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Am 24.9.1922 wurde in Nürnberg ein Parteitag durchgeführt, der nur einen Tagesordnungspunkt hatte: die Vereinigung zweier sozialdemokratischer Parteien, die sich im Zuge des Ersten Weltkriegs voneinander getrennt hatten. Unter Bannern mit der Aufschrift „Proletarier aller Länder vereinigt Euch“ trafen im geschmückten Saal des Hercules-Velodroms die Delegierten von SPD und USPD zusammen, um vorangegangene Schwierigkeiten zu überwinden und Meinungsverschiedenheiten nun wieder brüderlich auszutragen, wie Otto Wels es in seiner Abschlussrede formulierte.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs hatte sich die SPD, die den Krieg – wie die Mehrheit der deutschen Bevölkerung – als Verteidigung gegenüber einer Aggression von außen ansah, mit anderen Parteien im Reichstag darauf verständigt, während des Krieges die parteipolitischen Streitigkeiten ruhen zu lassen. Im Zuge dieser „Burgfrieden“ genannten Haltung stimmte die SPD mit nur einer Gegenstimme zu Kriegsbeginn den Kriegskrediten zu, mittels derer die Kampfhandlungen finanziert werden sollten.
Doch durch die rasant steigenden Zahlen gefallener Soldaten sowie die zunehmende wirtschaftliche Not in der Bevölkerung wurde die Kritik am Krieg im Deutschen Reich lauter. Hatten sich zu Kriegsbeginn nur Mitglieder des äußersten linken Flügels gegen den Krieg positioniert, so wurden im Verlauf der Kämpfe auch immer mehr Mitglieder des gemäßigten linken Flügels der SPD, darunter der (Mit-)Parteivorsitzende Hugo Haase, zu Kriegsgegnern.
Im März 1916 kam es im Reichstag zum Eklat: Hugo Haase widersetzte sich während der Reichstagssitzung einem Mehrheitsbeschluss seiner Partei und kritisierte die Außenpolitik der Reichsregierung und der Haltung der SPD unter seinem (Mit-) Parteivorsitzenden Friedrich Ebert. Von politischen Gegnern bejubelt, wurde Haase daraufhin zum Rücktritt als Parteivorsitzender gedrängt und mit anderen parteiinternen Kriegsgegnern von der eigenen Fraktion ausgeschlossen. Nach kurzfristiger Gründung einer internen Fraktion als Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft (SAG) unter dem Vorsitz Haases veranstalteten einige ihrer Mitglieder eine gemeinsame Sitzung mit der Spartakusgruppe um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg. Dieses veranlasste die SPD-Führung, die Mitglieder der SAG aus der SPD auszuschließen. Hierauf gründeten sie 1917 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), unter dem Vorsitz von Hugo Haase und Georg Ledebour.
Während die verbliebene SPD, die sich zur Abgrenzung von der USPD nun Mehrheits-SPD (MSPD) nannte, im Großen und Ganzen an dem zu Beginn des Krieges eingeschlagenen Kurs festhielt, sah sich die USPD in der Tradition einer revolutionären Arbeiterbewegung, beteiligte sich an Massenstreiks und forderte neben der Beendigung des Krieges eine Räterepublik zur Verwirklichung des Sozialismus im Deutschen Reich.
Zum Ende des Ersten Weltkriegs kam es im November 1918 zu einer ersten Annäherung der beiden Parteien, indem sich jeweils führende Mitglieder im Rat der Volksbeauftragten unter den Vorsitzenden Ebert und Haase zusammenschlossen und Regierungsverantwortung übernahmen.
Doch schon bald kam es erneut zu einem Bruch, als Haase mit anderen USPD-Mitgliedern aufgrund des harten Vorgehens der SPD gegenüber revoltierenden Soldaten im Dezember 1918 den Rat der Volksbeauftragten aus Protest verließ.
Unmittelbar nach dem Austritt aus dem Rat der Volksbeauftragten spaltete sich der Spartakusbund von der USPD ab, aus dem schließlich die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) hervorging. Zwischen deren Ziel einer Rätediktatur nach russischem Vorbild und der einer Parlamentarischen Demokratie, wie sie die SPD wollte, wurde die USPD zusehends aufgerieben.
In den ersten Nachkriegsjahren verstärkten sich radikale linke Tendenzen innerhalb der Partei. Nach dem Beitritt der USPD zur Kommunistischen Internationale (Komintern) kam es zu einer Spaltung, nach der sich ein Großteil der Mitglieder der KPD anschloss.
Die verbliebene USPD sah ihren politischen Weg zwischen der KPD und der SPD. Angesichts zunehmender Angriffe von radikalen Rechten, die mit Attentaten u.a. auf Walther Rathenau und Philipp Scheidemann die Demokratie destabilisieren wollten, strebten die beiden sozialdemokratischen Parteien eine Einigung an, um die junge Republik politisch besser stützen zu können.
So kamen bereits im Juni 1922 die Reichstagsfraktionen von USPD und MSPD in einer Arbeitsgruppe zusammen, um den Weg für den Einigungsparteitag zu ebnen. Sie erarbeiteten ein Aktionsproramm, welches auf dem Vereinigungsparteitag in Nürnberg beschlossen werden sollte. Am 24.9.1922 kamen die beiden Parteien schließlich im Hercules-Velodrom zusammen. Es wurde dazu aufgerufen, nicht erneut in Diskussionen zu verfallen. Das Aktionsprogramm wurde erwartungsgemäß gemeinsam beschlossen und ein neuer Parteivorstand gewählt. Nach nur wenigen Stunden war der Vereinigungsparteitag beendet.
Auch wenn einige Kritiker der Vereinigung eine „Rest-USPD“ als Splitterpartei weiterführten, erlangte diese keine Fraktionsgröße mehr und ging schließlich 1931 in der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) auf. Die vereinigte SPD nannte sich nach dem Vereinigungsparteitag eine Zeitlang Vereinigte SPD (VSPD), kehrte aber dann zu ihrer alten Bezeichnung SPD zurück.
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