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Isabella Weber (2023): Das Gespenst der Inflation

Wie China der Schocktherapie entkam. Berlin: Suhrkamp Verlag (2023)

Preisträgerin 2024 des Hans-Matthöfer-Preises für Wirtschaftspublizistik

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Kurzgefasst und eingeordnet von Carsten Schwäbe
Carsten Schwäbe hat Volkswirtschaftslehre und Politikwissenschaft studiert und arbeitet als Wissenschaftler im Bereich der Innovationsforschung an der Freien Universität Berlin.


buch|essenz

Kernaussagen

Schocktherapien werden empfohlen, wenn Ökonomien von der Plan- in die Marktwirtschaft übergehen oder eine besonders hohe Inflation in den Griff kriegen sollen. China wählte jedoch einen anderen Weg, nämlich eine Wirtschaftspolitik der graduellen Vermarktung. Mithilfe eines staatlich vorgegebenen zweigleisigen Preissystems vollzog China einen wirtschaftlichen Umbruch und bewahrte dennoch die Stabilität des Preisniveaus und des politischen Systems. Die vorsichtige und flexible Vorgehensweise chinesischer Wirtschaftspolitik stellt Schocktherapien als Patentrezept westlicher Wirtschaftspolitik in Frage.

Einordnung aus Sicht der Sozialen Demokratie

Angesichts der Preisverwerfungen, die die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine für Deutschland mit sich brachten, hat Webers Analyse der chinesischen Preispolitik große Aktualität. Ihr Werk ist ein Aufruf dazu, Schocktherapien und freie Marktprozesse nicht als Patentrezepte zu sehen, sondern sich tiefergehend mit den konkreten wirtschaftlichen Problemen auseinanderzusetzen und passgenaue Lösungen zu finden.


buch|autorin

Isabella Weber studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Berlin und New York. Sie ist Professorin für Wirtschaftswissenschaften und Forschungsleiterin für Chinastudien an der University of Massachusetts in Amherst.

Das vorliegende Buch basiert auf Webers Doktorarbeit über Preiskontrollen in China, die sie in den 1980er Jahren an der University of Cambridge schrieb.


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buch|inhalt

Inflation gilt als eine Gefahr für Wohlstand und politische Stabilität. Eine dauerhafte Erhöhung des Preisniveaus mindert die Kaufkraft und stellt das Geldsystem sowie das politische System in Frage.

Schocktherapie oder Preiskontrollen – was stoppt Inflation?

Die Idee der Schocktherapie entstammt der monetaristischen Theorie, wie sie der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman oder der deutsche Ordoliberalismus vertreten. Dabei lautet die Grundidee: Wenn eine zu große Geldmenge die Preise in die Höhe treibt, dann besteht die Lösung in einer Verknappung der Geldmenge, selbst wenn das eine Wirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit bedeutet. Inflation wird ausschließlich aufgrund einer zu großen Geldmenge erklärt und empfohlen wird eine Schocktherapie, die als Paket von Maßnahmen weniger Staat und mehr Markt bedeutet.

„Das Paket umfasste (1) die schlagartige Freigabe sämtlicher Preise, (2) die Privatisierung der Staatsunternehmen, (3) die Liberalisierung des Handels und (4) die Stabilisierung der Wirtschaft durch eine strikte Geld- und Haushaltspolitik.“

Andere Instrumente wie z. B. eine Kontrolle der Preise durch den Staat als aktiven Marktteilnehmer werden vom Monetarismus abgelehnt. Denn jede noch so kleine Preiskontrolle verzerre das Preissystem derart, dass weitere Kontrollen und Planung erforderlich seien, um die Preiskontrolle aufrechtzuerhalten. Dies ebne laut dem gleichnamigen Buch von Friedrich von Hayek zwangsläufig den „Weg zur Knechtschaft“ in Diktatur und Planwirtschaft.

Diesem rigorosen Plädoyer für Schocktherapien stellt Isabella Weber in ihrem Buch die Erfahrung Chinas entgegen, das – anders als Russland, das sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion einer Schocktherapie und einer hohen Inflation unterwarf – auf staatliche Preiskontrollen zur Begrenzung von Inflation und einen graduellen Übergang zum Markt setzte.

„In Anbetracht des verglichen mit Russland niedrigeren Entwicklungsstands Chinas zu Beginn der Reformära hätte eine Schocktherapie wahrscheinlich ein noch größeres Maß an menschlichem Leid  verursacht. Sie hätte auch das Fundament des wirtschaftlichen Aufstiegs der Volksrepublik untergraben, wenn nicht sogar zerstört. Es ist schwer vorstellbar, wie der globale Kapitalismus heute aussehen würde, hätte China denselben Weg wie Russland eingeschlagen.“

Preiskontrollen gab es auch im Westen

Auch wenn sie in der chinesischen Staatslehre eine besondere Rolle spielen, waren Preiskontrollen zu keiner Zeit auf China begrenzt. In und nach den Weltkriegen war eine Kontrolle von Löhnen und Preisen auch im Westen nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Dabei verfolgten die Staaten keine einheitlichen Ziele, sondern reagierten durch ein experimentelles Herantasten von Fall zu Fall. John Kenneth Galbraith, der als Ökonom die Preiskontrollen der USA im Zweiten Weltkrieg koordinierte, verglich die staatliche Preissetzung daher mit einem evolutionären Prozess – ein Widerspruch zur gleichgewichtsorientierten neoklassischen Wirtschaftstheorie. Das liegt daran, dass in außergewöhnlichen Zeiten, andere ökonomische Rahmenbedingungen eine andere Wirtschaftspolitik erfordern. Während in Friedenszeiten eine Wirtschaft wachsen darf, wenn sie die Produktion erhöhen kann und die Nachfrage vorhanden ist, muss in Kriegszeiten die Produktion erhöht, aber der Konsum gemindert werden. Im Fokus der Wirtschaft steht nun die Waffenproduktion. Die erhöhten Produktionskapazitäten führen zu einem Rückgang von Arbeitslosigkeit und somit zu einer höheren Nachfrage. Letztere trifft jedoch auf ein konstantes oder sogar schrumpfendes Angebot, weil Kapital, Arbeit und andere Ressourcen an die Kriegswirtschaft gebunden sind.

In Kriegszeiten muss die Kriegswirtschaft gestärkt, die Produktion und Nachfrage anderer Güter hingegen gedämpft werden, wobei die Produktion notwendiger Konsumgüter aufrechterhalten werden muss, auch durch die Bildung von Ersparnissen aus der gestiegenen gesellschaftlichen Lohnsumme. Makroökonomische Maßnahmen zur Dämpfung des Konsums allein können die notwendige Restrukturierung der Industrieproduktion nicht bewerkstelligen. Stattdessen müssen wirtschaftliche Problembereiche identifiziert werden, in denen es zu plötzlichen Preissprüngen kommen könnte. Dies muss mit einer Kombination aus gezielten Preisbremsen und einer Rationierung des Konsums verhindert werden.

In den USA wurde ein öffentliches Bevorratungssystem eingeführt, wobei eine überschüssige Getreide- und Baumwollproduktion zu stabilen Preisen aufgekauft und in Zeiten von Produktionsrückgängen oder erhöhter Nachfrage wieder auf den Markt gebracht wurde. Angesichts der schieren Menge an Gütern erwies es sich jedoch als unmöglich, sich auf derartige selektive Preiskontrollen zu beschränken. Um die Inflation unter Kontrolle zu bringen, mussten die USA Preisobergrenzen für alle Güter festschreiben. Nachdem die Preise unter Kontrolle gebracht waren, wurden selektiv auch graduelle Preisänderungen zugelassen. Auf diese Weise erfüllten die Preiskontrollen eine strategische Funktion: Sie verschafften dem ökonomischen System Zeit, um fundamentale Veränderungen bei der Nutzung von Ressourcen in der Produktion und in der Nachfrage zu vollziehen und auf Kriegswirtschaft umzustellen. Die Ergebnisse sprachen für sich: Die US-amerikanische Wirtschaft wuchs weiterhin. Erst der abrupte Ausstieg aus den Preiskontrollen führte zu einer stärkeren Inflation.

Über Preiskontrollen diskutierte China schon vor mehr als 2000 Jahren

In klassischen chinesischen Texten wie dem Guanzi wurde die Idee von Preiskontrollen bereits vor 2000 Jahren diskutiert. Entgegen der in den meisten Bereichen der modernen Wirtschaftswissenschaft vorherrschenden Annahme, Staat und Markt seien separate Einheiten, folgte man in China damals wie heute der Idee, dass der Staat die Bedingungen des Marktes aktiv gestalten sollte. Anders als die neoklassische Wirtschaftstheorie und ähnlich wie Galbraith konzentriert sich der Guanzi auf die Gründe für Veränderungen im Wirtschaftsgeschehen und wie der Staat sich diese zunutze machen kann. Hierfür unterscheidet er zwischen schweren und leichten Gütern, und wie damit umgegangen werden muss, wenn ein gut leichter oder schwerer für eine Volkswirtschaft wird. Schwere Güter sind solche, die knapp sind und in den Händen weniger kontrolliert werden. Leichte Güter sind demgegenüber dezentral verteilt und weniger knapp. Wichtig ist, dass leichte Güter durchaus schwerer werden können (und umgekehrt). Wenn gehortete Güter schwerer werden und nicht gehortete leichter, lassen sich daraus Marktmechanismen ableiten, die sich ein Staat zu Nutze machen kann, um das wirtschaftliche Wohlergehen aller zu verbessern. Das braucht jedoch Zeit, sonst treibt die Schocktherapie eine Inflation, denn Preise schießen in die Höhe, wenn die Menschen keine Zeit haben, sich an die veränderten Umstände anzupassen.

Am Beispiel der Stabilisierung des Getreidepreises wird deutlich, wie der Guanzi die aktive Rolle des Staates im Wirtschaftsgeschehen sieht: Preise für landwirtschaftliche Güter sind saisonalen Schwankungen bei der Produktion unterworfen. In Zeiten besonders ertragreicher Ernten fallen die Preise, das Gut wird leichter. Damit verbunden sind allerdings auch geringere Gewinne für die Produzenten. Um Produktionsanreize zu erhalten, soll laut dem Guanzi der Staat als Käufer landwirtschaftlicher Überschüsse fungieren und so die Preise stabilisieren. Die gekauften Güter sollen gehortet und im Falle einer niedrigeren Produktion oder einer Krise wieder auf den Markt geworfen werden, um überschießende Preise für die Verbraucher zu verhindern, wenn ein gut zu schwer im Sinne des Guanzi wird. Das Ziel ist dabei indes „nicht ein konstantes Gleichgewicht. […] Im Herbst kostet das Getreide weiterhin mehr als im Frühjahr oder Sommer; aber der Preisunterschied ist geringer als ohne staatliche Eingriffe in den Markt.“

Entscheidend dabei ist, dass der Staat bei der Entscheidung über die Inbesitznahme von Monopolen oder der Lenkung von Ressourcen oder Arbeitskräften je nach sektoralen Schwankungen seine Rechtschaffenheit garantieren kann. Die Debatten über Preiskontrollen und den Weg hin zu mehr Marktwirtschaft im China der 1980er Jahre sind im Kontext dieses Staatsverständnisses zu betrachten.

Kommunisten bezwangen Hyperinflation, besaßen aber keine Wachstumsperspektive

Nach Ausbruch des Krieges gegen Japan im Jahr 1937 erlebte China eine Hyperinflation. Statt einen überregionalen Ausgleich zu suchen, ließ die fehlende Integration lokaler Märkte lokale Preise in die Höhe schießen. Die landwirtschaftliche Produktion verringerte sich dramatisch. Hamsterkäufe und Preisspekulationen nahmen Überhand. Eine Ausweitung der Industrieproduktion blieb unattraktiv, was die Preise weiter in die Höhe trieb. Auch eine sinnvolle Rationierung durch große Lieferanten, wie sie in den USA organisiert werden konnte, blieb in China aus. Die Bevölkerung verlor das Vertrauen in das Geld und damit auch in den Staat. Schlussendlich trug diese Entwicklung zum Sturz der nationalistischen Regierung durch Mao Zedong und die Kommunisten im Jahr 1949 bei.

Als die Kommunisten an der Macht waren, setzten sie nicht auf generelle Preiskontrollen, sondern errangen die Preisführerschaft nur bei zentralen Konsumgütern. Spekulanten trieben sie in den Ruin, indem sie spekulative Preissprünge zunächst durch eigene Aufkäufe befeuerten, dann aber abrupt ihre Vorräte auf den Markt warfen. So zwangen sie die Spekulanten, zu viel zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Auf diese Weise gelang es der kommunistischen Regierung zwar, die Hyperinflation zu überwinden, sie fand jedoch keine langfristige Wachstumsperspektive. Im Gegensatz zum Guanzi setzte sie auf ein komplexes planwirtschaftliches System der Vorgabe von Preisen und Mengen. In dieser Kommandowirtschaft hing der Konsum von der Rationierung ab. Zwar wurden in den Städten Anreize zur Erhöhung der Schwerindustrieproduktion gesetzt, dies wurde jedoch durch eine Verelendung der Menschen auf dem Land teuer erkauft. Landflucht und eine Ansiedlung in der Stadt wurde gesetzlich unterbunden.

Zweigleisiges Preissystem statt Schocktherapie

Ende der 1970er Jahre war die Lage auf dem Land so schlecht geworden, dass Mao sich dem Westen öffnete. Die Schere zwischen Stadt und Land sowie die Kommandowirtschaft sollten durch bessere wirtschaftliche Anreize für die Menschen überwunden werden. Der Weg dorthin war jedoch hochumstritten. In den 1980er Jahren kam es zu einem massiven Ausbau der Wirtschaftsforschung und zu einer Intensivierung des Austauschs mit dem Ausland. Man war offen für die Implementierung stärkerer Marktanreize. Markt und Planung sollten in China nicht mehr als unvereinbar betrachtet werden. Vielmehr sollte der Marktmechanismus zum wichtigsten Zuteilungsprozess von Ressourcen, Arbeit und Löhnen werden.

Während Forschende aus sozialistischen Staaten grundsätzlich planwirtschaftliche Elemente in Frage stellten, verwiesen westliche Experten, auch aus Deutschland, auf die Erfahrung der schnellen Preisliberalisierung Ludwig Erhards nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei verschwiegen sie jedoch die sozialen Herausforderungen, die Generalstreiks und die planwirtschaftlichen Maßnahmen des sogenannten „Jedermann-Programms“, das Preisbremsen und Rationierungen auch nach der Preisliberalisierung möglich machte. Das deutsche Wirtschaftswunder war mithin keineswegs nur das Produkt von Preisliberalisierungen, sondern auch von einer pragmatischen Planung sowie von Preis- und Konsumkontrollen.

China entschied sich ebenso für eine pragmatischere Variante und nicht für die Schocktherapie. Die neue Preispolitik folgte der Idee leichter und schwerer Güter im Guanzi. Leichte Güter, die nicht essenziell sind, können freien Marktkräften überlassen werden. Für essenzielle Güter hingegen muss der Staat, wenn sie knapp und damit schwer werden, Preisbremsen und Rationierungen einführen. Damit Anreize für eine Ausweitung der Produktion erhalten bleiben, durften die Produzenten die Menge, die sie über die staatlich festgelegten Quoten hinaus produzierten, zu höheren Marktpreisen anbieten.

„Während die bereitgestellte Mindestmenge »schwer« sei, wenn sie sich unmittelbar auf die existenziellen Bedürfnisse der Menschen auswirkt, sei die Überschussproduktion nicht essenziell oder »leicht« und könne daher den Marktkräften ausgesetzt werden.“

Zudem konnten lokale Verwaltungen Preiskorridore auch für nichtessenzielle Güter definieren. Dieses zweigleisige Preissystem wurde im Jahr 1984 eingeführt und führte zu einem starken Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion, ohne Preise und damit Produktionsanreize zu tief absinken zu lassen. Die staatliche Marktbeteiligung durch den Kauf und Verkauf von Gütern wurde insbesondere in der Landwirtschaft zur Preisstabilisierung angewandt. Im Falle eines Überangebots von Fertigungserzeugnissen für die Produktion konnten Preise um zwanzig Prozent unterhalb des im Plan gesetzten Preises sinken, um die industrielle Ressourcenallokation zu flexibilisieren. So schloss China die Schere zwischen landwirtschaftlicher und industrieller Produktion.

Zwar gab es in der Folge in Teilen des chinesischen Staatsapparates Bestrebungen, das zweigleisige Preissystem durch eine Schocktherapie zu überwinden. Allerdings betonten die Gegner der Schocktherapie, dass diese die strukturellen Ungleichgewichte und die ungeklärte Eigentumsfrage in China nicht wirklich adressierte. Statt über Preismechanismen musste ihrer Ansicht nach über die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Unternehmen diskutiert werden. Daher sollten Managementfähigkeiten verbessert und sozialistische Staatsunternehmen in Aktiengesellschaften überführt werden. Die Reformen sollten keinen Schock auslösen, damit die Bevölkerung optimistisch und produktiv gestimmt blieb und damit alle am Umbau der chinesischen Wirtschaft mitwirkten.

Als die Inflation im Jahr 1988 zum ersten Mal seit 40 Jahren außer Kontrolle geriet, gelangte die Idee der Schocktherapie zwar kurzfristig zurück in die Debatte. Die Inflation konnte jedoch innerhalb eines Jahres durch die stärkere Kontrolle des Staates über die wirtschaftlichen Kernaktivitäten überwunden werden. Erst in den 1990er Jahren konnten die neoklassischen Gegner die zweigleisige Preispolitik nach und nach überwinden. Zwar führten die Preisliberalisierungen der Jahre 1992/93 dazu, dass die Inflation das Wirtschaftswachstum überstieg. Von einer möglichen Hyperinflation und einer Schocktherapie war China aber auch zu diesem Zeitpunkt weit entfernt. Der chinesische Staat nimmt bis heute an zentralen Stellen Einfluss auf die Wirtschaft und wuchs durch einen graduellen Reformprozess über mehrere Jahrzehnte hinweg in den globalen Kapitalismus hinein.


buch|votum

Vielen Ländern wurde nach Wirtschaftskrisen oder beim Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft eine Schocktherapie empfohlen. Diese ist jedoch weniger effektiv als oft behauptet wird, was wir auch an der Erfahrung in Ostdeutschland sehen können. Schocktherapien führen zu Wirtschaftskrisen und nicht selten auch zu politischer Instabilität und damit zu längeren Erholungsphasen. Mit ihrem Einblick in chinesische Preiskontrollen bietet Weber wertvolles Anschauungsmaterial dafür, welche Möglichkeiten der Staat jenseits von freiem Markt und Planwirtschaft hat, um neue Wege zur Gestaltung des Wirtschaftsgeschehens zu gehen. Wie wichtig dies ist, zeigen die Parallelen der damaligen und heutigen Herausforderungen. Denn nicht nur die Kriegszeiten, in denen wir uns aktuell in Europa wieder befinden, sondern auch die ökologische und die digitale Transformation zwingen Staat und Gesellschaft dazu, neu über die Gestaltung der Wirtschaft nachzudenken. Wie Weber zeigt, lohnt es sich, wirtschaftspolitische Krisen genau zu studieren, um passgenaue politische Antworten zu finden, die Schocktherapien und wirtschaftliches Elend vermeiden können.

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Verlag: Suhrkamp
Erschienen: 17.04.2023
Seiten: 544
ISBN:978-3-518-43127-6

Ausgezeichnet mit dem Hans-Matthöfer-Preis 2024

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