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Dieses Projekt „Auf dem Weg zur klimaneutralen Gesellschaft - Eine nordisch-deutsche Gewerkschaftskooperation für den gerechten Strukturwandel“ stellt eine Kooperation zwischen dem Nordischen Gewerkschaftsrat (NFS), der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) dar.
Vertreten durch den Nordischen Gewerkschaftsrat (NFS) sind im Projekt 13 nationale Gewerkschaftsverbände innerhalb des NFS aus fünf nordischen Ländern: Dänemark (FH, Akademikerne), Finnland (SAK, STTK), Island (ASÍ, BSRB, BHM), Norwegen (LO-N, Unio, YS) und Schweden (LO-S, TCO, Saco).
Insgesamt sind sechs Länderberichte über den Weg zu einem gerechten Strukturwandel von den teilnehmenden Ländern (Dänemark, Finnland, Deutschland, Island, Norwegen und Schweden) ausgearbeitet worden.
Jeder enthält eine Analyse der Klimapolitik des jeweiligen Landes, der ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen, sowie eine Auswertung der betreffenden nationalen Instrumente und liefert europäische Standpunkte. Die wichtigsten Ergebnisse der Länderberichte werden in einer Synthese zusammengefasst.
Diese enthält politische Empfehlungen, die den Wandel in eine klimaneutrale Gesellschaft und eine gerechte und nachhaltige Volkswirtschaft unterstützen sollen.
Die Berichte und ihre Ergebnisse werden präsentiert und anhand einer Reihe von Ereignissen auf nationaler Ebene und im Hinblick auf die nordische und europäische Kooperation und auf internationaler Ebene erörtert.
FES
Philipp Fink
Director of the FES Office for the Nordic Countries
Philipp.Fink(at)fesnord.se
DGB
Frederik Moch
Director Structural Policy, Industry and Services at DGB
Frederik.Moch(at)dgb.de
NFS
Magnus Gissler
General Secretary of NFS
Magnus(at)nfs.net
Standpunkt des DGB-Chefs Reiner Hoffmann und des Präsidenten des nordischen Gewerkschaftsrats Antti Palola. weiter
Der Strukturwandel für eine klimaneutrale Zukunft ist eine der dringendsten ökologischen, sozial- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Dieses Projekt hat zum Ziel, die Strategien und Anforderungen für den Wandel zu einer klimaneutralen Gesellschaft aus der Sicht der Gewerkschaften herauszuarbeiten.
Die teilnehmenden Gewerkschaften verbindet die Vision, dass dieses Ziel nur dann erreicht werden kann, wenn die sozialen Kosten dieses Wandels gesellschaftlich entschärft werden.
Das heißt, dass die Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels auf das Ziel, gute Arbeits- und Lebensbedingungen sicherzustellen, abgestimmt sein müssen.
Die teilnehmenden Gewerkschaften haben daher nicht nur den Wandel zu einer Zukunft ohne fossile Brennstoffe ihrer jeweiligen Länder analysiert, sondern auch gemeinsame politische Empfehlungen auf nationaler und europäischer Ebene formuliert. Diese wurden im November und Dezember 2020 von dem jeweiligen Vorstand von DGB und NFS verabschiedet.
Die daraus folgenden Diskussionen und Debatten haben die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen der nordischen und der deutschen Gewerkschaftsbewegung über die gemeinsamen Herausforderungen und Lösungen gestärkt.
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In English
In Swedish
Die Richtlinien für einen gerechten Strukturwandel der ILO und die Prinzipien des Pariser Klimaabkommens basieren auf der Agenda für menschenwürdige Arbeit (Decent Work Agenda) der ILO. Sie müssen in die EU-Rechtsrahmen und die nationalen Klimaschutzgesetze integriert werden.
Gute Arbeit heißt damit, dass bei der Entwicklung der Klimapolitik die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Rechte am Arbeitsplatz, die soziale Absicherung und der soziale Dialog berücksichtigt werden müssen. Dies wird auch in dem Slogan für den European Green Deal deutlich: „Leaving no one behind”.
Politiker und politische Entscheidungsträger müssen deshalb einen ganzheitlichen Ansatz wählen, der die Beschäftigten in den Mittelpunkt der Klimapolitik und des Strukturwandels rückt. Jegliche Klimaschutzpolitik muss deshalb mit der Agenda für menschenwürdige Arbeit der ILO im Einklang stehen.
Wenn es um die Umsetzung der Klimaziele geht, müssen diese nicht nur mit der Energie- und Klimapolitik gekoppelt sein. Spezifische Maßnahmen in den Bereichen Wirtschaft, Bildung, Arbeitsmarkt und Gleichstellung sowie sektorspezifische Maßnahmen sind ebenfalls erforderlich, um die Rahmenbedingungen für den bevorstehenden Strukturwandel zu schaffen.
Wo auch immer Strukturwandel stattfindet, es sind immer Beschäftigte betroffen. Gewerkschaften müssen daher in die Vorbereitung, Überwachung und Aktualisierung der nationalen, sektorenspezifischen und regionalen Energie- und Klimaschutzpläne und -politiken einbezogen werden. Dies trifft auch auf die notwendigen Investitionen zur Unterstützung des Struktur- und Klimawandels zu, sowie auf die Auswirkungen der Klimapolitik auf Beschäftigung und deren Bedarf an neuen Qualifikationen.
Die Beteiligung der Gewerkschaften muss deshalb von den Staaten selbst und auch von der EU, der UNFCC, der ILO und von regionalen Kooperationen wie dem Nordischen Ministerrat gefördert werden.
Bildung, Berufsausbildung und lebenslanges Lernen sind für die Bewältigung des Strukturwandels von hoher Relevanz. Neue Kenntnisse, Kompetenzen und Qualifikationen - egal, ob diese von Arbeitgebern oder öffentlichen Einrichtungen angeboten werden - sind zentral. Sie bereiten die Beschäftigten auf neue Aufgaben und Arbeitsplätze vor und schaffen einen innovativen und nachhaltigen Arbeitsbereich. Klimapolitik muss mit Beschäftigungs- und Umschulungsanalysen verbunden sein, sowie mit speziellen Maßnahmen für eine erfolgreiche Steuerung des Strukturwandels.
Der Wechsel zu „grünen“ Arbeitsplätzen in neuen Sektoren als auch in etablierten Wirtschaftszweigen ist von zentraler Bedeutung. Wichtig ist dabei insbesondere, dass diese grünen Arbeitsplätze auch gute Arbeitsplätze sind. Eine gute Arbeit ist produktiv, bietet ein angemessenes Einkommen, eine soziale Absicherung und die Freiheit, die eigene Meinung frei äußern zu können, und sich zu organisieren. Zudem sichert sie Chancengleichheit und faire Behandlung für alle.
Beschäftigte sind diejenigen, die in ihrem Arbeitsumfeld Risiken erkennen und erleben. Dieses Wissen wird durch Gewerkschaften gesammelt. Es ist wichtig, dass dieses Wissen bei der Ausarbeitung neuer Gesetze berücksichtigt wird, um alle Arbeitsplätze sicherer zu machen. Wir wissen, dass die Transformation Millionen neuer Arbeitsplätze in ganz Europa schaffen wird. Wir wissen aber auch, dass diese neuen Arbeitsplätze neue Risiken für Beschäftigte bedeuten werden. Aus diesem Grund müssen neue Arbeitsplätze gut und sicher sein. Maßnahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz müssen ein Teil der zukünftigen Gesetzgebung sein.
Soziale Absicherung, die ihrem Namen gerecht wird, ist von entscheidender Bedeutung, um Beschäftigte und deren Familien beim Wechsel von einem Arbeitsplatz zum nächsten zu schützen. Einkommens- und Arbeitsplatzsicherheit erleichtern die Transformation für die Menschen. Denn Strukturwandel ist mit Unsicherheit verbunden, die nur durch eine gute soziale Absicherung verringert werden kann. Gute Arbeit für jeden muss deshalb ein europäisches und nationales Leitprinzip sein.
Klimaneutralität erfordert massive Investitionen. Diese werden sich auszahlen und helfen, den Planeten, die Wirtschaft und die Menschen zu schützen. Viele grüne Technologien haben Exportpotential. Sie werden das Wachstum ankurbeln und gute, grüne Arbeitsplätze schaffen.
Wenn private Investitionen zu kurz greifen, muss der Staat die Transformation durch Investitionen in die Zukunft der Wirtschaft und der Menschen proaktiv gestalten. Investitionen haben daher nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Dimension (z. B. soziale Absicherung, Umschulung).
Dies gilt auch auf europäischer Ebene. Finanzierungsinstrumente - wie Mechanismen, Fonds, etc. - müssen den Fokus auf Beschäftigte legen, die direkt und indirekt von der sozial-ökologischen Transformation betroffen sind. Die Finanzierungsinstrumente sollten sich auf die soziale Absicherung fokussieren und die Beschäftigung, Aus- und Weiterbildung sowie Mitbestimmung der Beschäftigten bei der Transformation fördern.
Gewerkschaften sollten in allen Phasen dieser Projekte vertreten sein. Bestehende Maßnahmen sollten unter dem Gesichtspunkt eines gerechten Strukturwandels bewertet werden. Europäische Vorschriften müssen im Einklang mit den Investitionen in den gerechten Strukturwandel auf nationaler Ebene sein.
Anreize für den technologischen Wandel müssen langfristig angelegt sein und klare Regeln für den Stand der Technik in den verschiedenen Sektoren vorgeben, damit Arbeitgeber und Unternehmen Investitionen in Technologien sowie Fortbildungen und Umschulungen ihrer Beschäftigten tätigen.
Gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen müssen geschaffen werden, um Carbon Leakage zu verhindern. Sonst sehen wir mit der Verlagerung der Industrie ins Ausland auch eine Verlagerung der CO2-Emissionen.
Einige wichtige Themen werden auf dem Weg zur Klimaneutralität auftreten, die für alle Nationalstaaten und die EU eine Herausforderung darstellen. Weiterer Forschungsbedarf besteht bei Technologien, die zur Bewältigung der bevorstehenden Herausforderungen mit Blick auf das Klimaziel beitragen können.
Forschung und Entwicklung neuer Technologien, die unseren Gesellschaften helfen, die Klimaziele in einer gesellschaftlich akzeptablen Weise zu erreichen, müssen daher intensiviert werden.
Echter Wandel wird durch die Beschäftigten vor Ort vollzogen. Es braucht deshalb weitere Forschungsarbeiten, die Klimapolitik und ihre Folgen für die Sektoren, Regionen und die Arbeitsmärkte im Allgemeinen und insbesondere für die Beschäftigten untersuchen.
Wissenschaftliche Untersuchungen muss es auch dazu geben, wie sich die sozial-ökologische Transformation indirekt auf die Gleichstellung der Geschlechter auswirkt. Dies wird Wissen über die Prozesse eines gerechten Strukturwandels schaffen.
Eine Zusammenarbeit zwischen den nordischen Ländern und Deutschland beim gerechten Strukturwandel würde allen Ländern helfen, auf dem Weg ihre Klimaziele zu erreichen. Diese Länder stehen vor gemeinsamen Herausforderungen bei der Klimaneutralität. Sie haben oftmals dieselben Ansätze für CO2-freie Innovationen und die technische Entwicklung von Energiequellen.
Sie alle verfügen dafür über die richtigen Voraussetzungen aufgrund ihrer Sozialstaatsmodelle, ihrer technischen Expertise und ihrem Ziel, die Treibhausgasemissionen zu verringern. Außerdem zeichnet diese Länder ein hoher gewerkschaftlicher Organisationsgrad, starke Gewerkschaften und die Tradition des sozialen Dialogs.
Sie sollten sich zum Ziel setzen, Spitzenreiter beim gerechten Strukturwandel zu werden und auf die oben genannten Empfehlungen in Europa, auf nationaler und auf internationaler Ebene zu drängen.
Jeder Nationalstaat findet in seinem politischen System eine einzigartige Konstellation vor. Im deutschen Länderbericht werden deshalb auch ganz konkrete Maßnahmen benannt, die in Deutschland umgesetzt werden sollten, um den Boden für einen gerechten Strukturwandel zu bereiten. Zu diesen Maßnahmen zählen z.B.:
Deutschland braucht eine beschäftigungsorientierte Industriepolitik, die Innovationen und Branchennetzwerke fördert. Eine vollständige Wertschöpfungskette in Deutschland oder zumindest in der EU ist äußerst wichtig, um neue Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen.
Diesbezüglich sollte Deutschland auch den Gedanken unterstützen, dass „grüne“ Arbeitsplätze auch „Gute“ Arbeitsplätze sein sollten, mit verbindlichen Tarifverträgen und Mitbestimmung.
Die Einführung eines Transformationskurzarbeitergeldes würde Beschäftigte und Unternehmen beim Strukturwandel unterstützen. Der Transformationsprozess wird zu grundlegenden Umstrukturierungen führen, die Produktionseinbrüche mit sich bringen.
Diese Zeiten können dafür genutzt werden, um Kurzarbeit mit der (Um-)Schulung von Beschäftigten zu kombinieren, so dass keine Arbeitsplätze verloren gehen. Der Transformationsprozess könnte so gemeinsam von den Unternehmen und Beschäftigten gestaltet werden, mit der Bundesagentur für Arbeit im Hintergrund.
Das Transformationskurzarbeitergeld sollte an ein Schulungskonzept gekoppelt sein, das sich auf die Herausforderungen des Strukturwandels in den unterschiedlichen Sektoren konzentriert.
Regionale Kompetenzzentren könnten eine gute Lösung sein, um sicherzustellen, dass Schulungsprogramme allgemein verfügbar sind.
Beschäftigte verfügen über ein riesiges Innovationspotential und bringen Veränderungen in den Unternehmen voran. Sie sind Experten auf ihrem Gebiet. Sie wissen, wo man Energie sparen kann und was für eine klimafreundliche Produktion nötig ist. Um dieses Wissen anzukurbeln und zu nutzen, sollten Firmen einen „Transformations-Lotsen“ einstellen.
Die Hauptaufgabe dieser Person wäre es, Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz einzuleiten, die mit dem Strukturwandel verbunden sind, und den Beschäftigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Er oder sie sollte mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften zusammenarbeiten.
Die Einführung eines allgemeinen Initiativ- und Mitbestimmungsrechts für Betriebsräte bei den Qualifizierungen und den Qualifizierungsplänen würde helfen, die Stimme der Beschäftigten zu stärken.
Zum jetzigen Zeitpunkt entscheidet die Geschäftsführung schlussendlich über Qualifizierungen und Qualifizierungspläne.
Die Einführung eines allgemeinen Rechts auf Fortbildung und Umschulung für alle Beschäftigten und Erwerbslose ist notwendig.
Bisher gilt dies nur für diejenigen, deren Arbeitsplatz in Gefahr ist. Außerdem benötigen Beschäftigte aktuell eine Genehmigung ihres Arbeitgebers, um an Umschulungen teilzunehmen.
Der Mechanismus der Entgeltsicherung sollte für diejenigen wieder eingeführt werden, die gezwungen sind, in einen neuen Sektor zu wechseln und daher ein niedrigeres Einkommen erhalten werden.
Entgeltsicherung sollte nur gezahlt werden, wenn der Arbeitsplatz an einen Tarifvertrag gebunden ist, um zu vermeiden, dass der Niedriglohnsektor subventioniert wird.
Regionale Transformationspläne können dazu beitragen, dass Regionen ihren industriellen Kern behalten und ihn gleichzeitig transformieren können. Mithilfe von Transformationsplänen können neue industrielle Cluster in bestehende Industriestrukturen integriert und damit neue Netzwerke und Wertschöpfungsketten aufgebaut werden.
Ein Beratungsfonds kann KMUs und Betriebsräten dabei helfen, ihre Strategien zu überarbeiten und mit Forschungs- und Schulungseinrichtungen zusammenzuarbeiten.
Transformationsräte können ein nützliches Instrument darstellen, um den Strukturwandel in bestimmten Branchen anzugehen. Diese sind bereits in der Automobilbranche in Baden-Württemberg oder für die Digitalisierung in Rheinland-Pfalz zum Einsatz gekommen.
Diese Räte bringen Unternehmen, Gewerkschaften, Wissenschaftler und politische Akteure zusammen. Ihre Aufgabe ist es, eine zukünftige Strategie für den betroffenen Sektor auszuarbeiten.
Wir setzen uns weltweit für eine sozial-ökologische Transformation ein.
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