Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Die Autorinnen Barbara Mittelhammer, Leonie Stamm und Lydia Both analysieren die Ansprüche und Widersprüche deutscher Außenpolitik im Kontext von Gaza und zeigen Handlungsempfehlungen für die Region auf.
von: Lydia Both, Leiterin des Regionalprojekts Politischer Feminismus im Mittleren/Nahen Osten und Nordafrika
Der Angriff der Hamas am 7.10.2023 und der darauffolgende Krieg Israels in Gaza haben bis heute bereits über 42.400 Palästinenser_innen und mehr als 1.200 Israelis das Leben gekostet und eine extreme menschliche Notlage ausgelöst. Internationale Bemühungen um einen Waffenstillstand oder gar eine politische Lösung des Konflikts sind bisher gescheitert. Dies nehmen Barbara Mittelhammer (unabhängige Expertin), Leonie Stamm (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, DGAP) und Lydia Both (Friedrich-Ebert-Stiftung, FES) zum Anlass, die deutsche Außenpolitik in Bezug auf den Krieg in Gaza kritisch zu erfassen – und sie an ihren eigens gegebenen Maßstäben, den Leitlinien für feministische Außenpolitik, zu messen.
Feministische Außenpolitik setzt einen Fokus auf menschliche statt staatlicher Sicherheit und sucht die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. Humanitäre Hilfe soll an den Bedürfnissen von besonders benachteiligten und marginalisierten Gruppen einer Gesellschaft orientiert sein. Außerdem hat feministische Außenpolitik zum Ziel, die multilaterale Ordnung zu stärken – vor allem universell geltende Menschenrechte sowie das Völkerrecht.
Aus Sicht der Autorinnen steht die deutsche Außenpolitik in Bezug auf den Krieg in Gaza im starken Widerspruch zu diesen Ansprüchen. Im Text werden konkrete Handlungsempfehlungen formuliert, um der humanitären Katstrophe in Gaza entgegenzuwirken und für die Sicherheit aller Menschen in Israel, Palästina und der Region zu sorgen. Deutschland sollte zivilgesellschaftliche Räume schützen, auf bedürfnisorientierte humanitäre Hilfe hinwirken, Rüstungsexporte beenden sowie menschen- und völkerrechtliche Prozesse stärken und sich für ein Ende der Straflosigkeit einsetzen. Dabei geht es auch um die Wiederherstellung der eigenen Glaubwürdigkeit und des Vertrauens bei zivilgesellschaftlichen Partnern in der Region, sowie im globalen Süden insgesamt.
Die Publikation legt ihren Fokus auf den Krieg in Gaza. Allerdings schließt sie damit, dass ihre Handlungsempfehlungen in der Region insgesamt Anwendung finden müssen, um einen stabilen Frieden zu ermöglichen.
Angesichts der verheerenden Folgen des Kriegs im Libanon wird die Notwendigkeit der Umsetzung dieser Empfehlung deutlich: Seit spätestens Ende September ist der Krieg im Libanon vollends eskaliert. 1,2 Millionen Menschen waren auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen auf der Flucht, 3.000 Personen sind getötet und 14.000 verletzt, darunter viele zivile Opfer. UNICEF beklagt, dass in weniger als zwei Monate mehr als 200 Kinder umgebracht wurden. Während die deutsche Politik zwar 96 Millionen Euro Nothilfe für den Libanon zugesagt hat, adressiert sie nicht die Ursachen der humanitären Notlage.
Zum UNRWA-Verbot ab 2025, das die israelische Knesset Ende September ausgesprochen hat, äußert sich Deutschland, mittlerweile größter Geldgeber der Organisation, besorgt. Um bedürfnisorientierte Hilfe zu leisten und dabei besonders Frauen und andere marginalisierte Personen im Blick zu haben, ist Deutschland auf das UN-Palästinenserhilfswerk angewiesen.
Ein neuester UN-Bericht kommt zu dem Schluss, dass Israels Kriegsführung im Gazastreifen die Merkmale eines Völkermordes aufweist, mit massenhaften Opfern unter der Zivilbevölkerung und lebensbedrohlichen Bedingungen, die den Palästinenser_innen dort absichtlich auferlegt werden. Auch das sollte Deutschland einmal mehr auffordern, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit klar zu benennen und Maßnahmen zu ihrer Aufklärung zu ergreifen. Im Sinne einer feministischen Außenpolitik würde das heißen, die multilaterale Ordnung und Rechenschaftsmechanismen auf internationaler Ebene zu stärken.
Schließlich ist die in der Publikation schon genannte Antisemitismus-Resolution nun im Bundestag verabschiedet worden. Neben noch nicht vollends absehbaren Folgen für Kultur und Wissenschaft, wird sie auch erheblichen Einfluss auf die Zusammenarbeit Deutschlands mit Zivilgesellschaft weltweit haben. Es kommt jetzt darauf an, ihre Umsetzung im Blick zu behalten und zu verhindern, dass sie dazu führt, dass Menschenrechtsorganisationen in der Region und darüber hinaus nicht mehr gefördert werden können, weil sie die Verstöße gegen Menschen- und Völkerrecht im Krieg in Gaza und Libanon dokumentieren und kritisieren. Im Sinne einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik sollte die Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft partnerschaftlich gestaltet und nicht von Kontrolle bestimmt sein.
Die Publikation gibt damit wichtige Impulse auch über den Kontext von Gaza hinaus sowie für die Umsetzung feministischer Außenpolitik insgesamt.
Mittelhammer, Barbara; Stamm, Leonie; Both, Lydia
Widersprüche der deutschen feministischen Außenpolitik und Perspektiven menschlicher Sicherheit / Barbara Mittelhammer, Leonie Stamm, Lydia Both ; Herausgebende Abteilung: Referat Naher/Mittlerer Osten und Nordafrika. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung e.V., November 2024. - 7 Seiten = 140 KB, PDF-File. - (Perspektive). - (Frieden und Sicherheit)Electronic ed.: Bonn : FES, 2024ISBN 978-3-98628-623-1
Publikation herunterladen (140 KB, PDF-File)