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Plötzlich kommt die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU in Schwung. Ist die Zeit endlich reif für eine europäische Verteidigungsgemeinschaft?
Bild: D-# ! von Dominik Bartsch lizenziert unter CC BY 2.0
Zunächst hatte die Krise der EU die Suche nach einem neuen einigenden Band ausgelöst, das für die Bürger Europa wieder erfahrbar machen würde. Sicherheit steht dabei in der Wahrnehmung vieler Menschen ganz oben auf der Prioritätenliste. Hinzu kommt, dass sich mit dem Brexit ein Land aus der Union verabschiedet, das eine Vertiefung der Verteidigungskooperation auf europäischer Ebene immer verhindert hatte. Ein im Osten aggressiv auftretendes Russland und die Unberechenbarkeit von US-Präsident Donald Trump, der die transatlantische Sicherheitspartnerschaft in Frage zu stellen schien, vervollständigten das Bild, welches zu dem vielzitierten Satz von Angela Merkel führte: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen!“ Damit umriss Angela Merkel kurz nach dem NATO-Treffen Ende Mai den Eindruck, den viele in Europa durch die aktuellen Entwicklungen gewonnen hatten. Auch Emmanuel Macrons Pläne zur Reform der EU beinhalten ein ganz klares Bekenntnis der Mitgliedstaaten zu einer gemeinsamen Verteidigungsunion.
Alles Faktoren, die die ansonsten eher im Schneckentempo voranschreitende Entwicklung der GSVP nun scheinbar angekurbelt haben: Zum Beispiel wurde diesen Sommer ganz still und leise der neue europäische Verteidigungsfond (EVF) zur Förderung gemeinsamer Forschung und Entwicklung von Verteidigungsausrüstung und -technologie eingerichtet. Besonders bemerkenswert: Mit dem EVF wird die europäische Kommission erstmalig in der Verteidigungsindustrie aktiv.
Auch Frankreich und Deutschland haben bereits eine engere Zusammenarbeit und Vertiefung der GSVP vereinbart. Des Weiteren kündigte man im Rahmen der 2016 veröffentlichten „Globalen Strategie“ das hoch gesetzte politische Ziel an, eine „strategische Autonomie“ im Rüstungsbereich anzustreben. Es wirkt ganz so als stehe eine europäische Lösung für die derzeitigen Sicherheitsherausforderungen plötzlich wieder ganz oben auf der Agenda. Wird nach jahrzehntelangem herumdrucksen die Vision einer europäischen Truppeneinheit bald etwa doch wahr werden? Überhaupt, was bedarf es für eine wirklich funktionsfähige europäische Verteidigungspolitik?
Genau dieser Frage geht die Publikation „Die europäische Verteidigungsindustrie: Französische Empfehlungen für die Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik“ des Pariser Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung nach. Aus der Perspektive Frankreichs werden von Elisabeth Guigou und Gwendal Rouillard Empfehlungen zur Stärkung der GSVP aufgestellt. Im Rahmen eines Konsultationsprozesses kamen dabei, neben in den Prozess involvierten Expert_innen, auch die wichtigsten Vertreter_innen der französischen Rüstungsindustrie zu Wort. Das Herausgeben der Globalen Strategie sei, so sind sich alle einig, „trotz aller Schwächen ein wichtiger Schritt zur Ausarbeitung eines Weißbuchs über die EU-Verteidigung.“
Obendrein sollte trotz Brexit die militärische Zusammenarbeit mit Großbritannien weiterhin gepflegt, und die deutsch-französische Kooperation weiter vertieft werden. Mehr noch plädieren Guigiou und Rouillard ganz im Sinne der globalen Strategie auch für die „strategische Autonomie im industriellen Bereich.“ Dafür brauche es eine intensivere Kooperation mit Wissenschaft, Forschung und Rüstungsunternehmen, als auch eine Erhöhung des Forschungsbudgets. Bei aller Euphorie über die fortschreitenden Pläne einer erstarkten europäischen Verteidigungsmacht bemängeln Kritiker_innen jedoch den bisherigen Mangel an Effizienz der EU bei Rüstungsausgaben. Demnach sei es keine Frage des Geldes, sondern viel mehr eine Frage der richtigen Ressourcenverteilung, die die EU seit geraumer Zeit in der Umsetzung militärischer Leitlinien lähmt.
Auch die Autorinnen der Publikation warnen davor, sich der Illusionen einer völligen Unabhängigkeit Europas von den USA und der NATO hinzugeben. Genauso wenig solle aber durch das Fehlen jeglichen strategischen Denkens, die komfortable Dependenz der letzten Jahre wiederholt werden. Nur so könne eine intensivierte europäische Verteidigungskooperation wirklich erfolgreich sein. Ja, die Zeit ist reif für Europa sich in turbulenten Zeiten wie diesen, verstärkt auf sich selbst zu besinnen. Das eigene Selbstbild einer europäischen Friedensmacht in die Realität umzusetzen, liegt jedoch noch in weiter Ferne.
Ansprechpartner in der Stiftung
Stefan Dehnert
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Eine Europäische Armee: Was ist dran?
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Arbeit: Susan Javad030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
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