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Ärmere Haushalte werden von steigenden Energiekosten besonders stark belastet. Doch es gibt Möglichkeiten, auch einen CO2-Preis sozial gerecht zu gestalten.
Deutschland soll Vorreiter bei der Dekarbonisierung werden. Erst zum Januar 2021 trat mit der CO2-Bepreisung ein wichtiges Instrument in Kraft, um dieses Ziel zu erreichen. Sie liegt aktuell bei 25€ pro Tonne und soll bis 2025 stufenweisen auf 55€ steigen. Ab dem Jahr 2027 soll sich der Preis dann frei am Markt bilden. Durch dieses Preissignal sollen Unternehmen und Haushalte veranlasst werden, Energie zu sparen und statt auf fossile auf erneuerbar Energieträger zu setzen.
Für private Haushalte bedeutet dies gerade in der Übergangsphase steigende Kosten, bspw. für Heizen und Autofahren. Davon werden Haushalte mit kleineren Einkommen besonders stark betroffen sein. Die in den letzten Monaten stark gestiegenen Preise für Erdöl und Erdgas stellen für sie bereits jetzt eine enorme Zusatzbelastung dar. Und auch die Strompreise sind seit dem Jahr 2008 stärker gestiegen als die Nettolöhne, der ALG-II-Regelsatz oder die Renten.
Angesichts dieser Entwicklung stellt sich die Frage, wie einerseits über den CO2-Preis Investitionen in klimafreundliche Technologien und Energieeffizienzmaßnahmen angereizt werden können und andererseits sichergestellt werden kann, dass dies für Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen ökonomisch tragfähig ist. Denn davon hängt letztlich auch die Akzeptanz einer ambitionierten Klimapolitik ab. In einer Untersuchung von Infratest dimap zur Relevanz einzelner Themenfelder für die Wahlentscheidung zur letzten Bundestagswahl rückte beispielsweise die soziale Frage in Form des Themas „Renten und Sozialsysteme“ noch vor den Klimaschutz auf den ersten Platz.
Um eine erste Entlastung beim Strompreis auf den Weg zu bringen, plant die nächste Bundesregierung eine Abschaffung der EEG-Umlage. Zudem will sie einen sozialen Kompensationsmechanismus, ein sogenanntes Klimageld, entwickeln um damit künftige Preisanstiege auszugleichen.
Der FES diskurs „Sozial nachhaltig: Verteilungswirkungen einer CO2-Bepreisung auf Privathaushalte“ beleuchtet die Frage, wie stark unterschiedliche Haushalte von steigenden Energiekosten betroffen sind und vergleicht mögliche Instrumente für einen sozial gerechten und ökologisch wirksamen Ausgleichsmechanismus. Den Ausgangspunkt bildet eine Analyse der Verteilung der Kosten für Strom, Heizung und Mobilität auf Haushalte verschiedener Einkommensklassen. Die Autor_innen Oliver Wagner und Maike Venjakob vom Wuppertal Institut kommen dabei zu folgenden Ergebnissen:
1. Einkommensschwache Haushalte werden relativ gesehen höher belastet als wohlhabendere
Zwar zeigt sich, dass ein höheres Einkommen mit einem höheren Energieverbrauch und damit höheren CO2-Kosten korreliert, jedoch machen diese Kosten bei wohlhabenderen Haushalten einen deutlich geringeren Anteil des Haushaltseinkommens als bei ärmeren Haushalten aus. Letzter können ihren Verbrauch von Wärmeenergie, Strom und Kraftstoffen zudem deutlich weniger einschränken, da er sich meist bereits auf das Notwendige beschränkt. Hinzu kommt, dass ärmere Haushalte deutlich weniger Mittel für Investitionen in eine energieeffizientere Ausstattung zur Verfügung haben.
2. Bisher eingesetzte Ausgleichmaßnahmen sind nur begrenzt wirksam was den sozialen Ausgleich betrifft oder kontraproduktiv mit Hinblick auf die Lenkungswirkung,
So ist beispielsweise die Erhöhung des Wohngeldes grundsätzlich positiv, fällt mit durchschnittlich 15 Euro im Monat aber kaum ins Gewicht. Demgegenüber wirkt die Pendlerpauschale der Lenkungswirkung des CO2-Preises entgegen, indem sie die höheren Kosten für den Kraftstoffverbrauch von Pendler_innen kompensiert.
3. Eine pauschale Pro-Kopf-Rückzahlung der Einnahmen aus einem CO2-Preis erweist sich, auch am Beispiel anderer Länder, als effizientes und sozial ausgewogenes Ausgleichsinstrument
Durch die pauschale Pro-Kopf-Rückzahlung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung würde nicht nur die Akzeptanz der letzteren gesteigert, sondern v.a. auch ein Um- bzw. Rückverteilungseffekt erzielt, da alle Bürgerinnen und Bürger denselben Betrag erhielten, obwohl die absoluten Kosten für wohlhabendere Haushalte höher sind. Dabei wäre diese Rückzahlung nur mit geringem bürokratischem Aufwand verbunden und würde gleichsam tatsächlich alle erreichen. In der Schweiz ist ein solches Modell bereits realisiert worden.
4. Ein integrierter Ansatz durch ergänzende Maßnahmen zur Pro-Kopf-Pauschale kann deren Effektivität und Akzeptanz steigern.
Durch eine Senkung der Stromsteuer oder die jetzt vorgesehene Abschaffung der EEG-Umlage können finanzielle Spielräume für Privathaushalte erweitert werden. Würde ein Teil der Einnahmen zudem für weitere Klimaschutzmaßnahmen verwendet, beispielsweise jene Investitionen in Energieeffizienz, die Haushalten mit geringerem Einkommen ansonsten nicht möglich sind, kann die Lenkungswirkung der CO2-Bepreisung in den Bereichen Wärme und Mobilität gestärkt werden.
Ansprechpartner in der FES: Max.Ostermayer(at)fes.de
Venjakob, Maike; Wagner, Oliver
Verteilungswirkungen einer CO2-Bepreisung auf Privathaushalte / Maike Venjakob, Oliver Wagner ; Herausgeberin: Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, 2021. - 23 Seiten = 1 MB, PDF-File. - (FES diskurs)Electronic ed.: Bonn : FES, 2021ISBN 978-3-96250-972-9
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