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Das technisch-gesellschaftliche Paradigma des 21. Jahrhunderts, das auf einer digitalen Revolution und einer Datenrevolution beruht, wirft grundlegende Fragen in Bezug auf Geschlechtergerechtigkeit auf. Es ist auf genau den sich überschneidenden Achsen gesellschaftlicher Macht aufgebaut, die schon vorher zu einer nicht nachhaltigen und ungleichen Weltwirtschaftsordnung geführt haben, und verstärkt diese Ungleichheiten noch. Um diesem Eingriff in unser Leben wirksam zu begegnen, müssen wir verstehen, wie er funktioniert.
Wir müssen das digitale Paradigma zurückerobern und die normativen und institutionellen Rahmenbedingungen schaffen, um die Macht der Daten und des Internets für eine radikal andere sozioökonomische Ordnung nutzbar zu machen. Jetzt, da die Auswirkungen von COVID-19 den Siegeszug eines fehlgeleiteten Paradigmas noch einmal beschleunigen, brauchen wir dringend einen feministischen Aktionsrahmen für die Digitalwirtschaft, der neue Perspektiven eröffnet und nachhaltige Formen des Wirtschaftens ermöglicht.
Da die Ungerechtigkeiten des digitalen Kapitalismus als globalem Paradigma durch eine neokoloniale Ideologie aufrechterhalten werden, muss ein solcher Rahmen den Status quo konsequent hinterfragen. Es gilt, das ihm zugrundeliegende Dogma von Extraktivismus, Ausbeutung und Exklusion offenzulegen und zu bekämpfen und dabei besonders auf die Schnittstellen von Geschlecht, Klasse, Race, Kaste und anderen Markern von Macht und Dominanz zu schauen.
Neue Technologien, Digitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) führen zu einer rapiden Transformation der Gegenwart und Zukunft der Arbeit. Die digitale Revolution geht einher mit dem Versprechen, die Armut weltweit zu beenden und überall zu Wirtschaftswachstum zu führen.
Ob die Frauen der Welt jedoch Zugang zu diesen Technologien, besseren wirtschaftlichen Aussichten und selbstbestimmten Formen von Arbeit haben werden, steht derzeit noch in den Sternen.
Die Struktur der Digitalwirtschaft vertieft Ungleichheiten und verschärft die Feminisierung von Armut. Die digitalen Großkonzerne haben mittlerweile riesige Datenvolumina angesammelt und sich damit einen Informationsvorsprung verschafft, mit dem sie globale Wertschöpfungsketten auf der Grundlage datenbasierter Erkenntnisse und Vorhersagen komplett umstrukturieren. Finanziert durch Risikokapital, sind sie in der Lage, sich in ihren Sektoren eine Monopolstellung zu verschaffen und gleichzeitig durch horizontale und vertikale Integration auch andere Sektoren zu erschließen. Das Ungleichgewicht der Weltwirtschaft wird dadurch noch verschärft.
Das Geschäftsmodell der transnationalen digitalen Unternehmen beruht auf Datenextraktivismus.
Technologiekonzerne kommodifizieren unsere Körper, intime Lebenswelten, sozialen Beziehungen und die natürliche Umwelt und nutzen sie als Rohstoffe für kapitalistische Ausbeutung und Akkumulation.
Digitale Architekturen und Datenarchitekturen sollten so reguliert werden, dass sie nachhaltige, demokratische und geschlechtergerechte Gesellschaften ermöglichen. Mit einem feministischen Aktionsrahmen für die Digitalwirtschaft wollen wir überzeugende neue Perspektiven entwickeln, um dauerhaft geschlechtergerechte Gesellschaften zu schaffen.
Zu den wichtigsten Elementen dieses Aktionsrahmens gehören ein neuer Multilateralismus für das digitale Zeitalter, eine Rechenschaftspflicht für Tech-Giganten und eine feministische digitale Infrastrukturpolitik.
Jedes dieser Elemente muss in einen eigenen Aktionsplan münden, den feministische Akteurinnen dann weiter ausarbeiten und verfolgen können.
Wir brauchen dringend einen globalen Daten-Konstitutionalismus, der die Grundlage für eine demokratische internationale Ordnung bilden kann. Alle Länder und Menschen müssen in der Lage sein, autonom ihre eigenen Daten- und KI-Strategien zu verfolgen, um eine nachhaltige, gleichberechtigte und geschlechtergerechte Entwicklung zu fördern. Ein neuer Multilateralismus für Entwicklung im digitalen Zeitalter muss Süd-Süd-Kooperation, Steuergerechtigkeit, gleichberechtigten und fairen Handel, universell garantierte Arbeitsnormen und öffentliche Investitionen in die Care-Infrastruktur erleichtern.
Die Plattform-Ökonomie braucht einen globalen Governance-Rahmen, einschließlich eines internationalen, rechtlich bindenden Vertrags, um die Straflosigkeit zu bekämpfen, mit der transnationale Konzerne die Menschenrechte von Frauen mit Füßen treten. Die Technologieindustrie muss sich Normen für Technik und Design geben, um Algorithmuskulturen entgegenzuwirken, die patriarchale und frauenfeindliche Strukturen zementieren.
Die Potenziale von Daten und datenbasierten Einsichten müssen wir nutzen, um das soziale und solidarische Wirtschaftssystem aufzubauen, das feministische Ökonominnen seit langem als Alternative zur kapitalistischen Ausbeutung fordern.
Damit Frauen an der Digitalwirtschaft teilhaben können, braucht es Programme zur digitalen Aus- und Weiterbildung, öffentliche Daten-, Cloud- und KI-Infrastrukturen für frauengeführte Unternehmen sowie Transparenz in öffentlichen Dateninfrastrukturen und -systemen.
Es liegt an uns, eine neue Ära einzuläuten! Jetzt gilt es, einen konzeptionellen Rahmen aufzubauen, Bewusstsein zu schaffen und Verbindungen herzustellen, um uns von der globalen bis zur lokalen Ebene miteinander zu vernetzen.
Es ist an der Zeit, feministische Organisationen, Aktivist_innen für Arbeitnehmer_innenrechte und globale Handelsgerechtigkeit sowie Koalitionen zur Demokratieförderung bewegungsübergreifend global und regional miteinander zu vernetzen, um den Kampf für die Rechte von Frauen in der Digitalwirtschaft aufzunehmen.
Crystal Dicks (Congress of South Africa Trade Unions)Marianna Fernandes (World March of Women, Europe) Anita Gurumurthy (ITforChange) Marieke Koning (ITUC) Gea Meijers (WIDE+) Scheaffer Okore (Ukweli Party) Sofia Scasserra (World Labor Institute UNTREF) Anna Lee Tuvera (ITUC Asia Pacific)
Design: Ellery StudioÜbersetzung: Bianca Walther
“The Future is Feminist” ist ein globales Projekt der Friedrich-Ebert-Stiftung, das weltweit mit Feminist_innen zusammenarbeitet, um positive Visionen für eine bessere Zukunft zu entwickeln, die sich auf Themen der Wirtschaftspolitik und kritische ökonomische Perspektiven konzentrieren. Insbesondere analysiert das Projekt die Folgen der Digitalisierung und die Zukunft der Arbeit. Es identifiziert gemeinsame Anliegen von Feminist_innen und Arbeiterbewegungen, um Raum für neue starke Allianzen, die auf sozialen Wandel abzielen, zu schaffen. Das Projekt ist eine Weiterführung feministischer Netzwerke in den Regionen Asien-Pazifik, Lateinamerika und Karibik, Mittlerer Osten und Nordafrika sowie Sub-Sahara Afrika. Es bietet Aktivist_innen die Möglichkeit Ideen zu brennenden Themen, regionalen Erfahrungen und politischen Strategien auszutauschen und dient gleichzeitig als Raum, um mit neuen Ideen zu experimentieren.