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Die FES als kollektives Gedächtnis der Sozialen Demokratie hat sich mit einer Stellungnahme an der öffentlichen Konsultation im Rahmen der Evaluierung des Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetzes (UrhWissG) beteiligt. Darin machen wir darauf aufmerksam, welche Schwierigkeiten sich aus dem Urheberrecht für die Archivierung von Online-Inhalten ergeben. Warum das Urheberrecht für Archive und Bibliotheken so eine große und oft hinderliche Rolle spielt, umreißt dieser Blogbeitrag.
Bild: Urheberrecht
In Gedächtnisinstitutionen wie Archiven und Bibliotheken wird schon immer urheberrechtlich geschütztes Material aufbewahrt und zur Verfügung gestellt. In Bibliotheken liegt das ohnehin auf der Hand, aber auch in Archiven kann selbst in einer klassischen Akte ein urheberrechtlich geschütztes Bild oder ein Gutachten liegen. Dabei spielt auch eine Rolle, dass schon geringe Schöpfungshöhe ausreichen kann, dass ein Objekt unter Urheberschutz steht.
Auch in analogen Zeiten stellten sich in Archiven und Biblioheken immer wieder urheberrechtliche Fragen, insbesondere, wenn es um die Nutzung ging. Die typische Frage war dabei: Wie viel dürfen Nutzer_innen kopieren? Zumindest das Sichern ist analog aber kein Problem. Wenn ein Archiv eine Kiste mit Akten übernimmt, wird nichts vervielfältigt.
Der Prozess der Archivierung digitaler Objekte dagegen besteht grundlegend aus Kopiervorgängen: Wenn ein Archiv digitales Material übernimmt, werden Kopien angelegt. Um diese Quellen sicher zu erhalten, werden Kopien angelegt. Um sie einem Nutzer oder einer Nutzerin zugänglich zu machen, werden Kopien angelegt.
Kopien fallen als Vervielfältigungen unter das Urheberrecht – womit Archive und Bibliotheken vor grundsätzlich neuen rechtlichen Problemen stehen. Bei den Anpassungen des Urheberrechts im Zuge des UrhWissG sind dabei einige Verbesserungen geschaffen worden. Nach den neuen Regelungen haben Archive z.B. das Recht, Kopien für die digitale Bestandserhaltung anzulegen. Auch für die Übernahme von elektronischen Akten gibt es Festlegungen.
Es gibt aber weiterhin viele Bereiche, die für Archive und Bibliotheken unklar, ungünstig oder unrealistisch geregelt sind. Ein großes Problem stellt die Archivierung von Online-Inhalten dar, insbesondere von Social Media. Ein Blick in den gegenwärtigen Wahlkampf dürfte genügen, um deutlich zu machen, dass hier Inhalte liegen, die für zukünftige Forschungen relevant sein werden. Zig Millionen Menschen kommunizieren, informieren und organisieren sich dort. Es ist der Auftrag von Archiven und Bibliotheken, solche Quellen im öffentlichen Interesse zu sammeln, zu bewahren und Nutzer_innen zugänglich zu machen. Dass bei der Zugänglichmachung gegebenenfalls Fristen einzuhalten sind, ist für Archive kein neuer Umstand. Der Umgang mit Schutz- und Sperrfristen ist hier traditionell üblich.
Momentan fehlt es aber schon an der klaren rechtlichen Grundlage dafür, diese oft flüchtigen Inhalte überhaupt zu sichern. Denn viele der Inhalte auf diesen Kanälen sind urheberrechtlich geschützt – und nur die Deutsche Nationalbibliothek hat die eindeutige gesetzliche Grundlage dafür, diese Inhalte trotzdem übernehmen zu dürfen. Aktuell können deshalb private Unternehmen darüber entscheiden, wer Zugang zu diesen Daten hat. Und es hängt vom Fortbestehen dieser Unternehmen und ihrer Firmenpolitik ab, ob es diese Daten und einen Zugang zu diesen Daten auch in der Zukunft geben wird.
Trotz der unklaren rechtlichen Lage bemühen sich bereits Gedächtnisinstitutionen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Inhalte aus Social Media zu sichern. Basis dafür sind meist Einzelverträge mit Personen oder Organisationen, deren Kanäle so gesichert werden können. Doch für umfassendere Archivierungsansätze fehlt die Grundlage. Auch der offene Austausch zwischen den Institutionen wird gehemmt. Das ist gerade im Bereich der Digitalen Langzeitarchivierung ein großes Manko, da man hier auf Zusammenarbeit und die gemeinsame Entwicklung von Open-Source-Tools und Standards angewiesen ist.
Das Archiv der sozialen Demokratie hat deshalb im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Stellungnahme im Rahmen der Evaluierung des UrhWissG eingereicht, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen. Wie aus den zahlreichen anderen Einreichungen von Gedächtnisinstitutionen deutlich wird, sind die Online-Inhalte nicht der einzige Bereich, in dem im Urheberrecht nachgebessert werden muss. Gerade auch im Bereich der Nutzung von Quellen und Literatur bestehen weiterhin zu hohe Hürden.
Wir hoffen, dass die Nachbesserungen dafür sorgen werden, dass wir und die anderen Gedächtnisinstitutionen unsere Aufgabe erfüllen können, für jetzige und zukünftige Forschergenerationen und Bürger_innen Inhalte zu bewahren und zukünftig zur Verfügung stellen können.
Annabel Walz
Eike Alexander von Boetticher, Die Auswirkungen in der aktuellen Urheberrechtsreform auf Archive, in: RuZ - Recht und Zugang 2.2 (2021), S. 114 – 126, DOI: 10.5771/2699-1284-2021-2-114.
Paul Klimpel, Fabian Rack, John H. Weitzmann, Neue rechtliche Rahmenbedingungen für Digitalisierungsprojekte von Gedächtnisinstitutionen, 4., gänzlich neu bearbeitete Auflage, Berlin 2017, DOI: 10.12752/2.0.002.3.
Paul Klimpel (Hrsg.), Mit gutem Recht erinnern. Gedanken zur Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen des kulturellen Erbes in der digitalen Welt, Hamburg 2018, DOI: 10.15460/HUP.178.
Eric W. Steinhauer, Das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes – Ein Überblick zu den geplanten Regelungen für Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen, in: RuZ - Recht und Zugang 2.1 (2021), S. 5 – 26, DOI: 10.5771/2699-1284-2021-1-5.
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