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Die EU will ihre Finanzhilfen an demokratische Grundwerte in den Mitgliedsstaaten knüpfen. Doch Strafen sollten künftig mit positiven Anreizen für mehr Demokratie einhergehen.
Bild: People United von ndanko / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0
Wenn die EU-Staats- und Regierungschefs sich Ende Juni in Brüssel treffen, wird es neben drängenden Fragen in Sachen Migrationspolitik auch darum gehen, was die Mitgliedsstaaten leisten müssen, wenn sie in Zukunft EU-Mittel erhalten. Zusammen mit dem Entwurf für den Haushalt von 2021 bis 2027 plant die Kommission, die Zahlungen künftig an Bedingungen zu knüpfen: Sollte sie feststellen, dass ein Land die Ansprüche an Rechtsstaatlichkeit nicht erfüllt, will sie die Mitgliedsstaaten darüber abstimmen lassen, ob Mittel aus den Investitions- und Strukturfonds weiter an das jeweilige Land fließen sollen. Erste Kandidaten für eine derartige Strafe sind Polen mit seiner umstrittenen Justizreform und Ungarn, das unter anderem wegen Korruption und eingeschränkter Meinungsfreiheit in der Kritik steht. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat bereits Widerstand angekündigt, auch aus Polen kommt Gegenwehr.
Mit ihrem Vorschlag muss sich die Kommission den Vorwurf gefallen lassen, sie habe es vor allem auf die Kleinen im Osten und Süden abgesehen. Fallen EU-Mittel weg, trifft dies besonders diejenigen, die als Nettoempfänger am meisten von der Union profitieren — 2016 waren das Polen, Rumänien, Griechenland und Ungarn. Gleichzeitig rütteln Populisten überall in Europa am demokratischen Gefüge und stellen grundlegende Werte der EU infrage. Eine Expertengruppe der Friedrich-Ebert-Stiftung empfiehlt daher in der Studie „Das andere Demokratiedefizit : Wie die EU Demokratie in ihren Mitgliedstaaten schützen kann“ zweierlei: nicht nur wirksamere Strafen zu etablieren, sondern auch mehr Anreize zu schaffen, damit rechtsstaatliche Prinzipien dauerhaft in allen Mitgliedsstaaten verankert sind.
So sollen demnach bei Verstößen gegen die EU-Grundwerte nicht nur Mittel aus den Investitions- und Strukturfonds gekürzt oder gestrichen werden, sondern auch aus anderen Förderprogrammen. Die Experten nennen hier „Horizont 2020“, mit dem die EU Forschungs- und Innovationsprojekte unterstützt, oder „LIFE“, das Gelder für Vorhaben im Umwelt- und Klimaschutz bereitstellt. Um zu überprüfen, wie es um die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedsländern steht, schlagen die Expert_innen außerdem einen Monitoring-Mechanismus vor. Geraten bestimmte demokratische Werte in einem Mitgliedsstaat unter Beschuss, sollen diese auch in den anderen EU-Ländern untersucht und die Ergebnisse miteinander verglichen werden. Auf diese Weise stünde die Kritik auf einer breiten Datenbasis, Defizite würden als gemeinsames Anliegen begriffen.
Darüber hinaus raten die Expert_innen, die EU-Grundwerte auch bei den europäischen politischen Parteien (EuPP) systematisch in den Blick zu nehmen. Übernehmen könnte dies ein extra geschaffenes Team der neuen Behörde für europäische politische Parteien und Stiftungen. Zudem sollten die EuPP weniger als Dachorganisationen ihrer Mitgliedsparteien wirken, sondern diese als Machtverteiler auch direkt beeinflussen können. Möglich wäre das einerseits, wenn die EuPP sich in Wahlen länderübergreifend um Stimmen bewerben und damit Mandate vergeben könnten. Verstößt andererseits eine Mitgliedspartei gegen demokratische Werte, sollte die EuPP sie nicht nur aus ihrem Verbund, sondern auch aus der Fraktion im EU-Parlament ausschließen dürfen.
Daneben empfehlen die Expert_innen, demokratische Werte auch innerhalb der Bevölkerung stärker ins Bewusstsein zu rufen. Eine wesentliche Rolle kommt dabei neben unabhängigen Medien den NGOs zu, die aus der Sicht der Fachleute gezielter unterstützt werden müssten. Mit einem „European Values Instrument“ (EVI) sollen demnach Organisationen finanziell gefördert werden, die in ihrem Land politische Debatten bereichern, Fälle von Machtmissbrauch vor Gericht bringen oder investigativen Journalismus unterstützen. Der Fonds von mindestens zwei Milliarden Euro über sieben Jahre hinweg soll ausgleichen, was den NGOs an nationalen Mitteln fehlt — entweder weil Gelder wegen der Finanzkrise oder wie etwa in Polen oder Ungarn aus politischen Gründen gekürzt wurden.
Ansprechpartnerin in der Stiftung
Juliane Schulte
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