Herfried Münkler (2023): Welt in Aufruhr. Die Ordnung der Mächte im 21. Jahrhundert. Berlin: Rowohlt

Zur Verlagsseite

Kurzgefasst und eingeordnet von Carsten Schwäbe.
Carsten Schwäbe hat Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft studiert und arbeitet als Wissenschaftler im Bereich der Innovationsforschung an der Freien Universität Berlin.


buch|essenz

Kernaussagen

Im 21. Jahrhundert wird die Welt weder wie zu Zeiten des Kalten Krieges bipolar geordnet sein noch wird es eine Dominanz der USA geben. Stattdessen wird sich wahrscheinlich eine multipolare Ordnung entwickeln, wobei mit einer Fünfer-Konstellation aus den Polen USA, EU, China, Russland und Indien zu rechnen ist. In dieser Konstellation wird es zwar nicht mehr um die Universalität westlicher Werte gehen, wohl aber um konsistente Narrative zur Verteidigung von Freiheit und Demokratie.

Einordnung aus Sicht der Sozialen Demokratie

Die Fünfer-Konstellation wird nur dann eine Friedensordnung sein können, wenn alle Akteure sich flexibel auf notwendige Reformen bezüglich der Aufrüstung, einer progressiven Entwicklungszusammenarbeit und neuer Bündnisse mit dem globalen Süden einstellen. Außerdem wird die Verteilungsfrage angesichts geopolitischer Kosten neu gestellt. Das sind wichtige Aufgaben, die gerade eine Soziale Demokratie zu leisten vermag.


buch|autor

Herfried Münkler ist Politikwissenschaftler und lehrte als Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er wurde bekannt für seine Forschungen zu Machiavelli, zu neuen Kriegsformen und zur Entwicklung von Imperien und Weltordnungen. 2018 wurde er emeritiert.


Herfried Münkler: buch|essenz anhören


buch|inhalt

Derzeit prägt nicht Unordnung, sondern ein Wandel der Weltordnung die internationale Politik. Die bipolare Weltordnung zwischen den USA und der Sowjetunion kam mit dem Fall des Eisernen Vorhangs Anfang der 90er Jahre zu ihrem Ende. Doch weder stellte sich danach eine unipolare, von den USA dominierte Weltordnung ein, noch wurden durch die immer intensiver ausgeprägten Handelsverflechtungen die Institutionen globalen Regierens gestärkt. Während der Corona-Pandemie wurden die globalen Handelsketten sogar zeitweilig unsicherer. Zudem werden Handelsverflechtungen, zum Beispiel mit China, zunehmend als Abhängigkeiten angesehen, von denen sich Deutschland, zum Beispiel durch mehr inländische Produktion von kritischen Gütern wie Halbleitern oder Medikamenten, entkoppeln möchte.

Mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind imperialistische Kriege um Einflusszonen in Europa zurückgekehrt. Entgegen den Erwartungen werden die USA nicht als Hüter der globalen Ordnung anerkannt. Im Gegenteil: Ihre ökonomische, militärische und politische Macht wird, wie die des gesamten Westens, grundsätzlich herausgefordert. Die internationale Politik entwickelt sich in Richtung einer multipolaren Weltordnung, wie sie es schon früher in unterschiedlichen Ausprägungen gab, beispielsweise zur Zeit der griechischen und römischen Imperien.

Modell 1: Kollektive Abschreckung

Im Modell der kollektiven Abschreckung gehen mehrere Mächte Bündnisse ein und rüsten auf, um andere Mächte davon abzuhalten, Kriege zu führen. Das Modell ist somit „strukturell kontraintentional: Was man faktisch betreibt, ist das Gegenteil dessen, was man tatsächlich anstrebt. Man bereitet sich auf die Führung eines Krieges vor, um in Frieden leben zu können.“ Beispielsweise können sich zwei Mächte verbünden, um einer dritten Macht – der möglichen Friedensbrecherin – als Übermacht gegenüberzustehen. Dieses Modell hat den Vorzug, dass man keiner Macht eine Verpflichtung zur Regeldurchsetzung auferlegen muss. Alle Beteiligten haben ein Interesse daran, die bestehenden Ordnungsverhältnisse zu erhalten. Ein wesentlicher Nachteil dieses Modells ist, dass die Mächte sich stets ihrer eigenen Macht versichern müssen, was aufgrund des Vorhaltens von Waffen und Armeen hohe Kosten bedeutet. Zudem ergibt sich ein Sicherheitsdilemma in Form einer Aufrüstungsspirale: Das Aufrüsten einer Seite wird von der Gegenseite zugunsten des Gleichgewichts immer mit weiterem Aufrüsten beantwortet. Deswegen braucht dieses Modell Rüstungsbegrenzungsabkommen. Eine „Friedensdividende“, die sich durch die Abwesenheit kriegerischer Bedrohungen und der notwendigen Rüstung ergibt, bleibt im Modell kollektiver Abschreckung aus.

Modell 2: Hegemoniale Abschreckung

Die Abschreckung kann auch nur durch eine einzige Macht gewährleistet werden, sofern diese allen anderen Mächten zusammengenommen überlegen ist und diesen also als Hegemon gegenübersteht. Solange die schwächeren Mächte von einem wohlwollenden Hegemon ausgehen können, der seine Macht zur Durchsetzung gemeinsam gestalteter Regeln einsetzt, können sie sich diesem Modell unterwerfen. „Gemäß der Formel „Schwerter zu Pflugscharen“ werden hier nämlich die unproduktiven Kosten der Kriegsvorbereitung in Investitionen zugunsten von Produktion und Infrastruktur verwandelt, und nur der „Hüter“ hat die Kosten militärischer Rüstung zu tragen.“

Problematisch wird dieses Modell, wenn der Hegemon kein wohlwollender „Hüter“ ist, sondern sich als „Herr“ der Weltordnung aufspielt. Zwar müssen ökonomische Vorteile gewährt werden, damit der Hegemon die kostenintensive Rolle des Hüters übernehmen kann. Wenn die eigenen militärischen und ökonomischen Interessen jedoch über die aller anderen gestellt werden, handelt es sich nicht länger um eine hegemoniale Friedensordnung, sondern schlicht um Imperialismus.

Modell 3: Integration

Das dritte Modell setzt nicht auf militärische Abschreckung, sondern auf ökonomische Verflechtungen und Wohlstandsgewinne, um Krieg als rationale Option zur Durchsetzung politischer Interessen auszuschließen. Schiedsgerichte wachen über die Einhaltung der Handelsregeln, und weil alle Akteure durch die Handelsverflechtungen wechselseitig voneinander abhängig sind, kann eine kriegerische Aggression durch Wirtschaftssanktionen bekämpft werden. Zwar hat in der Europäischen Union ein solches Integrationsmodell zu dauerhaftem Frieden geführt. Doch hat sich auch gezeigt, dass Wirtschaftssanktionen meist von nur begrenzter Wirkung sind, da selten alle Mächte gemeinsam die Friedensbrecherin sanktionieren.

Wie geht man mit revisionistischen Mächten um?

Revisionistische Mächte stellen die herrschende Regelordnung und Machtbalance infrage und versuchen, sie zu ihren eigenen Gunsten zu verändern. Zum Umgang mit Revisionismus gibt es drei mögliche Strategien: Wohlstandstransfer, Entgegenkommen und Abschreckung. Welche Strategie (oder welcher Strategien-Mix) in die Tat umgesetzt wird, hängt von einer riskanten Kalkulation darüber ab, welche Absichten die revisionistische Macht verfolgt, wie feindselig ihre Gefühle sind und welche latente oder akute Bedrohung sie darstellt.

Mit dem Wohlstandstransfer wird bezweckt, dass die revisionistische Macht im Kriegsfall mehr zu verlieren als zu gewinnen hat, um so ihr Kalkül zugunsten eines Erhalts des Status quo zu verändern. Der Wohlstandstransfer kann damit dem imperialistischen Nationalstolz einer revisionistischen Macht entgegenwirken. Daher brandmarkt der Revisionismus eine politische Priorisierung von wirtschaftlichem Wohlstand als dekadent. Ein weiteres Problem der Strategie des Wohlstandstransfers besteht in Pfadabhängigkeiten, wie es beispielsweise bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit Deutschlands mit Russland bis zum russischen Angriff auf die Ukraine der Fall war:

„Man muss den eingeschlagenen Weg weitergehen, weil allein das Erkunden eines zweiten Weges das gesamte System zur Pazifizierung eines Revisionisten gefährden würde. Die einseitige Reduzierung wechselseitiger Abhängigkeiten schürt Misstrauen auf Seiten der revisionistischen Macht, die sich fragen muss, ob sie sich auf den wirtschaftlichen Austausch noch verlassen kann.“

Die zweite Strategie zur Befriedung revisionistischer Mächte, das Entgegenkommen, ist unter dem Namen „Appeasement“ zwar in Verruf geraten, aber nicht verschwunden. Beispielsweise wurde diese Strategie in den von Deutschland und Frankreich vermittelten Minsker Abkommen zwischen der Ukraine und Russland angewandt. Zugeständnisse hinsichtlich der Krim-Frage erlaubten es, den Konflikt vorerst einzufrieren. Problematisch ist, dass derartige Zugeständnisse bei der revisionistischen Macht zu Appetit auf mehr führen können. Allerdings kann auf diese Weise Zeit zur Aufrüstung erkauft werden, der dritten Strategie zur Pazifizierung.

Militärische Abschreckung verzichtet auf die Einbindung revisionistischer Mächte. Sie hat nicht den Anspruch, Gemeinsamkeiten und geteilte Interessen auszuloten oder eine „Friedensdividende“ auszuschütten. Sie setzt auf Aufrüstung, selbst wenn das zum genannten Sicherheitsdilemma der Rüstungsspirale führen kann. Mit der Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz wurde der Wechsel hin zu genau dieser Art des Umgangs mit dem revisionistischen Russland beschlossen.

Spieltheoretische Mechanismen einer multipolaren Weltordnung

Wenn weder die USA noch die Vereinten Nationen allein das internationale Recht hüten können, wird sich die Welt zwangsläufig in Richtung einer multipolaren Ordnung entwickeln. Dabei werden mindestens drei Pole vorhanden sein, wobei auch eine größere Zahl möglich ist; dies würde jedoch einer systemischen Ordnung entgegenstehen. Denn „die Offenheit und Unvorhersehbarkeit von Koalitionsentscheidungen machen es unmöglich, hier von einer Ordnung oder einem System zu sprechen.“

Mehr Pole führen darüber hinaus zu einem relativen Machtverlust der etablierten Pole, sodass diese das Aufkommen weiterer Großmächte verhindern wollen. So bilden sich um die wenigen Pole herum Allianzen und politische Großräume, auf denen auch die Macht der jeweiligen Pole fußt. Fällt ein Pol gegenüber anderen zurück, kann er durch eine andere aufstrebende Macht ersetzt werden, sodass die multipolare Ordnung grundsätzlich bestehen bleibt.

Zwar kann es auch in multipolaren Ordnungen für eine gewisse Zeit einen Hegemon als Ersten und Gleichen geben, der bestimmte Aufgaben zuverlässig wahrnimmt. Das Machtverhältnis der Pole kann jedoch auch gänzlich im Gleichgewicht bleiben. Auf diese Weise ist eine multipolare Weltordnung mit einer begrenzten Zahl an Großmächten flexibel genug, um dem Sicherheitsdilemma teurer Rüstungsspiralen, die zum Krieg führen können, zu begegnen.

Wahrscheinlich eine multipolare Ordnung von fünf Mächten

Multipolare Ordnungen tendieren auffällig häufig zu Fünfer-Konstellationen. Als Beispiele können die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates oder das 19. Jahrhundert in Europa angeführt werden. Die ungerade Zahl hat den Vorteil, dass Zweier-Blöcke sich nicht gegenseitig blockieren können, sondern dass es immer ein Zünglein an der Waage gibt, das balancierte Entscheidungen ermöglicht.

Im 21. Jahrhundert wird die Fünfer-Konstellation wahrscheinlich aus den USA, China, der EU, Russland und Indien bestehen. Während Russlands Atomwaffen, Ressourcen und militärische Handlungsbereitschaft das Land im Kreis der großen Mächte halten, steigt Indien durch das große Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum auf. Ob die EU in den Kreis der Großmächte aufrückt, hängt entscheidend von der Einigungsfähigkeit ihrer Mitglieder ab. Deswegen versuchen nicht nur China und Russland, sondern auch die radikalen Republikaner in den USA, die EU, so gut es geht, politisch zu spalten.

Innerhalb dieser Fünfer-Konstellation steht der demokratische Block der USA mit dem Juniorpartner EU dem autoritären Block von China mit dem Juniorpartner Russland gegenüber. Diese bipolare Orientierung führt zu begrenzten Koalitionsoptionen. Eine 4:1-Konstellation ist unwahrscheinlich, was das Anforderungsprofil für Indien als mögliches Zünglein an der Waage handhabbar macht. Ferner handeln die Blöcke nicht vollständig treu. Die EU folgt den USA nicht unbedingt in kriegerische Auseinandersetzungen und umgekehrt; dasselbe gilt für China und Russland.

Diese bipolare Fünfer-Konstellation wird bei der Vermeidung großer Krisen zuverlässiger sein als eine anarchische Weltordnung. Während im Rahmen der uni- und bipolaren Weltordnungen des letzten Jahrhunderts Kriege vor allem in der Peripherie und nicht im Zentrum geführt wurden, kehren sie in einer multipolaren Ordnung durchaus auch wieder in ihre Machtzentren zurück. Der russische Krieg in der Ukraine ist ein erster Vorbote hierfür. Da die Ukraine aufgrund der demokratischen und ökonomischen Attraktivität der EU die russische Einflusssphäre verlassen wollte, drängt Russland sie nun militärisch zum Bleiben. Würde die militärische Bedrohung durch Russland in der Ukraine scheitern, könnte das andere Regionen in und um Russland zu einem Verlassen der Russischen Föderation bewegen. Mit einer Rücknahme der Gewalt durch Russland ist daher nicht zu rechnen.

Während das russische Imperium auf militärischer Bedrohung basiert, wirken die USA und die EU als Imperium per Einladung. In diesen Ordnungen überwiegen die ideologischen und ökonomischen Anziehungseffekte, sodass Länder Mitglied werden oder verbündete Länder in der zweiten Reihe sein wollen. China verfolgt mit seinem Seidenstraßenprojekt eine Doppelstrategie: Zum einen möchte es sich diplomatisch unabhängiger von den USA aufstellen und zum anderen will es durch einen anderen Typ der Entwicklungszusammenarbeit neue Verbündete anziehen und von sich abhängig machen.

Demgegenüber verliert das westliche Modell der Entwicklungszusammenarbeit an Bedeutung, und auch der westliche Anspruch zur globalen Durchsetzung universaler Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Marktwirtschaft ist gescheitert. Verweise auf das Völkerrecht stehen unter dem Vorbehalt, dass mächtige Akteure es auch durchsetzen müssen und sich selbst die USA oder die NATO nicht immer daran gehalten haben.

„Man wird davon ausgehen müssen, dass die Polmächte mit ihren je eigenen Werteordnungen auch eine unterschiedliche Auslegung des Völkerrechts pflegen werden. Das gilt vor allem für das Agieren innerhalb ihrer Einflusssphären.“

Um Werteordnungen in den eigenen Einflusssphären durch den Einsatz militärischer und ökonomischer Macht zu verteidigen, bedürfen Großmächte jedoch einer entsprechenden inneren Verfasstheit. Während autoritäre Staaten ihre geopolitische Strategie auch entgegen der eigenen Bevölkerung durchdrücken können, müssen demokratische Staaten ihre Bevölkerungen laufend von diesem Ressourceneinsatz überzeugen. Dabei müssen im Fall der EU die 27 Mitgliedstaaten zwar grundsätzlich einig handeln. Allerdings kann auch nur ein Großteil der EU-Staaten ein gemeinsames Handeln entgegen widerständigen Mitgliedern wie zum Beispiel Ungarn im Falle der Unterstützung der Ukraine gegen Russland organisieren. Auch hier könnte sich eine Fünfer-Konstellation europäischer Großmächte, bestehend aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen, etablieren, die die Handlungsfähigkeit jenseits der EU, wenn erforderlich, herbeiführen.

Indien ist die große Unbekannte, da es sich bisher eine internationale Zurückhaltung auferlegt hat. Dies liegt auch daran, dass Indien seine Macht noch vollständig aufbauen muss, weil es nur durch die Möglichkeit eines unmittelbaren Rückgriffs auf seine Machtressourcen als Großmacht angesehen wird.


buch|votum

Münkler liefert eine Vielzahl historischer Hintergründe von der Antike bis heute und kombiniert diese geschickt mit älteren und neuen Theorien der internationalen Beziehungen. Diese Breite geht allerdings auf Kosten des roten Fadens, der im Verlauf nicht immer erkennbar ist. Zudem ist Münklers Stil sehr akademisch. Für ambitionierte Einsteigende ist das Buch aber zu empfehlen, zumal es einen guten Überblick zum Weiterlesen liefert.

Gerecht wird Münkler vor allem der Komplexität von Geopolitik. Nehmen wir als Beispiel Nordstream II. Die Pipeline war eine logische Folge aus der Strategie, Russland mittels Wohlstandstransfers und Handelsverflechtungen als revisionistische Macht zu besänftigen. Der deutsche Ausstieg aus Kohle und Gas muss daher für Russland ein Affront gewesen sein. Gas im Rahmen der Energiewende als Brückentechnologie zu nutzen, war eine energiepolitische Entscheidung im Sinne der geopolitischen Strategie. Ein Strategiewechsel wäre ebenso mit Kosten verbunden, nämlich dem strategischen Übergang zum Appeasement oder zur militärischen Abschreckung, wie es jetzt passiert.

Münkler weist auf die Bedeutung von Narrativen hin, um Bevölkerung und verbündete Länder moralisch zu überzeugen. Gleichzeitig betont er, dass es bei multipolaren Ordnungen weniger um Ideologie und Werte geht, sondern vielmehr darum, Realitäten anzuerkennen. Dieser Gratwanderung müssen sich die Menschen in Deutschland und Europa nun stellen und hier liegt eine Chance zur Erneuerung für die Soziale Demokratie. Zweifelsohne war auch sie nicht ohne Fehler. Aber es wäre Auftrag der Sozialen Demokratie, eine geopolitische Strategie für die künftige Fünfer-Konstellation zu entwickeln. Um Europa als Großmacht zu halten, kommt man um weitere gemeinsame Schritte, vor allem um eine eigenständige atomare Abschreckung im Falle eines Rückzugs amerikanischer Atomwaffen aus Europa, nicht herum. Dennoch sollte sich die Soziale Demokratie angesichts dieser neuen Situation erlauben, auf die Notwendigkeit progressiver Politik hinzuweisen. So ist zum Beispiel eine neue Entwicklungszusammenarbeit, die den globalen Süden wirklich erreicht, notwendiger denn je, um Europas Bündnisfähigkeit dort glaubhaft wiederherzustellen. Außerdem müssen die neuen geopolitischen Lasten Europas und Deutschlands neu verteilt werden – ebenfalls eine Aufgabe für die Soziale Demokratie.

Zur Verlagsseite

Verlag: Rowohlt
Erschienen: 17.10.2023
Seiten: 528
ISBN: 978-3-7371-0160-8

nach oben