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Studienautorin Dr. Amandine Gnanguênon erläutert, wie Krisenmanagement und -prävention in Afrika besser koordiniert werden können.
Bild: Dr. Amandine Gnanguenon von Privat
Das aktuelle System der kollektiven Sicherheit in Afrika bewegt sich in einem Spannungsverhältnis zwischen kontinentaler Integration und regionalen Realitäten. Die Afrikanische Union und die Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften kooperieren in vielerlei Hinsicht. Da die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA) seit langem vor politischen und praktischen Herausforderungen steht, suchen die Staaten nach dem richtigen Umgang mit den unterschiedlich gelagerten Bedrohungen.
Die Sicherheitsexpertin für Westafrika und den Sahel, Dr. Amandine Gnanguênon, legt in ihrer Studie "Eine Kooperation mit variabler Geometrie" dar, wie Konfliktprävention und Krisenmanagement in Afrika besser zwischen der Afrikanischen Union und den Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften koordiniert werden kann. Wir sprachen mit ihr über die aktuelle Situation und ihre Vorschläge.
Dr. Amandine Gnanguênon: Ein Grund, weshalb Prävention und Krisenmanagement auf dem afrikanischen Kontinent nicht so effizient sind, ist, dass sich die Afrikanischen Union (AU) und die Regionalen Wirtschaftsgemeinschaften (RECs) nach wie vor nicht ausreichend miteinander abstimmen. Dies zeigt auch die Roadmap der Afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur für die Jahre 2016 bis 2020 (APSA). In seiner Funktion als Vorsitzender der Afrikanischen Union hat der ruandische Präsident Paul Kagame im Jahr 2018 die „Arbeitsteilung“ zwischen der AU und den RECs mit auf seine Reformagenda gesetzt. Damit knüpft er an das Rationalisierungsprojekt der Organisation der Afrikanischen Einheit (OUA) aus den 1980er Jahren an. Dessen Ziel war es bereits damals, die institutionellen Überlappungen, die Streuung von Ressourcen und die Streitigkeiten um Legitimität zwischen den afrikanischen Institutionen zu begrenzen. Die Initiative ist damals gescheitert angesichts der regionalen Gruppierungen und ihren unterschiedlichen, durchaus berechtigten Interessen. Nunmehr hat im Juli 2019 die erste Koordinierungskonferenz zwischen der Kommission der AU und der RECs stattgefunden. Trotzdem bleibt abzuwarten, welche konkreten Schritte folgen.
Internationale Partner, die sich für die Operationalisierung der APSA engagieren, müssen die historischen und politischen Dynamiken zwischen AU und RECs verstehen – ich bezeichne deren Verhältnis zueinander als „Kooperation mit variabler Geometrie“. Es ist eine Besonderheit des afrikanischen Regionalismus, dass kollektive Sicherheit auf zwei Ebenen organisiert ist, nämlich der regionalen und der kontinentalen. Afrikanische Organisationen kooperieren oder konkurrieren aufgrund rechtlicher, finanzieller und operationaler Erwägungen, die die internationalen Geber mit beeinflussen können. Wenn technische und finanzielle Partner Programme umsetzen und Ansätze evaluieren, müssen sie die politischen Strategien der afrikanischen Staaten berücksichtigen, die eher auf eine bestimmte Art der Kooperation drängen als auf eine andere.
In einem bereits überfüllten institutionellen Setting – es gibt mehr als 200 zwischenstaatliche Organisationen in Afrika – scheuen sich die Staaten nicht vor neuen Strukturen, also maßgeschneiderten ad hoc-Koalitionen wie die multinationalen Truppen gegen Boko Haram oder G5 Sahel. Diese Tendenz ist umso interessanter, als die Gründung der AU unter anderem zum Ziel hatte, dem informellen Umgang mit Konflikten aus der Zeit der OUA (1963-2001) ein Ende zu setzen.
Auf lange Sicht droht die Zersplitterung bi- und multilateraler Unterstützungen kontraproduktiv zu sein. Es könnten noch mehr regionale Institutionen entstehen, was Koordinierungsdefizite unter ihnen verstärken dürfte. Natürlich unterstützen die Partner die afrikanischen Staaten dabei, geeignete Kooperationsrahmen zu finden – gerade bei Sicherheitsherausforderungen ohne geographische Grenzen wie Piraterie, Djihadismus und Kriminalität. Gerade die Situation im Sahel zeigt jedoch, dass die geographische Zuständigkeit einer Institution leicht an ihre Grenzen gerät, wenn die Bedrohung, die sie bekämpfen soll, sich ihrerseits keineswegs an geographische Räume hält.
Aus institutioneller Sicht gab es seit der Schaffung der APSA im Jahr 2002 erhebliche Fortschritte, darunter die Unterzeichnung eines Kooperationsabkommen zwischen der AU und den RECs im Jahr 2008 und die Eröffnung von Kontaktbüros bei der AU.
Es ist aber weiterhin notwendig, von guten Beispielen für interregionale Kooperation zu profitieren und auch in anderen Bereichen als dem militärischen zusammenzuarbeiten. Beispielsweise gibt es zahlreiche Erkenntnisse aus Friedensmissionen. Es darf außerdem nicht vergessen werden, dass es die afrikanischen Akteure sind, die profunde Kenntnis der sozialpolitischen Dynamiken und lokalen Herausforderungen von Konflikten haben – anders als ihre internationalen Partner, die sie beim Ausbau ihrer finanziellen, operationalen und personellen Kapazitäten unterstützen. Präventive Mechanismen, genauer gesagt die Etablierung von Frühwarnsystemen auf kontinentaler und regionaler Ebene, sind sehr wichtig.
Gnanguênon, Amandine
die Afrikanische Union und die regionalen Wirtschaftsgemeinschaften / Amandine Gnanguênon. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika, August 2019. - 8 Seiten = 970 KB, PDF-File. - (Perspektive). - (Frieden und Sicherheit)Electronic ed.: Berlin : FES, 2019ISBN 978-3-96250-391-8
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