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Am 19. April 1973 gründeten portugiesische Sozialist_innen mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bad Münstereifel den Partido Socialista. Nach dem Putsch vom 25. April 1974 konnte sich der Partido Socialista zu einer der wichtigsten Volksparteien in Portugal und Akteur für die Demokratie in Portugal entwickeln.
Bild: Gründungsmitglieder des PS in Bad Münstereifel; Rechte: Fundação Mário Soares.
Bild: FES-Heimvolkshochschule "Haus Münstereifel"; Rechte: AdsD [6/FOTB063392].
Bild: Geschäftsführer der FES Günter Grunwald und Mário Soares beim Empfang der Friedrich-Ebert-Stiftung anlässlich der ILO (Internationale Arbeitsorganistion) in Genf, 16.06.1972; Rechte: AdsD [6/FOTA140437].
Bild: Wahlplakat des PS mit Mário Soares, um 1975; Rechte: nicht ermittelbar [6/PLKA040645].
Bild: Willy Brandt und Mário Soares, 19.05.1976; Rechte: J.H. Darchinger/Friedrich-Ebert-Stiftung [6/FJHD004611].
Die Sozialistische Partei Portugals, also der Partido Socialista (PS), ist aus der Portugiesischen Sozialistischen Aktion, der Acção Socialista Portuguesa (ASP), hervorgegangen, die 1964 von Mário Soares, Manuel Tito de Morais und Francisco Ramos da Costa in Genf gegründet wurde. Bei der ASP handelte es sich um eine Gruppe von demokratischen Gegner_innen der rechtsgerichteten Diktatur des sogenannten Estado Novo von António de Oliveira Salazar (Ministerpräsident von 1933 bis 1968) und Marcello Caetano (Ministerpräsident von 1968 bis 1974). Die Gruppe kritisierte die Kolonialpolitik und die Unterdrückungsmechanismen der staatlichen Geheimpolizei, zu denen u.a. Zensur und die Verfolgung politischer Gegner_innen zählten. Schon 1964 nahm die ASP Kontakt zur Sozialistischen Internationale (SI) und somit auch zu sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien aus anderen europäischen Ländern auf. Soares, wurde von seinen Anhänger_innen als der natürliche Anführer der Gruppe wahrgenommen.
Die ersten Kontakte der ASP zur SPD und zur FES sind auf die Jahre 1965 und 1966 zurückzuführen. Diese Kontakte intensivierten sich mit der Amtsübernahme von Caetano, der 1969 als neuer Ministerpräsident von Portugal u.a. Soares die Rückkehr aus dem Exil ermöglichte. 1972 wurde die ASP Mitglied der SI, wodurch sie engere Kontakte zu anderen sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Europas, wie z.B. dem Partito Socialista Italiano aufbauen konnte.
Die FES unterstützte die ASP in vielerlei Hinsicht, so z.B. bei der Finanzierung der Kulturgenossenschaften Cooperativa de Estudos e Documentação in Lissabon und Coordenadas – Cooperativa Cultural de Estudos e Documentação in Porto oder der Tageszeitung República, welche sich zum Sprachrohr der demokratischen Gegner_innen des autoritären Regimes des Estado Novo entwickelte. Darüber hinaus ermöglichte die FES Stipendienprogramme, durch die politisch engagierte Studierende aus Portugal die Gelegenheit bekamen, in der Bundesrepublik Deutsch- und Studienkurse zu belegen. Den Höhepunkt der Zusammenarbeit der FES und der SPD mit der ASP stellte die Gründung des PS, bzw. die Umwandlung der ASP in den PS 1973 in Bad Münstereifel dar.
Bereits im Januar 1973, bei einem Treffen der ASP-Mitglieder in der Kulturgenossenschaft in Lissabon, welches von Gustavo Soromenho geleitet wurde, gab es die ersten ernsthaften Überlegungen, die ASP in eine Partei umzuwandeln. Die Umwandlung der Gruppe in eine Partei sollte dazu führen, dass die portugiesischen Sozialist_innen auf der internationalen Bühne von Partner_innen wie der SPD ernster genommen würden und bei den Treffen der SI nicht nur den Beobachter-Status haben sollten. Mit der Parteigründung und dem damit erhofften Anstieg der Sichtbarkeit war allerdings auch das Risiko einer härteren Verfolgung durch die portugiesische Geheimpolizei verbunden. Die Umwandlung der ASP in eine Partei wurde folglich zu einer Debatte, die zu ständigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Befürworter_innen im Exil und den Sozialist_innen in Portugal, die einem höheren Risiko ausgesetzt waren, führten. Somit endete das Treffen im Januar damit, den Status Quo vorerst beibehalten zu wollen; die Führungsleute der ASP drängten jedoch weiterhin auf die Gründung einer Partei. In Portugal konnte ein dafür notwendiges Diskussionstreffen in entsprechender Größenordnung aufgrund der strikten Unterdrückungsmechanismen nicht organisiert werden. Infolgedessen nahm Soares Kontakt zu Elke Esters (heute Elke Sabiel), der Leiterin des Lateinamerika-Referats der Internationalen Abteilung der FES auf, die ab 1967 Projekte mit Bezug zur Iberischen Halbinsel betreute. Noch Ende Januar 1973 wurden die ersten Vorbereitungen für den ASP-Kongress in Bad Münstereifel getroffen, woraufhin es Anfang Februar des gleichen Jahres zu einem Treffen zwischen Esters und Soares in Paris kam.
Die portugiesischen Sozialist_innen und die FES vereinbarten die Veranstaltung eines großen ASP-Kongresses in der Bildungs- und Tagungsstätte Haus Münstereifel, welche später in Kurt-Schumacher-Akademie umbenannt wurde und bis Ende 2014 für die FES in Betrieb war. Die FES übernahm die Reisekosten für die portugiesischen Sozialist_innen, die sowohl in Portugal als auch im Exil lebten und vom 16. bis zum 21. April 1973 an der Klausurtagung in Bad Münstereifel teilnahmen. Schon im Vorfeld wurde die Grundlinie festgelegt, dass der Kongress in Bad Münstereifel geheim bleiben musste, um mögliche Passentzüge der Sozialist_innen, die aus Portugal in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen sollten, zu verhindern.
Am 17. April 1973 wurde die Kongressarbeit von 27 Delegierten der ASP in Bad Münstereifel aufgenommen. An diesem Tag hielt Soares eine Rede über den Notstand in Portugal und die Notwendigkeit der Gründung einer sozialistischen Partei. Am 19. April 1973 kam es zur entscheidenden Abstimmung, bei der sich 20 Delegierte der ASP für und sieben Stimmen gegen die Umwandlung der ASP in den PS entschieden. Die Grundsatzerklärung des PS wurde im August 1973 verabschiedet. Diese Grundsatzerklärung bekräftigte den Sozialismus in Freiheit, während sie gleichzeitig auf eine klassenlose Gesellschaft abzielte. Die Grundsätze der Partei spiegelten somit einen Kompromiss zwischen dem westeuropäischen parlamentarischen System und einer Strategie des Bruchs mit der kapitalistischen Organisation der Wirtschaft wider. Anführer der Partei blieb weiterhin Soares.
Am letzten Tag des Kongresses in Bad Münstereifel nahm auch der Leiter der Internationalen Abteilung des SPD-Parteivorstands Hans-Eberhard Dingels teil, doch dies änderte zunächst nichts an der traditionell diskreten und kalkuliert distanzierten Haltung der SPD gegenüber Soares und seinen Anhänger_innen. Die Kontakte zwischen den portugiesischen Sozialist_innen und der bundesdeutschen Sozialdemokratie liefen weiterhin primär über die FES. Zu einer Annäherung zwischen dem PS und der SPD kam es u.a. erst, nachdem der hochrangige portugiesische General António de Spínola die Monographie Portugal e o Futuro veröffentlichte, in der er zur Erkenntnis kommt, dass der portugiesische Kolonialkrieg in Afrika aussichtslos und die Regierung unfähig sei, eine politische Lösung zu finden. Das Regime schien folglich geschwächt. Zeitgleich bat Esters den FES-Geschäftsführer Günter Grunwald hartnäckig darum, Druck auf den SPD-Vorstand auszuüben, eine Delegation des PS in Bonn zu empfangen. Nachdem sich Soares, Dingels und seine Sekretärin Veronika Isenberg am 6. April 1974 bei einer Veranstaltung in der Volkshochschule Köln trafen, sollte es schließlich am 25. April 1974 zu einem Treffen zwischen Soares und Willy Brandt kommen. Soares, der bereits seit dem 23. April in Bonn war und in den Jahren zuvor immer wieder vergeblich versucht hatte, ein Treffen mit Brandt und Abgeordneten der SPD zu vereinbaren, konnte nicht teilnehmen. Er reiste noch am selben Tag zurück nach Lissabon, wo sich an diesem 25. April 1974 der Staatsstreich ereignete, der die Nelkenrevolution auslösen sollte.
Nach den Ereignissen vom 25. April 1974 erhielt der PS für seinen Parteiaufbau und Wahlkampf nun auch zunehmend Unterstützung durch die SPD. Der Kontakt zu Brandt, dem späteren Präsidenten der SI, trug außerdem dazu bei, das Ansehen von Soares international weiter zu steigern.
Zwischen dem 25. April 1974 und den Parlamentswahlen vom 25. April 1976 etablierte sich der PS zur stärksten Volkspartei in Portugal und spielte eine essenzielle Rolle für die Entwicklung der hiesigen Demokratie. Durch den engen Kontakt, der bereits vor 1974 zwischen den portugiesischen Sozialist_innen und der FES gepflegt wurde, hatte die SPD gegenüber anderen Parteien aus der Bundesrepublik den Vorteil, unmittelbar nach dem Putsch über eine offizielle politische Partner-Partei zu verfügen.
Nélson Pereira Pinto
Literatur
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