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So geht es nicht weiter! Wege zur sozial-ökologischen Transformation in Lateinamerika

Gegen den Klimawandel wird es keine Impfung geben, daher bleibt die Forderung: Ein Wandel tut not!

Landkarte Südamerikas mit Karikaturen von Menschen, die auf dem Kontinent stehen. Übersetzung der Schrift: Der universelle Zugang zu würdevollen und nachhaltigen Lebensumständen

Bild: Der universelle Zugang zu würdevollen und nachhaltigen Lebensumständen von FES Mexiko/sozial-ökologische Transformation

 

Wir sprachen mit Astrid Becker, Leiterin des FES-Regionalprojekts sozial-ökologische Transformation in Lateinamerika und stellvertretende Büroleiterin der FES in Mexiko, über die von ihr mit herausgegebene Publikation »So geht es nicht weiter! Wege zur sozial-ökologischen Transformation in Lateinamerika«.

 

Zu klimapolitischen Themen erscheinen aktuell viele Publikationen, warum nun eine weitere Studie zu Lateinamerika?

Lateinamerika ist von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen, Extremwetterlagen oder das Abschmelzen der Gletscher in den Anden gefährden die Existenz großer Bevölkerungsgruppen. Dies betrifft nicht nur die Menschen in Lateinamerika, durch das kontinuierliche Abholzen des Amazonas-Urwalds ist auch ein global relevantes Ökosystem in Gefahr. Ursache hierfür ist das in fast allen Ländern verfolgte extraktivistische Entwicklungsmodell, v. a. durch Bergbau und industrielle Landwirtschaft, zunehmend aber auch durch den Tourismus. Verstärkt wird dieser Trend durch große Investitionen in den Ausbau von Infrastruktur, ohne dabei die Ökosysteme und die betroffenen Menschen wie z. B. Indigene zu berücksichtigen. Die Arbeitsbedingungen, besonders in der Landwirtschaft, sind oft prekär und nicht abgesichert - und das in einer Region mit großer sozialer Ungleichheit, wobei die besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen überproportional von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Doch diese Menschen beginnen sich zu wehren, wie die Klage eines peruanischen Bauern gegen RWE zeigt. In den Ländern selbst führt der Extraktivismus nicht nur zu Umweltzerstörung, sondern auch zu steigendem Konfliktpotential. Leider ist bei den meisten Regierungen wenig Interesse an einem Umlenken zu erkennen, vor dem Hintergrund der in fast allen Ländern grassierenden Wirtschaftskrise setzt man viel mehr noch auf eine Ausweitung des Raubbaus an Natur und Bodenschätzen.

Welchen Beitrag zur Überwindung dieser Probleme soll die Publikation leisten?

Die Publikation basiert auf der vierjährigen Arbeit einer von der FES ins Leben gerufenen, interdisziplinären Arbeitsgruppe aus 14 Ländern, teilgenommen haben u. a. ehemalige Poliker_innen, Akademiker_innen und Vertreter_innen der Zivilgesellschaft. Die Studie fasst die wichtigsten Ergebnisse der Diskussionen und die Forderungen der Teilnehmenden hin zu einer sozial-ökologischen Transformation in Lateinamerika zusammen. Über die umfassende Analyse hinaus werden dabei Schritte hin zu einem umfassenden Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft aufgezeigt, hin zu einem nachhaltigen und sozial gerechten Entwicklungsmodell. Auch die Rolle von Staat und Politik wird dabei eingehend untersucht. Die vorliegende Publikation stellt dabei eine Zusammenfassung des gleichnamigen Buchs aus der Reihe Biblioteca Transformación der FES dar.

Kannst Du dazu konkrete Beispiele nennen?

Die Vorschläge der Arbeitsgruppe reichen von den Ansätzen zur Stärkung des demokratischen, sozialen Rechtsstaats über den Aufbau einer zirkulären Wirtschaft unter Berücksichtigung der Prinzipien Pluralität, Inklusivität und guter Arbeit sowie die Änderung der Konsumgewohnheiten bis hin zur hierzu notwendigen kulturellen Transformation. Gefordert werden außerdem neue Indikatoren, die nicht wie bisher einseitig auf das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes ausgerichtet sind. Besonders deutlich wird dies in der Analyse der Raumnutzung: In Lateinamerika ist die Urbanisierung besonders weit fortgeschritten, 86 Prozent der Bevölkerung lebt in Städten, die meist unkontrolliert wachsen und die notwendige Infrastruktur hinsichtlich der Versorgung mit Wasser und Elektrizität sowie Straßen und ÖPNV nicht bereitstellen können. Große Umweltverschmutzung, fehlende Lebensqualität, Gewalt und Kriminalität sind die Folge. Die benachteiligten Bevölkerungsgruppen werden dabei kontinuierlich in die Peripherie verdrängt. Zwar gibt es zahlreiche Nichtregierungsorganisationen und Nachbarschaftsinitiativen, die versuchen, die drängenden Probleme zu lösen, gefragt sind aber auch Staat und Verwaltung, um Abhilfe zu schaffen.

Werden auch die Auswirkungen der Corona-Krise einbezogen?

Der Text wurde vor Beginn der Pandemie abgeschlossen, daher wird die Pandemie nicht direkt thematisiert. Aber die bisherigen Entwicklungen zeigen die Anfälligkeit unseres globalen Wirtschaftssystems in Krisenzeiten, und dabei erweisen sich die Folgen der Pandemie als ähnlich desaströs wie die zu erwartenden Probleme durch den Klimawandel. Und gegen den Klimawandel wird es keine Impfung geben, daher bleibt die Forderung: So geht es nicht weiter!

 

So geht es nicht weiter

Wege zur sozial-ökologischen Transformation in Lateinamerika
Berlin, 2020

Zum Download (PDF) (400 KB, PDF-File)


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