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Die radikal rechte Partei von Geert Wilders wurde die mit Abstand stärkste Partei. Dieses Wahlergebnis sollte vor allem als das Resultat der jahrelangen Normalisierung der radikalen Rechten und ihrer Positionen betrachtet werden.
Bei der niederländischen Parlamentswahl im November 2023 wurde die radikal rechte Partei von Geert Wilders mit circa 24 Prozent der Stimmen und 37 Sitzen die mit Abstand stärkste Partei vor der gemeinsamen Liste der Grünen und der Sozialdemokraten mit 25 Sitzen. Dieses Wahlergebnis kann vor allem als das Resultat der jahrelangen Normalisierung der radikalen Rechten und ihrer Positionen betrachtet werden. Wilders schaffte es in dieser Situation, von der extremen Unbeliebtheit der ausgehenden Regierung zu profitieren und das rechte Lager hinter sich zu sammeln.
Der Erfolg von Geert Wilders Partei PVV lässt sich nicht verstehen, ohne die jahrelange Normalisierung seiner Positionen, seiner Rhetorik und seiner Person in die Betrachtung einzubeziehen. So war ein wichtiges Element dieser Normalisierung, dass etablierte Parteien zunehmend die Positionen der radikalen Rechten übernommen haben. Dies gilt in den Niederlanden vor allem für die ehemalige konservative Regierungspartei VVD, die sich in einigen programmatischen Punkten zu Migration und Asyl nicht mehr wesentlich von vielen europäischen radikal rechten Parteien unterscheidet. Es gilt aber auch für andere niederländische Parteien und den gesamten politischen und medialen Diskurs, der sich bei Fragen von Migration stark nach rechts bewegt hat.
Nach den Verlusten bei den vorherigen Wahlen, traten die niederländischen Sozialdemokraten (PvdA) und Grünen (GL) in einer gemeinsamen Liste an. Durch diese gemeinsame Liste mit dem Spitzenkandidaten Frans Timmermans konnte GL-PvdA ihren Abwärtstrend umkehren. Timmermans wurde während des gesamten Wahlkampfes durchgängig als Kandidat für das Ministerpräsidentenamt gehandelt. Schließlich konnte GL-PvdA eine große Anzahl von D66-Wähler:innen und auch von Wähler:innen kleinerer Parteien aus dem linken Lager gewinnen und ist zweitstärkste Kraft im neuen Parlament.
Der für radikal rechte Parteien besonders wichtige Themenkomplex „Migration, Integration, Islam“ bestimmte den Wahlkampf. Hinzu kommt, dass andere Themen wie beispielsweise der Konflikt zwischen Israel und Palästina oder die Wohnungsnot immer wieder mit dem Thema Migration in Verbindung gebracht wurden. Migration war dann auch wie zu erwarten das ausschlaggebende Thema für diejenigen, die sich für die PVV entschieden.
Migration war allerdings nicht das einzige wichtige Thema während des Wahlkampfes. Ein anderes Thema, das viel Aufmerksamkeit erregte, war die sogenannte bestaanszekerheid. Dieser Begriff lässt sich vielleicht am ehesten mit „Bestandssicherheit“ übersetzen. Dabei geht es um Mindeststandards für ein gutes Leben in allen Bereichen. Unter bestaanszekerheid wurden viele ökonomische und sozialpolitische Themen wie Mindestlohn, Renten, Wohnraummangel und hohe Mieten diskutiert. Mit bestaanszekerheid stand folglich ein genuin linkes Thema oben auf der Agenda, das die GL-PvdA auch stark bespielte.
Koalitionsverhandlungen sind in den Niederlanden sehr langwierige Prozesse. Es dauerte mehr als 250 Tage, bis die letzte Regierung zustande kam. Das stark fragmentierte Parteiensystem erschwert die Regierungsbildung. Nach dem aktuellen Wahlergebnis sind im Prinzip nur zwei Regierungskoalitionen realistisch.
Die wohl wahrscheinlichste Koalition setzt sich zusammen aus PVV, VVD und NSC. Für eine solche Koalition gibt es allerdings einige Hürden. So hatte die Parteivorsitzende der konservativen VVD beispielsweise am Tag der Wahl explizit ausgeschlossen, Wilders zum Ministerpräsidenten zu machen.
Eine alternative Regierungskoalition besteht aus GL-PvdA, VVD, NSC und D66. In dieser Koalition wäre GL-PvdA die größte Fraktion und somit Timmermans als Ministerpräsident am wahrscheinlichsten. Allerding finden 50 Prozent Gesamtbevölkerung Wilders als Ministerpräsidenten akzeptabel – deutlich mehr als Timmermans.
Es bleibt also unklar, welche Regierungskoalition sich in den Niederlanden finden wird. Die Verhandlungen werden lange dauern. Man sollte sich aber darauf einstellen, dass am Ende dieser Verhandlungen ein Ministerpräsident Wilders stehen könnte.
Über den Autor
Tarik Abou-Chadi, Associate Professor in European Politics, University of Oxford
Ansprechpartnerin in der FES
Catrina Schläger
Abou-Chadi, Tarik
Tarik Abou-Chadi ; Herausgeberin: Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, November 2023. - 6 Seiten = 790 KB, PDF-File. - (FES impuls)Electronic ed.: Bonn : FES, 2023ISBN 978-3-98628-430-5
Publikation herunterladen (790 KB, PDF-File)
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