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Hybrides Scannen – neue Möglichkeiten für die Aktendigitalisierung

Zwei neue Maschinen im Digitalisierungszentrum des AdsD: Ein neues Scansystem wird zukünftig dabei helfen, schneller hochqualitative Digitalisate anfertigen zu können.

Seit vielen Jahren wird in Bibliothek und Archiv der sozialen Demokratie analoges Archiv- und Bibliotheksgut digitalisiert. Der Schwerpunkt lag dabei bislang auf Bibliotheksgut, insbesondere Zeitungen, z.B. in einem großen Projekt zur Digitalisierung der historischen Presse der deutschen Sozialdemokratie­­. Das verbreitetste Archivgut im Schriftgutbereich, die Akte, ist dagegen bislang noch seltener über den Scanner gegangen. Neben rechtlichen Gründen liegt das daran, dass die Digitalisierung von Akten aufgrund der Heterogenität des Materials eine besondere Herausforderung darstellt: Eine Akte kann aus Dokumenten aus den unterschiedlichsten Formaten bestehen. So liegen beispielsweise Schriftstücke wie Korrespondenzen oder Finanzunterlagen oft im DIN-A4-Format als einzelne Blätter vor. Dazwischen können sich aber auch kleinere Postkarten oder Notizzettel befinden, häufig nicht nur lose zwischen Dokumenten, sondern an die dazugehörigen Dokumente getackert oder geheftet. Um diesen vielfältigen Herausforderungen gerecht zu werden, kommt jetzt ein hybrides Scansystem zum Einsatz, das es ermöglicht, solche „Wundertüten“ schonend und zugleich schnell zu digitalisieren.

Die neue Technik

Das neue Scansystem besteht aus zwei Scannern, einem Aufsichtsscanner und einem Einzugsscanner. Bei Aufsichtsscannern werden die Materialien mit der zu scannenden Seite nach oben auf eine Oberfläche gelegt und von oben eingescannt, ohne dass das Material in Berührung mit der Maschine kommt. Diese Methode ist also besonders schonend. Bei Einzugsscannern dagegen werden die Materialien eingezogen, ähnlich wie bei einem Kopierer, allerdings mit besonderen technischen Vorkehrungen, um eine möglichst behutsame Verarbeitung der wertvollen Unterlagen zu sichern.

Bei dem neuen Aufsichtsscanner handelt es sich um einen klassischen Scanner der Kulturgutdigitalisierung, einen book2net ULTRA A2+ Scanner. Er ist speziell für die Digitalisierung von großformatigen (bis DIN A2), fragilen oder gebundenen Materialien konzipiert und eignet sich deshalb in besonderem Maße für die Bearbeitung von historischen Büchern, Karten und anderen Vorlagen, die nicht durch einen Einzugsscanner verarbeitet werden könnten, ohne Schaden zu nehmen. Dank seiner hohen Scanauflösung und der schonenden Beleuchtung werden selbst feinste Details erfasst, ohne das Material physisch zu belasten.

Der Einzugsscanner, ein book2net SCAMIG 120 Plus, ist hingegen für die schnelle Verarbeitung von standardisierten, ungebundenen Dokumenten prädestiniert. Ob es sich um Briefe, Verträge oder andere Dokumente im DIN-A4-Format handelt, dieser Scanner ermöglicht eine hohe Durchlaufgeschwindigkeit bei gleichbleibender Qualität. Die automatische Zuführung und Ausrichtung sparen Zeit und Ressourcen, womit in Zukunft die Quantität der erstellten Digitalisate erhöht werden kann, ohne qualitative Abstriche machen zu müssen. Die Materialien werden über ein spezielles Bandsystem durch den Scanner geführt. Das Papier wird dabei auf die Bänder gelegt und von beiden Seiten fixiert. Dadurch ist die Kraft, die auf das Papier wirkt, auf die ganze Fläche verteilt, wodurch das Papier besonders schonend transportiert werden kann.

Die beiden Scanner können gemeinsam über einen PC mit spezieller Scansoftware gesteuert werden. Die Scans werden dort in Jobs abgespeichert, die die Scans in der gleichen Reihenfolge anzeigen, wie sie in der analogen Akte vorliegen. Da es sich in der Regel um heterogene Materialien handelt, ist es wichtig, nahtlos zwischen beiden Scannern wechseln zu können, ohne die Reihenfolge der Dokumente durcheinander zu bringen. Die Kombination beider Geräte ermöglicht eine bisher ungekannte Flexibilität in der Digitalisierung. Für die bereits angesprochenen „Wundertüten“ bedeutet dies, dass nicht nur eine bestandsschonende, sondern auch eine schnelle Digitalisierung vorgenommen werden kann.

Das Hybride im hybriden Scansystem

Ein praktisches Beispiel für die Kombination beider Scanner bietet die Digitalisierung eines Nachlasses, der sowohl aus persönlichen Briefen und Dokumenten als auch aus gebundenen Tagebüchern und großformatigen Zeichnungen besteht. Die Briefe und Dokumente können effizient mit dem Einzugsscanner digitalisiert werden. Für die gebundenen Materialien und Zeichnungen ist dagegen der Aufsichtsscanner erforderlich, der großformatige Vorlagen verarbeiten kann und mit einer Buchwippe ausgestattet ist. Eine Buchwippe besteht aus einer anpassbaren Halterung, die das Buch so unterstützt, dass es beim Scannen offen bleibt, ohne den Buchrücken zu beschädigen. Dadurch können beide Seiten des Buches gleichzeitig gescannt werden, während das Buch sicher gehalten wird.

Da eine Akte in der Regel nicht nach Materialen aufgeteilt ist, muss bei der Digitalisierung einer Akte mehrmals zwischen den Scannern gewechselt werden, um die Reihenfolge der Überlieferung beizubehalten. Weil die Scans durch die Software direkt in einem Job zusammengefasst werden, wird der komplette Inhalt der Akte digital in der richtigen Reihenfolge wiedergegeben wird. Ein nachträgliches Zusammenfügen entfällt somit. Bevor eine Akte digitalisiert wird, muss jedoch immer eine Prüfung vorgenommen werden, um einschätzen zu können, welcher Scanner für welchen Inhalt der Akte ausgewählt werden kann.

Bestandsschutz vor Geschwindigkeit

Der Schlüssel zu einer bestandsschonenden und schnellen Digitalisierung liegt demnach in der Auswahl des richtigen Scanners für das jeweilige Material. Hierfür sind die Expertise und die Erfahrung des Personals von besonderer Bedeutung. Da es sich um ein für uns neues System handelt, haben wir zunächst umfangreiche Tests durchgeführt, um die Fähigkeiten und Grenzen, besonders die des Einzugsscanners, zu testen. Diese Tests waren darauf ausgerichtet, herauszufinden, welche Arten von Vorlagen der Scanner effizient und ohne Risiko für das Material verarbeitet kann. Durch die Bewertung verschiedener Papiertypen – von dünnem Papier aus der Nachkriegszeit oder Durchschlagspapier über stärkere Vorlagen wie beispielsweise Karteikarten – konnten wir ein klares Bild davon gewinnen, für welche Papierarten der Einzugsscanner besonders geeignet ist. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem Beschädigungen des Papiers eine Gefahrenquelle darstellen. Beschädigte Unterlagen müssen daher auf dem Aufsichtsscanner bearbeitet werden.

Ausgehend von diesen Erfahrungen haben wir gemeinsam einen Workflow entwickelt, der eine umfassende Prüfung vor jeder Digitalisierung vorsieht, um zu bestimmen, welcher Inhalt für welchen Scanner am besten geeignet ist. Diese Entscheidung basiert auf mehreren Faktoren, darunter die physische Beschaffenheit des Materials, das Ausmaß bereits vorhandener Beschädigungen, wie beispielsweise Risse im Papier, und die vorliegenden Papierformate. Akten, die digitalisiert werden, sind üblicherweise vorher bereits für die Archivierung technisch bearbeitet worden. Das bedeutet u.a., dass Materialien entfernt werden, die den Verfall des Papiers begünstigen können – so werden z.B. Metallteile wie Büroklammern, Tackernadeln und Kunststofffolien entfernt. Solche Materialien sind auch problematisch für die Digitalisierung mit dem Einzugsscanner. Die Prüfung der Akten vor der Digitalisierung dient auch dazu, eventuell übersehene Materialien zu entfernen und unbeabsichtigt zusammenhängende Blätter voneinander zu lösen. Dieser methodische Ansatz der Vorprüfung und sorgfältigen Auswahl sorgt für größere Effizienz des Digitalisierungsprozesses und schützt das wertvolles Archivgut vor potenziellen Schäden.

Gute Digitalisierungsaussichten

Mit der Einführung des hybriden Scansystems wurde ein wichtiger Schritt in der Weiterentwicklung der Digitalisierungsprozesse im Archiv der sozialen Demokratie vollzogen. Die Kombination aus verschiedenen Scannern verbessert die Effizienz der Digitalisierung, ohne den Bestandsschutz zu vernachlässigen. In Zukunft kann somit mehr Archiv- und Bibliotheksgut digitalisiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Nils Heun


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