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Kiew allein zu Haus

Die Mehrheit in der Ukraine will die EU-Integration. Die Union sollte sie in dieser Hoffnung nicht alleine lassen und die Östliche Partnerschaft ausbauen.

Das Karussell der internationalen Ereignisse, der Krisen und Konflikte, dreht sich so schnell, dass man sie kaum registrieren, geschweige verstehen kann. Was letzte Woche noch die Welt auf den Kopf zu stellen drohte, wird heute nur noch nachgeordnet erwähnt, nächstes Jahr wird man Schwierigkeiten haben, sich daran zu erinnern. 

Im Westen fast vergessen

So erging es der Revolution in der Ukraine, die im Winter 2013/14 die Medien dominierte. Zuerst wurde die Moskau-hörige Regierung gestürzt, dann kam es zur Annexion der Krim durch Russland und zu einem noch andauernden Bürgerkrieg im Osten des Landes. Seitdem musste mehrfach das Scheitern des Euro abgewendet werden, Donald Trump wurde US-Präsident, es gab Schicksalswahlen in Frankreich und unzählige weitere wichtige Ereignisse. Heute spielt die Ukraine in Europas Westen kaum mehr eine Rolle.

Das ist beklagenswert, weil die Revolution 2013 wegen der Abkehr der damaligen Regierung von einem EU-Assoziierungsabkommen ausbrach – die Bevölkerung befürchtete eine Hinwendung zu Putins Russland und ging  dagegen auf die Straße – und sprach sich explizit für eine Westorientierung, durch Mitgliedschaft in der Europäischen Union aus. Es war die Stunde des „Euromaidan“ und der Moment des „European Choice“, der Entscheidung sich als Teil Europas und nicht des „Russki Mir“, der russischen Welt zu verstehen. Wahrscheinlich wurden außerhalb der EU noch nie so viele blaue  Europaflaggen geschwenkt.

Immer noch proeuropäisch

Europa, das bedeutet hier natürlich mehr als ein geographischer Raum, sondern  ein ideeller Ort, ein Ort bestimmter Werte. Doch wie denken die Menschen in der Ukraine heute über Europa und die Europäische Union?  Im Frühjahr 2017 wurde dazu eine Meinungsumfrage im ganzen Land (ohne die Krim und die östlichen Regionen Doneszk und Luhansk) durchgeführt und im September veröffentlicht.

Dabei zeigt sich, dass Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie oder persönliche Freiheit, die den europäischen Institutionen zugrunde liegen, von der Mehrheit geteilt werden. Allerdings gibt es regionale Unterschiede (im Westen ist die Unterstützung stärker als im Osten, aber nicht fundamental anders) und auch Widersprüchlichkeiten. So setzt ein Teil der Befragten bei der Realisierung „europäischer Werte“ eher einseitig auf die Rolle des Staates und des Auslands, weniger auf zivilgesellschaftliches Engagement.

Kein Selbstläufer

Grundsätzlich findet auch die Integration in die euro-atlantischen Strukturen immer noch eine Mehrheit. Die Ergebnisse der Studie zeigen aber, dass die Unterstützung zurückgeht. Gleichzeitig wächst der Anteil derer, die die Ukraine in keinem Bündnis sehen wollen, weder in der EU noch in der Eurasischen Wirtschaftsunion Russlands.

Sicher, die Ukraine wird nicht in den nächsten zehn oder 15 Jahren Mitglied der EU werden. Zuerst muss der Konflikt in der Ostukraine  beigelegt werden, damit endlich belastbare und legitime staatliche Strukturen entwickelt werden können, ohne den andauernden und schwelenden Bürgerkrieg. Der von Moskau gerne medienwirksam ausgeschlachtete ukrainische Nationalismus spielt dabei eine eher kleine Rolle. Jedoch darf die EU das pro-europäische Momentum nicht verspielen, die Mittel der Östlichen Partnerschaft sollten voll genutzt werden. Die Abschaffung der Visumspflicht für Ukrainer_innen diesen Sommer war zwar ein kleiner, symbolisch dennoch wichtiger Schritt. Leider können sich nur wenige das Reisen leisten.

Ansprechpartner in der Stiftung:

Peer Teschendorf


Friedens- und Sicherheitspolitik in Europa

Die neuen außenpolitischen Herausforderungen überfordern nationalstaatliche Reaktionsmöglichkeiten: Europa muss einen gemeinsamen Weg finden. Bei der konkreten Ausgestaltung jedoch dominiert oft nationalstaatliches Denken. Eine europäische Zusammenarbeit ist hier besonders schwer, da nationale Sicherheit naturgemäß ein sensibles Thema ist. Trotzdem wollen wir mit verschiedenen Formaten Vertrauen schaffen und Möglichkeiten aufzeigen, an welchen Stellen eine bessere Kooperation sinnvoll wäre.

Ansprechpartnerin

Marie Meier

+49 30 26935-7418
Marie.Meier(at)fes.de

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