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Arbeit – Leben – Fortschritt: Der DenkraumArbeit stellte in einer Abschlusskonferenz seine Ergebnisse zur Zukunft der Arbeitsgestaltung vor. Bundesministerinnen Andrea Nahles und Manuela Schwesig kommentierten aus Sicht der Politik.
Im Mai 2014 trafen sich Expert_innen aus Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften, Unternehmen und der Zivilgesellschaft, um sich zunächst in einem geschützten (Denk)Raum darüber auszutauschen, wie eine Zukunftsvision der Arbeitswelt aussehen könnte, welche Entwicklungstrends identifizierbar sind und welche Bilanz ein Realitätscheck der Arbeitswelt abwirft. Anderthalb Jahre später, im November 2015, wurden die Ergebnisse in Form der 10 Müggelseer Thesen durch die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Progressive Zentrum der Öffentlichkeit vorgestellt und im Dialog mit den Bundesministerinnen Andrea Nahles und Manuela Schwesig auf ihre Umsetzbarkeit und mögliche Priorisierungen geprüft.
Zentrales Leitbild – „Solidarische Flexibilität“
Zentrales Leitbild der 10 Müggelseer Thesen ist das Konzept der Solidarischen Flexibilität: Der Begriff „Flexibilität“ soll aus der engen betriebswirtschaftlichen Perspektive herausgelöst und aus Sicht der Beschäftigten neu akzentuiert werden: Ein neuer gesellschaftlicher, tariflicher bzw. betrieblicher Konsens muss hergestellt werden. Es gilt, Solidarität unter veränderten Bedingungen neu zu bestimmen. Zentrale Aspekte sind hierbei die Stärkung und Erweiterung sozialer Sicherungssysteme und die Erweiterung individueller Ansprüche sowie kollektiver Mitbestimmungs- und Gestaltungsrechte.
Die 10 Thesen vom Müggelsee
Die erste These fordert „Zeitsouveränität zu steigern und Beschäftigungspotentiale zu nutzen“. These zwei ist überschrieben mit den Schlagwörtern „verantwortungsvolle Unternehmen belohnen“ und meint ein steuerliches oder beitragsabhängiges Bonussystem für Betriebe, die nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit fördern. Die nächste These unterstützt selbstbestimmte Erwerbsbiographien: Flexible Arbeitszeitmodelle sollen Freiräume schaffen für Familie, Pflege, Weiterbildung oder Ehrenamt. These vier beinhaltet die Berücksichtigung unterschiedlicher Lebensläufe, indem die Bereitschaft, neue Berufs- und Lebenswege einzuschlagen, etwa durch eine Arbeitsversicherung abgesichert wird.
Unter dem Themenkomplex der Weiterbildung wird fünftens im Einzelnen das Ziel verfolgt, einem individuellen Rechtsanspruch auf Qualifizierungsberatung und Weiterbildung Allgemeingültigkeit zu verschaffen. Außerdem gilt es, Weiterbildung transparenter zu gestalten, durch – These sechs – eine Dachmarke Weiterbildung. Informationen zu Weiterbildungsmöglichkeiten sollen gebündelt und auf den Einzelnen zugeschnitten werden. Daraus leitet sich These sieben ab, nämlich die Weiterbildungsqualität durch die Einführung flächendeckender Mindeststandards insgesamt zu verbessern. These acht fordert eine zielgenaue Förderung von Arbeitssuchenden, und zwar auf Augenhöhe. Die neunte These zielt darauf ab, die Schutzfunktion der sozialen Sicherungssysteme durch eine steuerfinanzierte Mindestsicherung zu erhalten und auszubauen. Auch unterbrochene Erwerbsbiografien oder Selbständigkeit sollen zukünftig stärker miteinbezogen werden: These zehn beschreibt die Sicherung der gesellschaftlichen Infrastruktur und die Gewährleistung eines sozialen Ausgleiches im Zeitalter des digitalen Kapitalismus.
Zentraler Ansatzpunkt: Eine flexible Arbeitszeitgestaltung
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles sah die höchste Priorität in der Umgestaltung starrer Arbeitszeitregelungen hin zu einer Wahlarbeitszeit, um die noch weit verbreitete Unzufriedenheit in der Bevölkerung abzubauen und das breitgestreute Bedürfnis der Menschen nach einem Mehr an Flexibilität zu bedienen. In diesem Zusammenhang sprach Frau Nahles ebenfalls der zweiten These, der Belohnung progressiver Unternehmen durch steuerliche Anreize, starkes Potential zu. Zugleich merkte sie aber auch an, dass eine Erweiterung dieses Konzepts auf die Führungsebene mit zu bedenken sei, um die oftmals veraltete Führungskultur in vielen Unternehmen kritisch auf den Prüfstand zu stellen.
Flexibilität: Freiraum oder Belastung?
Manuela Schwesig stellte deutlich heraus, dass die aktuelle Debatte über persönliche Freiräume in den letzten 20 Jahren deutlich vernachlässigt wurde, wodurch der Begriff der „Flexibilität“ von der breiten Masse eher negativ, also kaum als Qualitätssiegel für „gute Arbeit“ aufgefasst wird. Flexibilität bedeute für viele Arbeitnehmer_innen ein Mehr an Belastung – etwa ständige Verfügbarkeit – anstatt flexibler Freiräume zur individuellen Gestaltung des Arbeitsalltages. Laut der Bundesfamilienministerin sollte es erklärtes Ziel sein, Arbeit, Familie und Ehrenamt gleichwertig nebeneinander zu positionieren und Teilzeitarbeit, derzeitig meist negativ als „reine Frauensache“ charakterisiert, neu zu prägen und damit auch für Männer attraktiver zu gestalten.
Bild: Bild: www.mark-bollhorst.de
Wie geht´s weiter?
Der DenkraumArbeit ist mit der Definition der 10 Müggelseer Thesen nicht geschlossen. Das neue Leitbild der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik will mit Leben gefüllt werden, einerseits als Vorlage für Gesetzentwürfe, andererseits aber auch für ganz individuelle Lebenschancen.
Die Idee des Lebenschancenbudgets, also ein fiktives Geldguthaben, das allen Menschen eine Regenerationsphase oder eine Bildungszeit ermöglicht, wurde vor allem von Frau Nahles bezüglich seiner Umsetzbarkeit noch kritisiert. In einem Punkt sind sich die Expert_innen jedoch einig: Die Möglichkeit zur Weiterbildung muss stetig gewährleistet werden. Die Müggelseer Thesen mit ihrem Schwerpunkt auf den Bereich der Weiterbildung setzen also an der richtigen Stelle an; ein Fortfahren und eine Konkretisierung der Arbeit liegen auf der Hand.
„Arbeit – Leben – Fortschritt“ titelte die Abschlusskonferenz des DenkraumArbeit und hofft damit vor allem deutlich gemacht zu haben, dass dem zu erstrebenden Fortschritt, klassischerweise in Form technologischer Innovationen oder direkter Leistungssteigerung, etwas zugrunde liegt, nämlich der Mensch, der in einem sozialen Kontext agiert, der dessen Leistungsfähigkeit beeinflusst. Als Schlüssel für den weiteren Fortschritt gelten vor allem das Einräumen persönlicher Freiräume sowie Flexibilität auch im Sinne der Arbeitnehmer_innen, um die notwendigen Voraussetzungen für die gewünschte effiziente Nutzung von Arbeitszeit zu schaffen und somit den Weg auch für „gute Arbeit“ in Zukunft zu ebnen.
Sie können hier die ganze Veranstaltung noch einmal im Videomitschnitt verfolgen oder eine Zusammenfassung als Audiobeitrag anhören.
Weitere Informationen finden Sie außerdem auf der Homepage des Projektes: www.denkraumarbeit.de
Ansprechpartner in der FES: Matthias Klein
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