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Die Gewerkschaften sind nicht nur bei der Nutzung von Technologie innovativ, sondern entwickeln auch ihre eigenen Tools und Apps.
Die Covid-19-Pandemie war ein Wendepunkt in der Digitalisierung der Gewerkschaften. Innerhalb kürzester Zeit haben sie, Betriebsrät_innen und Vertrauensleute auf Messengerdienste, soziale Medien und Webinare zurückgegriffen, um mit ihren Mitgliedern in Kontakt zu bleiben und deren Anliegen aufzugreifen. Manche Gewerkschaften waren jedoch der Ansicht, dass sie sich nicht nur auf die Technologien von US-Tech-Konzernen verlassen, sondern eigene Tools entwickeln sollten, die ihren spezifischen Zwecken dienen.
Digitale Mitgliedschaftsplattform für Gewerkschaften
In einem Online-Forum der FES wurden Gewerkschafter_innen aus der ganzen Welt eine Reihe solcher Beispiele vorgestellt. In Argentinien hat die Friedrich-Ebert-Stiftung die App "Union Platform" entwickelt. Sie dient in erster Linie als Kommunikationsinstrument: Mitglieder können Vorfälle am Arbeitsplatz und Rechtsverletzungen der Gewerkschaft melden; die Gewerkschaft kann Botschaften teilen und ihren Mitgliedern gezielt Informationen zur Verfügung stellen, z.B. über Leistungen für Mitglieder oder arbeitsrechtliche Bestimmungen. Diese Open-Source-App ist für das Betriebssystem Android verfügbar und kann von Gewerkschaften an ihre eigenen Bedürfnisse angepasst werden.
Mit Schwerpunkt auf Arbeitnehmerrechten und der Anwendung des Arbeitsrechts hat die FES Botswana in Kooperation mit dem Gewerkschaftsdachverband den "Workers Assistant" entwickelt, einen KI-basierten Bot. Die Nutzer_innen können sich über das System sofort beraten lassen, wenn sie vermuten, dass ihre Rechte verletzt werden, z. B. bei Nichtzahlung des Lohns oder der Berechnung der Überstundenvergütung. Der Bot stützt sich bei der Beratung von Arbeitnehmer_innen auf das Arbeitsrecht, auf Gerichtsurteile und internationale Konventionen. Da es sich um ein lernendes System handelt, kann es seine Ratschläge auf der Grundlage von eingereichten Gerichtsfällen und Entscheidungen verbessern. Der über WhatsApp leicht zugängliche "Workers Assistant" (Texte „Hello“ an +26774536188) kann einen sofortigen Service bieten. Die Relevanz der Gewerkschaften für die Beschäftigten steigt, indem die Mitglieder bei der Einreichung von Beschwerden und der weiteren Verfolgung von Rechtsverletzungen auf diesem Weg unterstützt werden.
Schließlich haben die FES und ihr Partner CETU in Äthiopien eine digitale Mitgliedschaftsplattform für Gewerkschaften erarbeitet. Hier können Gewerkschaftsmitglieder auf eine digitale Plattform zugreifen und sich über Schulungen, Veranstaltungen und weitere Inhalte informieren, sie können Rechtshilfeersuchen stellen und über Arbeitsunfälle berichten. Für die Gewerkschaft ermöglicht die Plattform den Austausch von Nachrichten, das Anbieten von Dienstleistungen, die Erfassung von Daten über ihre Mitglieder und die Sammlung von Gehaltsinformationen für Tarifverhandlungen.
Aus diesen Projekten haben sowohl die beteiligten Gewerkschaften als auch die Gewerkschaftsbewegung im Allgemeinen wertvolle Lehren gezogen. Es zeigt sich, dass es nicht teuer ist, eigene Apps oder maßgeschneiderte Tools zu entwickeln. Allerdings müssen die Gewerkschaften in "Backend"-Ressourcen investieren, d. h. in die Aktualisierung des Tools, die Aufrechterhaltung der Kommunikationsverbindungen und die Beantwortung von Anfragen, die von den Nutzer_innen der Tools gestellt werden. Es bedarf also eines strategischen Engagements der Gewerkschaftsführung. Um bei der Nutzung digitaler Technologien auf dem Laufenden zu bleiben, sollten die Gewerkschaften Beziehungen zu Datenwissenschaftler_innen, Programmierenden und Entwickler_innen aufbauen. Es gibt noch viel zu lernen, wie man Daten strategisch für gewerkschaftliche Kommunikation und Kampagnen sowie für den Umgang mit Mitgliederdaten nutzen kann.
Doch eines ist klar: Die neuen Werkzeuge sollen nicht nur eine technische Spielerei, sondern ein Instrumente sein, welches die Gewerkschaftsarbeit verändert. Die Art und Weise, wie Gewerkschaften intern und extern kommunizieren, wie sie wahrgenommen werden und wie Entscheidungen getroffen werden. In der heutigen digitalen Arbeitswelt entscheidet sich die Zukunft der Gewerkschaften auch daran, wie sie sich Technologie zunutze machen - denn die andere Seite hat bereits einen Vorsprung.
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Das Projekt „Gewerkschaften im Wandel 4.0“ wurde von der FES initiiert und hat zum Ziel, die Interessenvertretung von Beschäftigten im digitalen Kapitalismus zu verstehen. weiter