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Ein Jahr ist vergangen, seit die Expert_innenkommission der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Leitbild für die Einwanderungsgesellschaft vorgestellt hat. Was hat sich seitdem verändert?
Wie kann die Einwanderungsgesellschaft gestaltet werden und ein „Miteinander in Vielfalt“ gelingen? Bei der Konferenz am 27. Februar 2018 waren nicht nur die Expert_innen, sondern auch alle Besucher_innen aufgefordert, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und Antworten zu geben. Die scheidende Staatsministerin Aydan Özoğuz, MdB, rief die Bedeutung des Leitbilds in Erinnerung: In Zeiten spaltender Kräfte, Abschottung und mangelnder Solidarität ist ein starker gesellschaftlicher Zusammenhalt nicht einfach ein strategischer Slogan auf Wahlplakaten sondern eine Notwendigkeit, um Frieden, Teilhabe und Gerechtigkeit für alle zu erreichen.
Was eint, was trennt in der Einwanderungsgesellschaft?
Das Bewusstsein für und das Bekenntnis zur Einwanderungsgesellschaft sind Voraussetzungen, um die positiven Seiten von Migration und Einwanderung in unserer Gesellschaft erfahrbar zu machen. Dazu gehört – so wurde während der Diskussion deutlich – nicht nur den spaltenden, sondern auch den aufklärenden Kräften mediale Aufmerksamkeit zu widmen oder fake news fundierte Forschungsergebnisse und Fakten entgegenzuhalten. Brigitte Döcker (AWO) betonte das Engagement zivilgesellschaftlicher Kräfte, die die zunehmende Heterogenität schon erkannt haben und sich darauf einlassen: „Es gibt mehr Ehrenamtliche als AfD-Wähler.“
Die vielfältige Gesellschaft gemeinsam gestalten
Was kann die Politik tun, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein solidarisches Miteinander zu fördern? Darauf fanden die Diskussionsrunden zu den spezifischen Politikfeldern vielfältige Antworten. Prof. Dr. Brücker vom Institut für empirische Migrationsforschung betonte im Forum Diskriminierungsfreier Arbeitsmarkt die Notwendigkeit einer internationaleren Ausrichtung der Unternehmen und Betriebe. Wie in anderen Einwanderungsgesellschaften auch müsse Mehrsprachigkeit und Sprachförderung unterstützt werden. Gleichstellungsbeauftrage oder andere Ansprechpartner_innen gehören ebenso zu einem modernen Unternehmen wie ein umfassendes Diversitätsmanagement, um Diskriminierung bei der Arbeitsplatzsuche und am Arbeitsplatz entgegen zu wirken. Inwiefern Antidiskriminierungs-Maßnahmen einer weitreichenden gesetzlichen Grundlage bedürfen oder in den Verantwortungsbereich der Betriebe fallen, wurde unter den Anwesenden kontrovers diskutiert.
Bildung ist ein Menschenrecht und ermöglicht Teilhabe. Eine bekannte Gleichung, deren Umsetzung mehr personeller und finanzieller Ressourcen bedarf – so lautete ein Fazit aus dem Forum Integrative Bildungsinstitutionen. Angesichts einer heterogener werdenden Gesellschaft sprach Elina Stock von der Gewerkschaft von Bildung und Wissenschaft (GEW) von einem Paradigmenwechsel weg vom Integrationskonzept hin zu einer umfassenden Inklusion von Vielfältigkeit. Strukturen müssen flexibler und moderner werden, doch dies allein reicht nicht aus. Auch Haltungen von allen Beteiligten müssen sich ändern, um mit neuen Herausforderungen zielgerichtet umzugehen. Pädagog_innen benötigen beispielsweise diversitätspädagogische Aus- und Fortbildungen, um mit der Vielfalt im Klassenzimmer besser und souveräner umgehen zu können.
Vielfalt ist Alltag
Im Forum Politische Teilhabe gewährleisten stand die demokratische Mitbestimmung im Mittelpunkt. Um sich am politischen Prozess zu beteiligen ist das Wahlrecht zentral, meint Dr. Deniz Nergiz, Geschäftsführerin des Bundeszuwanderungs-und Integrationsrats. Durch schnellere Einbürgerung, doppelte Staatsbürgerschaft und ein ausgeweitetes Wahlrecht können Menschen mit Einwanderungsgeschichte besser mitbestimmen. Wenn ihre Interessen gehört werden und sie nicht nur wählen, sondern z.B. in Form von Integrationsräten politischen Einfluss ausüben können, wächst das Zugehörigkeitsgefühl. Sie tragen Entscheidungen mit und sind Teil der politischen Willensbildung sowie politischer Entscheidungen. Quoten in Parlamenten oder anderen demokratischen Gremien können eine weitere Maßnahme sein, um Menschen mit Einwanderungsgeschichte in unserer Demokratie besser zu repräsentieren.
Das vierte Forum diskutierte über die Bedeutung von Mediendiskursen für das „Miteinander in Vielfalt“. Mediendiskurse prägen die öffentliche Meinung, weshalb eine sensible Arbeitsweise von Journalist_innen nötig ist, damit Migration nicht ausschließlich mit Armut und Elend in Verbindung gebrachtwird. Eine umsichtige Wortwahl sowie eine differenzierende Bildsprache sind bei der journalistischen Arbeit von hoher Bedeutung. Wenn etwa Medien oder Polizei die Herkunft, Nationalität und Religionszugehörigkeit von Straftäter_innen nennen, fördert dies eine Stigmatisierung von bestimmten Bevölkerungsgruppen, stellte Joanna Stolarek von den Neuen Deutschen Medienmachern in der Diskussion klar. Entscheidend ist außerdem, dass mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte in den Redaktionen arbeiten und somit die Perspektiven auf Ereignisse erweitern – und zwar nicht nur bei Migrations- und Integrationsthemen.
Die Bestandsaufnahme aus den einzelnen Themenfeldern zeigt, dass die vielfältige Gesellschaft nicht nur real existiert und politisch relevant ist, sondern in Zukunft weiter gestaltet werden muss. Dabei ist der exkludierende Gedanke einer „Leitkultur“ nicht hilfreich, da sie festlegen möchte, was und wer dazu gehört und wer nicht. Das Leitbild verfolgt hingegen einen inklusiven und partizipativen Ansatz, der auf die Heterogenität in unserer Gesellschaft reagiert und das Potential und die Stärken der Einwanderungsgesellschaft ausschöpfen kann.
Das Leitbild und die Agenda für die Einwanderungsgesellschaft finden Sie hier.
Die Rede von Aydan Özoğuz, MdB finden Sie hier.
Das Positionspapier des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats von Dr. Deniz Nergiz finden Sie hier.
Die Präsentation Bildung in der Migrationsgesellschaft von Elina Stock, GEW finden Sie hier.
Kontakt in der FES: Dietmar Molthagen, Integration und Teilhabe
Bild: FES Facebook VA180227 1200x632 von Andrea Schmidt