Verbüßung seiner Haft zog er mit seiner Familie nach Hamburg, 1854 dann nach Düsseldorf.

"Der G A Köttgen ist urplötzlich verrückt geworden …"

Gustav Adolf Köttgen war selbstbewusst und begeisterungsfähig, konnte aber offenbar seine Versprechungen nicht immer halten. Engels schrieb an Marx (im Februar 1845): "… der Maler Köttgen hat indeß die Sache verschleppt und so bin ich noch nicht im Besitz aller zu erwartenden Gelder." Und im November 1850 meldete Hermann Haupt an Marx: "In der Geldangelegenheit kann ich Dir nur Trauriges melden. Der G A Köttgen ist urplötzlich verrückt geworden, durch ihn also nichts herbeizuschaffen." Der Umgang mit Geld war wohl seine Sache nicht.

Sein unermüdlicher Einsatz für die kommunistische Idee, seine lautere Persönlichkeit und seine Überzeugungskraft machten ihn aber durchaus beliebt. Der Bremer Prozess gegen ihn erregte große Aufmerksamkeit, nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wurde er in einem Triumphzug von 100 Freunden zum Bahnhof geleitet. In Düsseldorf engagierte er sich sowohl in der Künstlervereinigung "Malkasten" als auch weiterhin politisch: 1863 wurde er Mitglied im Lassalleschen ADAV. 1867 wurde er für seine Rednerauftritte wegen öffentlicher Friedensgefährdung verurteilt. Sein politisches Engagement fand mit dem Sozialistengesetz ein Ende. 1882 starb Köttgen in Düsseldorf.

Horst Heidermann erinnert in seinem Band "Gustav Adolf Köttgen: Dokumentation und Werkverzeichnis" an den Maler und frühen Kommunisten. Heidermann - ehemaliger Geschäftsführer der Friedrich-Ebert-Stiftung - widmete sich der Industrie- und Ortsgeschichte und hat sich vor allem um die Erforschung zahlreicher Künstler aus der Düsseldorfer Malerschule und Persönlichkeiten aus dem Wuppertale verdient gemacht. In seiner letzten Veröffentlichung zeichnet er den Lebensweg Köttgens sowie die zahlreichen künstlerischen wie politischen Kontakte zu bekannten Persönlichkeiten der Zeit nach. In einem ausführlichen Werkverzeichnis dokumentiert er das künstlerische Werk, das sich zu großen Teilen im Privatbesitz befindet und darum weitgehend unbekannt geblieben ist.


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