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Asylsuchende, die in Nord Zypern Schutz suchen, sind eine direkte Folge gewaltsamer Pushbacks gegen Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen.
Am 24. Mai 2021 haben drei kamerunische Asylsuchende den Norden von Zypern verlassen, um in den Süden zu gelangen. Ihnen wurde der Schutz verweigert, was weithin auf internationale Kritik gestoßen ist – und sie hingen fast sieben Monate lang im Niemandsland fest, bevor sich die zypriotischen Behörden schließlich geweigert haben, ihre Asylanträge anzuerkennen.
Ihr Schicksal rührt teilweise von der De-Facto-Teilung der Insel seit 1974 her. Wenn er nicht ausdrücklich gestattet ist, wird der Übergang über die von den Vereinten Nationen kontrollierte Grüne Linie zwischen der international anerkannten Republik Zypern (RZ) und dem türkisch kontrollierten (nur von der Türkei anerkannten) Nordzypern als illegal betrachtet – sogar für Asylsuchende.
Die Universitätsinsel
Die Behörden der RZ haben argumentiert, den drei Kamerunern Asyl zu gewähren würde auch andere dazu ermutigen, die Grüne Linie zu überschreiten. Außerdem haben sie der Türkei vorgeworfen, den Zustrom von Flüchtenden aus Syrien und Subsahara-Afrika zu fördern. Aber die Wirklichkeit ist komplizierter.
Seit 2018 ist Zypern für Flüchtende ein wichtiges Ziel. Da die Routen über Griechenland in die Europäische Union geschlossen wurden – und da sich die Lebensbedingungen der Flüchtenden in Ländern wie der Türkei und dem Libanon verschlechtert haben – bieten die Schmuggler syrischen Asylsuchenden stattdessen eine riskante Überfahrt nach Zypern an. Viele, die auf der Insel angekommen sind, leben unter schlimmen Bedingungen in überfüllten Aufnahmezentren, während die Minister der Regierung eine flüchtlingsfeindliche Stimmung schüren. Einige andere landen in Nordzypern und verwechseln das Land mit der RZ.
Dass die Zahl der Asylsuchenden in Nordzypern steigt, liegt sowohl an Neuankünften mit Schiffen als auch am „Universitätsinsel“-Modell: Eine aktuelle Studie der zypriotischen Studentengruppe VOIS zeigt einen Zusammenhang zwischen der wachsenden Anzahl von Universitätsstudenten im Norden und der Zunahme der Asylsuchenden. 4,5% der 763 Befragten (die meist aus Drittländern stammen) gaben als Grund für ihr dortiges Studium Kriege oder Konflikte in ihrem Heimatland an. Momentan gibt es in Nordzypern 21 Universitäten mit Studenten aus etwa 100 Ländern. Im Studienjahr 2021-22 waren 14.000 türkisch-zypriotisch, 43.000 aus der Türkei und 51.000 aus Drittländern.
Unglücklicherweise für die meisten Flüchtenden aus dem Nahen Osten und aus Subsahara-Afrika übernimmt die Regierung von Nordzypern keine Verantwortung dafür, schutzbedürftigen Personen Asyl zu gewähren. Und dies trotz der Tatsache, dass internationale Menschenrechtsinstrumente wie die UN-Flüchtlingskonvention von 1951, das Internationale Abkommen für Zivile und Politische Rechte und die Konvention gegen Folter Teil des rechtlichen Rahmens im Norden sind.
Tatsächlich gibt es in Nordzypern keine spezielle gesetzliche Regelung für den Schutz von Flüchtenden und keine Unterscheidung zwischen schutzbedürftigen Personen und anderen Migrantengruppen. Häufig werden Flüchtende, die dort ankommen, ausgewiesen und abgeschoben. Ähnlich ist es bei Studenten, die ihren Aufenthalt aufgrund finanzieller Schwierigkeiten nicht legalisieren können und dann aus Angst vor Verfolgung und/oder Krieg in ihren Heimatländern in Nordzypern Asyl beantragen.
Wer ist verantwortlich?
Die Verantwortung zur Gewährung von Schutz sollte bei der UN-Flüchtlingsagentur UNHCR liegen. Aber deren Mandat in Nordzypern ist seit 2014 schwächer geworden, da sie mangels etablierter Übereinkünfte mit den lokalen Behörden nicht mehr in der Lage war, Flüchtenden ausreichenden Schutz zu gewähren.
Laut dem bisherigen Mandat der UNHCR war konnte die Festlegung des Flüchtlingsstatus im Norden Teil des Entscheidungsprozesses sein, ob eine Person Schutz benötigt. Momentan kann sie Asylsuchenden allerdings nur noch Schutzdokumente ausstellen, mit denen diese als „Persons of Concern“ (PoC, hilfsbedürftige Personen) anerkannt werden. Theoretisch verhindert ein solches Dokument, dass PoC abgeschoben werden, und gibt ihnen Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Gesundheitsleistungen und (im Fall von Kindern) zu Ausbildung. Dass es aber keinen allgemeinen Mechanismus gibt, der den Flüchtenden in Nordzypern zumindest einen grundlegenden Schutz bieten würde, besteht Grund zur Sorge.
In der Tat gibt es zwischen der Refugee Rights Association (RRA), die der UNHCR als Umsetzungspartnerin dient, und den türkisch-zypriotischen Behörden kein offizielles Abkommen und damit keine rechtliche Basis für die Schutzdokumente der UNHCR. Es besteht lediglich eine informelle Übereinkunft, die die Behörden jederzeit aufheben können – was erklärt, warum sie keine gemeinsamen Bemühungen unternommen haben, PoC ausreichenden Schutz zu gewähren.
Einige Menschen sehen die Überquerung der Grünen Linie in die RZ daher als ihre einzige Möglichkeit – trotz des traditionell schlechten Umgangs mit Flüchtenden im Land. Immerhin könnten sie es für besser halten, international als flüchtend anerkannt zu sein, als die Grauzone, die sie im Norden erlebt haben.
Menschenrechtsverpflichtungen nachkommen
Wer genau an der tragischen Lage der Asylsuchenden in Nordzypern schuld ist, ist schwer zu sagen. Aber unabhängig davon, ob sie wissen, dass Nordzypern nicht international anerkannt ist, werden sich verzweifelte Menschen auch weiterhin auf den Weg dorthin machen. Internationale Akteure, insbesondere die UNHCR und die EU, müssen daher konkrete Schritte unternehmen, um ihnen ausreichenden Schutz zu gewähren.
Viel zu häufig hat die UNHCR behauptet, sie sei nicht in der Lage, Beziehungen zu Nordzypern zu etablieren, da das Land ein besetztes Gebiet sei. Aber für viele Asylsuchende, die unter würdelosen Bedingungen leben, ist die Frage effektiver Kontrolle unwichtig. Um ihnen ausreichenden Schutz zu gewähren, muss die UNHCR innovative Möglichkeiten finden, um mit den Behörden im Norden zu kommunizieren. Ein guter Start wäre es, die RRA mit mehr Geld und Personal auszustatten.
Die EU sollte unterdessen die Regierung der RZ dazu drängen, die Schutzansprüche jener, die die Grüne Linie überschreiten, zu erneuern und anzuerkennen – und mit den Behörden im Norden zusammenzuarbeiten. Zusätzlich muss sie die verstärkte und offensichtlich inhumane Grenzpolitik der RZ untersuchen, die RRA stärker unterstützen, und die türkischen Behörden ermutigen, ihre türkisch-zypriotischen Kollegen dazu zu bringen, ihren Menschenrechtsverpflichtungen nachzukommen.
Wichtiger noch ist, dass sich die anderen EU-Mitgliedstaaten zu ihrer Rolle bei diesem Debakel bekennen. Die Tatsache, dass sich Asylsuchende für die zypriotische Küste entscheiden, ist ein direktes Ergebnis der rabiaten Maßnahmen gegen Flüchtende an den Grenzen anderer Länder. Die EU kann – und muss – Asylsuchenden sichere humanitäre Korridore, Visa und Umsiedlungspakete zur Verfügung stellen. Verzweifelte Menschen dürfen für ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht stärker leiden, als sie es bereits getan haben.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff.
Copyright: Project Syndicate, 2022.
Emmanuel Achiri, Forscher und Ph.D.-Kandidat an der Eastern Mediterranean University, ist Mitgründer der Voices of International Students (VOIS) in Zypern und der Koalition zur Beendigung des Kriegs in Kamerun.
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