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Für eine klare Stimme auf der Weltbühne: Die Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU braucht neue Impulse.
Bild: Schach spielen von rclassen / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0
Europa, so wird gerne gesagt, sei durch Krisen immer entscheidend vorangekommen. Mag das für den Wirtschafts- und Währungsraum – lässt man Forderungen nach einer europäischen Sozialpolitik einmal beiseite – stimmen, fallen die Fortschritte bei der durch den Vertrag von Maastricht 1992 etablierten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik überschaubar aus. Ausgehend von den Jugoslawienkriegen der 1990er-Jahre wuchs das Bewusstsein für die Unerlässlichkeit einer substantiellen gemeinsamen Außenpolitik, die Europas Nachbarregionen stabilisieren und globale Konflikte eindämmen sollte. Allerdings zeigte jede Krise vom Irak über Libyen bis zu Syrien und der Bekämpfung von Fluchtursachen und Terrorismus diesem Ehrgeiz seine Grenzen auf.
Während die europäische Wirtschaftspolitik supranational gestaltet ist und das Europaparlament einbezieht, bleibt die Außen- und Sicherheitspolitik zwischenstaatlich organisiert und wiederum von der Verteidigungspolitik getrennt. Mit dem Vertrag von Lissabon wurden 2009 zwar das Amt des Hohen Vertreters für Außen- und Sicherheitspolitik und ein europäischer diplomatischer Dienst geschaffen. Das ändert aber nichts daran, dass Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten einstimmig gefällt werden müssen und das Parlament höchstens konsultative Funktion hat. Wenig überraschend ist Außen- und Sicherheitspolitik auch bei den anstehenden Europawahlen keines der zentralen Themen.
Hinzu kommen die eigenen Krisen, die zwangsläufig mit mehr Selbstbeschäftigung der EU einhergehen: Brexit, Populismus, „illiberale Demokratie“. Die innereuropäischen Turbulenzen machen es nicht nur schwieriger für die EU, mit einer Stimme zu sprechen. Der Brexit bedeutet außerdem, dass der EU ein Mitglied von großem sicherheitspolitischen Gewicht verloren geht. Hier trafen allerdings auch unterschiedliche politische Ansätze aufeinander: Großbritannien betonte gemeinsam mit Frankreich gerne die militärische Komponente einer europäischen Sicherheitspolitik bis hin zu Interventionen, Deutschland reagierte darauf zurückhaltend und zielte auf die Stärkung supranationaler Institutionen. Die Diskussion, ob Europa eine gemeinsame Armee braucht oder als Wertegemeinschaft vor allem als „normative Macht“ globalen Einfluss entfalten soll, dauert an. Ambitionen und Kapazitäten unterscheiden sich jedenfalls stark zwischen den Mitgliedstaaten.
Bei der Veranstaltung "Global Player EU? Europas Rolle in einer Welt im Wandel" des Landesbüros Hessen der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kassel plädierte der SPD-Bundestagsabgeordnete Timon Gremmels dafür, Europa zunächst intern als Wertegemeinschaft zu stärken und die Bevölkerung dafür zu mobilisieren. Annegret Bendiek von der Stiftung Wissenschaft und Politik wies auf einen Paradigmenwechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik hin, der bescheidenere Ziele setzt: Europa soll nicht mehr die Welt befrieden und seine Nachbarstaaten demokratisch transformieren, sondern eigene Widerstandsfähigkeit aufbauen gegenüber Krisen, die durch Migration, Terrorismus, Klima oder Cyberattacken drohen. Dieses Konzept führte die 2016 vorgestellte „globale Strategie“ der EU ein. Kleinere Ambitionen in der Außen- und Sicherheitspolitik erscheinen einerseits vernünftig, um die damit verbundenen Ziele überhaupt erreichen zu können. Andererseits werden die globalen Herausforderungen größer: Die USA fordern mehr Militärausgaben von Europa, China baut an seiner neuen Seidenstraße und umgarnt damit auch EU-Mitglieder. Europas Selbstbeschäftigung ist daher zu dem Erfolg verdammt, den Zusammenhalt herzustellen, der auch für bescheidenere außenpolitische Ziele und in der Folge für die Einstimmigkeit im zwischenstaatlichen Entscheidungsverfahren unabdingbar ist.
Ansprechpartner in der Stiftung
Martin Gräfe
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