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Mit einem klaren Mehrheitsvotum für eine VN-Steuerkonvention wurden am 22.11. in New York die Weichen für eine stärkere Rolle der Vereinten Nationen in der Gestaltung einer inklusiveren und effektiveren internationalen Steuerkooperation gestellt.
In New York knallten nach dem Mehrheitsvotum für eine VN-Steuerkonvention die Sektkorken. Mit dem klaren Ergebnis wurden die Weichen für eine stärkere Rolle der Vereinten Nationen in der Gestaltung einer inklusiveren und effektiveren internationalen Steuerkooperation gestellt. Damit wird einer jahrzehntelangen Forderung der Gruppe der G77 und der internationalen Zivilgesellschaft Rechnung getragen. Eine wichtige Vorkämpferin ist auch die Internationale Dienstleistungsgewerkschaft, Public Services International (PSI), die sich unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung seit Langem für faire internationale Steuerregeln engagiert. Daniel Bertossa, Generalsekretär der Internationalen Gewerkschaft der Öffentlichen Dienstleister_innen, kommentierte das VN-Votum als eine Bestätigung der Arbeit der Gewerkschaftsbewegung und der Tatsache, dass „Steuerregeln, die uns alle betreffen, auch alle einbeziehen müssen“.
Schade nur, dass das historische Votum zu einer Kampfabstimmung zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden wurde. Kenias Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen kommentierte das Ergebnis auf der Onlineplattform X als das klarste Nord-Süd-Votum, das er in jüngster Zeit gesehen habe. Angesichts der zunehmenden Krisen- und Konflikthaftigkeit der internationalen Beziehungen wird gerne von globaler Allianzbildung und der Notwendigkeit von Partnerschaften auf Augenhöhe gesprochen. Doch die Verweigerung der Patentfreigabe von Impfstoff in der Covid-19-Pandemie sowie das Schulterzucken der Industrieländer in Bezug auf die für viele Länder mit mittleren und niedrigen Einkommen existentielle Bedrohung der internationalen Schuldenkrise haben das Vertrauen in die Verlässlichkeit solcher Partnerschaften längst untergraben. Die Abstimmung über die VN-Steuerkonvention ist zum nächsten Prüfstein geworden. Mit einem klaren Ergebnis: 125 Länder stimmten dafür, und nur 48 waren gegen die von der Gruppe afrikanischer Länder in die Generalversammlung eingebrachte Resolution. Gegenstimmen kamen aus den USA, Kanada, Australien, allen EU-Ländern und EU-Beitrittskandidaten sowie der Schweiz. Bis auf die Enthaltung Norwegens stimmte der Globale Norden geschlossen gegen die Initiative.
Die Unabhängige Kommission für die Reform der Internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT), die in der Vorwoche auf Einladung der FES in New York tagte, hatte vor der Abstimmung in einem offenen Brief an die EU und die USA appelliert. In dem Schreiben warnen Mitglieder der mit hochrangigen Ökonom_innen aus Nord und Süd besetzten Kommission vor einem „gefährlichen Signal“, das eine „Blockade der Resolution zur Förderung einer inklusiven und effektiven internationalen Steuerkooperation bei den Vereinten Nationen“ aussenden würde. Der Verdacht liegt nahe, so die Expert_innen, „dass diejenigen, die am lautesten die Vorteile einer regelbasierten internationalen Ordnung anpriesen, nicht wirklich an eine solche glaubten.“
Die Forderung, die Vereinten Nationen zum zentralen Austragungsort internationaler Steuerkooperation zu machen, ist so alt wie die Debatte um eine Reform des internationalen Steuersystems selbst. Bislang ist die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Club der Industrieländer, federführend im Reformprozess des internationalen Steuersystems. Im Auftrag der G20 erarbeitet die OECD Vorschläge zur Eindämmung von Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS). Die Gruppe der G77 und zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Global Alliance for Tax Justice fordern schon seit Langem eine stärkere Rolle der Vereinten Nationen, um ein internationales Steuersystem zu gestalten, das an den Zielen der nachhaltigen Entwicklungsagenda orientiert ist und für mehr internationale Steuergerechtigkeit sorgt. Mit dem Slogan „If you are not at the table, you are on the menu“ kritisieren sie, dass Entwicklungsländer bei den OECD-Verhandlungen nicht gleichberechtigt am Tisch sitzen. Befürworter_innen versprechen sich von der VN-Steuerkonvention nicht nur eine inklusivere internationale Steuerpolitik, sondern auch mehr Transparenz im Prozess durch eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft. Kritiker_innen befürchten eine Parallelveranstaltung zu bestehenden Reformbemühungen und eine Verwässerung der bisher bei der OECD erzielten Verhandlungserfolge.
In der im Nachgang zur Abstimmung von der ICRICT-Kommission veröffentlichten Presseerklärung schlägt der ehemalige kolumbianische Finanzminister José Antonio Ocampo versöhnliche Töne an. Er nennt die Resolution „einen Schritt in Richtung globaler sozialer Gerechtigkeit“ und sieht darin eine „Stärkung der Institutionen, der Demokratie und der internationalen Stabilität“. Er ruft dazu auf, „aus all den Anstrengungen der Vergangenheit zu lernen und diesen Prozess nicht als Antagonismus zu sehen, sondern als den Beginn einer echten Zusammenarbeit zwischen Ländern und zwischen globalen Institutionen.“
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