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Ein neuer Zusammenschluss deutscher und französischer Abgeordneter entwickelt Ideen für die Zukunft Europas.
„Europäer aus ganzem Herzen" seien wir, sagte der kürzlich verstorbene ehemalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors einst – und verband dies mit einem Appell für mehr Solidarität und Weitsicht in Europa. Deutschland und Frankreich haben die Europäische Union wie wenige andere Länder über Jahrzehnte hinweg geprägt: Im Aufbau gemeinsamer Institutionen, in der Entwicklung von Initiativen und im konstruktiven Austragen von Differenzen.
Doch der deutsch-französische Motor – das couple (Paar), wie es auf Französisch heißt – ist zurzeit nicht en vogue. Man verstehe sich nicht recht, heißt es, streite bei Rüstung und Energie. Deutsch-französische Institutionen seien veraltet und in Ritualisierung erstarrt. Ohnehin verschiebe sich der Schwerpunkt Europas nach Osten. Angesichts der aktuellen Polykrise in Europa – Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, eine schwächelnde, im fossilen Zeitalter steckende Wirtschaft und fortdauernde Armut und Ungleichheit – wäre also etwas von der visionären Kraft eines Jacques Delors auch in den deutsch-französischen Beziehungen wichtig, um für Europa – und seinen beiden größten Ländern – Wege aus der Krise zu kartieren.
Sozialdemokratische Abgeordnete aus dem Deutschen Bundestag und den beiden französischen Kammern, der Assemblée Nationale und dem Senat, haben sich ganz in diesem Sinne zusammengetan. Die Gruppe könnte sich zu einem neuen Kraftzentrum für ein sozialdemokratisches Europa entwickeln – auch wenn die Rahmenbedingungen nicht einfach sind: Rechtsextremisten setzen den beiden großen Demokratien zu und insbesondere die Parti Socialiste kommt in Umfragen derzeit schlecht weg. Doch „Aufgeben ist keine Option“, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich betont. Einem ersten Treffen am Rande der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des Elysee-Vertrags im Januar 2023 in Paris folgten daher weitere: Zunächst im April, wieder in Paris, ganz im Zeichen der französischen Proteste gegen die Rentenreform, bei denen auch die PS-Abgeordneten von Assemblée und Senat mitmarschierten. Das letzte Treffen des Jahres 2023 fand im Dezember in Saarbrücken statt, „einen Steinwurf von der deutsch-französischen Grenze entfernt“, wie es der SPD-Europapolitiker Christian Petry zusammenfasste.
Die FES hat das Treffen in Saarbrücken mit einer öffentlichen Abendveranstaltung begleitet. Dabei wurde deutlich: Es sitzen leidenschaftliche Sozialdemokrat_innen und Europäer_innen am Tisch, die wissen, dass sie gemeinsam besser gestalten können – und das Europa mehr Leidenschaft, mehr Mut und mehr Solidarität nötig hat. Dabei mangelt es nicht an Ideen: Anstatt gegeneinander Industriepolitik zu betreiben solle man gemeinsame Projekte nach dem Vorbild von Airbus voranbringen – etwa in der Medikamentenproduktion, so Valérie Rabault, Vizepräsidentin der Assemblée Nationale.
Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, schlug in Saarbrücken nicht weniger als die Neubelebung der Europäischen Union durch eine „Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien und Wasserstoff“ vor – nach dem Vorbild der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, die am Anfang des europäischen Einigungsprozesses stand. Über Differenzen, etwa zum Thema Kernkraft, müsse man diskutieren, aber „nie missionieren“, so Rehlinger, die auch Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für die deutsch-französischen Bildungs- und Kulturbeziehungen ist.
Es sind die großen Ideen und deren Umsetzung, die Europa mit neuem Leben füllen und Demokratiefeinden den Wind aus den Segeln nehmen können. Dass diese auch aus den Parlamentskammern kommen können, beweist die Gruppe. Bereits mit der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung haben sich die Abgeordneten aus Deutschland und Frankreich ein eigenes Forum geschaffen, um den Austausch ihrer Länder auf Regierungsebene zu flankieren. Dass es neben den vielen Vereinen, bürgerschaftlichen Austauschforen und Initiativen, die deutsch-französische und europäische Themen bearbeiten, nun auch regelmäßige Treffen zwischen den sozialdemokratischen Fraktionen gibt, zeigt, dass das deutsch-französische Verhältnis im Sinne von Delors weiterhin eine Herzensangelegenheit ist.
Thomas Mättig ist Referent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung und zuständig für Frankreich, das Vereinigte Königreich, Irland sowie Frieden und Sicherheit. Er arbeitet seit 2008 für die Stiftung und war seitdem u.a. als Büroleiter in Nigeria und im Senegal tätig.
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
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