"Digital Dreams"

Vom 6. bis 9. September 2017 findet die 48. Tagung der "International Association of Labour History Institutions" (IALHI) in Gent statt. Das Digitalisierungsprojekt "Vorwärts bis 1933" wird im Rahmen dieser Tagung vorgestellt.

Ein Bündel von "Vorwärts"-Zeitungen, eine gebundene Verson und ein Tablet mit der digitalisierten Version der Zeitung

Bild: von Bibliothek der FES

Wenn der historische "Vorwärts" Ende des laufenden Jahres vollständig in digitaler Form vorliegt, kommt damit das größte Digitalisierungsprojekt, das die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung seit ihrem Aufbruch in das digitale Zeitalter organisiert hat, zu einem vorläufigen Abschluss. Der schon jetzt offensichtliche Erfolg des Projektes fußt dabei, auch wenn die wesentlichen Arbeitsschritte innerhalb unseres eigenen Hauses organisiert und durchgeführt wurden, zu einem nicht unerheblichen Teil auf der Zusammenarbeit unserer Bibliothek mit anderen Einrichtungen des Bibliotheks- und Informationswesens. In einem weiteren Beitrag zu diesem Blog hatte Olaf Guercke bereits darüber berichtet.

Für Bibliotheken ist eine über die eigenen Institutsgrenzen hinausreichende Erwerbungs-, Bestandserschließungs- und –erhaltungspolitik seit langer Zeit ein essentieller Bestandteil ihrer professionellen Arbeit. Dafür war auf nationaler Ebene beispielsweise die Kooperation unterschiedlicher Bibliotheken im Rahmen des in dieser Form leider nicht mehr fortgeführten Systems der Sondersammelgebiete, an dem auch die FES-Bibliothek teilnehmen konnte, ein herausragendes Beispiel. Im internationalen Kontext hingegen belegt die IALHI, die International Association of Labour History Institutions, in der sowohl die FES-Bibliothek als auch das Archiv der sozialen Demokratie aktiv mitwirken, seit vielen Jahren die große Bedeutung einer die Landesgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit.

Die IALHI wurde im Jahr 1970 ins Leben gerufen. Ihre ersten Mitglieder hatten sich mit der "Förderung von Dublettenaustausch" sowie der "Herausgabe von Bibliographien und Bestandslisten", so Rüdiger Zimmermann, ehemaliger Leiter der FES-Bibliothek in seinem im Jahr 1999 erschienenen Aufsatz zur Entwicklung der IALHI in ihren ersten knapp 20 Jahren, einen zunächst eher bescheidenen Rahmen der Kooperation gesetzt. Vorgesehen war die Mitgliedschaft für solche Einrichtungen, die "Organisationen der Arbeiterbewegung angeschlossen waren oder sich speziell mit der Arbeiterbewegung befassten". Diese inhaltlich eher enge Vorgabe definiert die IALHI mittlerweile deutlich großzügiger, ebenso wie den Charakter der Kooperationsprojekte, die im Kontext der IALHI realisiert werden sollen. Die Bandbreite der Projekte ist ebenso wie ihre Qualität in den nun 47 Jahren des IALHI-Bestehens stetig gewachsen.

Das Social History Portal ist eines der herausragenden Beispiele für den Erfolg dieser Projekte; als Beitrag zur Europeana bündelt es aus unterschiedlichen IALHI-Einrichtungen stammende digitale Sammlungen und digitalisierte Materialien zur Sozialgeschichte und zur Entwicklung der Arbeiterbewegung seit dem späten 18. Jahrhundert. Auch Schriften und Dokumente aus dem Archiv oder der Bibliothek der FES sind über dieses Portal zugänglich. Dass dieses Projekt vielleicht einen zwischenzeitlichen Höhe-, keineswegs jedoch den Endpunkt in der Entwicklung der IALHI markiert, beweist das Programm zu ihrer 48. Jahrestagung, die vom 6. bis 9. September im belgischen Gent stattfindet.

Diese Konferenz steht unter dem Titel "Digital Dreams" und fokussiert einerseits Entwicklungen und Möglichkeiten, konventionelle Sammlungen einer digitalen Öffentlichkeit zu präsentieren. Zugleich werden aber auch die Risiken und Probleme diskutiert, mit denen sich im Zusammenhang einer fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft vor allem solche Einrichtungen konfrontiert sehen, die sich weiterhin mit der Sammlung und dem Erhalt konventioneller, analoger Materialien zur Sozialgeschichte befassen. Auch das Digitalisierungsprojekt "Vorwärts bis 1933" wird im Rahmen der Konferenz vorgestellt und dient in diesem Umfeld als ein Beispiel dafür, wie ein aufgrund seines physischen Zustandes gefährdeter, historisch aber ungemein wertvoller Bestand in adäquater digitaler und nutzerfreundlicher Form präsentiert werden kann.


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