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Grüner Wasserstoff & internationale Kooperation

Partnerschaften für eine internationale Wasserstoffwirtschaft

Für die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft kommt der Wasserstofftechnologie eine Schlüsselrolle zu – vor allem in Anwendungsfeldern, die nicht elektrifiziert werden können. Mit dem Entstehen einer grünen Wasserstoffwirtschaft sind auch Perspektiven für neue industrielle Wertschöpfung verbunden. Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass selbst bei einem ambitionierten Zubau erneuerbarer Energien große Mengen des deutschen & europäischen Wasserstoffbedarfs importiert werden müssen. Die enge internationale Zusammenarbeit zwischen Deutschland, der EU und potenziellen Partnerländern ist daher unabdingbar, um den Aufbau der internationalen Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen.

Der FES diskurs „Partnerschaften für eine internationale Wasserstoffwirtschaft: Ansatzpunkte für die europäische Politik“ in Kooperation mit dem Forschungsinstituts für Nachhaltigkeit - Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS) diskutiert Schlüsselfragen und Herausforderungen für die Ausgestaltung internationaler Partnerschaften der EU mit potenziellen Partnerländern zum Hochlauf der internationalen Wasserstoffwirtschaft. Im Zentrum stehen sechs politische Zieldimensionen, die europäische Entscheidungsträger*innen deren Aufbau besonders beachten sollten: Klimaschutz, die Entwicklung grüner Industrien in Europa, gerechte Übergänge in Partnerländern, Geopolitik, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Machbarkeit. Darauf aufbauend formulieren die Autor*innen neun Botschaften, wie sich eine internationale Wasserstoffwirtschaft als Bestandteil umfassenderer EU-Bemühungen zur Dekarbonisierung entwickeln lässt.

 

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Studienvorstellung und Diskussion am 14. Februar 2023, 13.00 bis 14.30 Uhr
 

Am Dienstag, den 14. Februar 2023, hat Hauptautor Rainer Quitzow (RIFS Potsdam) die Studie öffentlich vorgestellt und wir haben gemeinsam mit Christiane Averbeck (Klima-Allianz Deutschland), Emanuel Henrich (H2Global Stiftung), Maira Kusch (Weltenergierat - Deutschland), und Andreas Rimkus (SPD-Bundestagsfraktion) im Rahmen eines digitalen Roundtables unter anderem die folgenden Fragen diskutiert:

  • Was sind aus europäischer Sicht zentrale Partnerregionen für den Import von Wasserstoff und was folgt daraus für den Aufbau der notwendigen Infrastrukturen?

  • Wie kann sichergestellt werden, dass durch den Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft sowohl die industrielle Wertschöpfung in Europa als auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Partnerländern unterstützt wird?

  • Welche Rolle spielen Blauer Wasserstoff und Carbon Capture, Usa and Storage (CCUS) beim Hochlauf einer internationalen Wasserstoffwirtschaft und wie sollten sich Deutschland und Europa hierzu positionieren? 

Programm (PDF)

Ansprechpartner: Max Ostermayer, 030 26935-8319, Max.Ostermayer(at)fes.deReferat Politische Beratung und Impulse

Grüner Wasserstoff als Wegbereiter

Irisch-Deutsche Partnerschaft für Klimaschutz und sozialen Fortschritt

Zur Studie

Wasserstoff in den nordischen Ländern

Treiber für die europäische Zusammenarbeit?

Zur Studie

Ergebnisse

Kernaussage 1: Grüne Wasserstoffkapazitäten sollten bevorzugt in der Europäischen Union und in ihrer unmittelbaren Umgebung entwickelt werden.

Die Entwicklung von Kapazitäten zur Wasserstoffproduktion in der Europäischen Union und in ihrer unmittelbaren Umgebung weist klare Vorteile auf, die nicht unterschätzt werden sollten. Zum einen hat die Wasserstoffversorgung innerhalb der EU und in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft wesentliche Vorteile mit Blick auf die Versorgungssicherheit. Für EU-Mitglieder liegen diese Vorteile auf der Hand, aber auch die Staaten in der unmittelbaren Umgebung werden mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit auf außereuropäischen Märkten nach Abnehmern suchen. Dies sollte allerdings keine Abhängigkeiten von einzelnen Lieferanten oder Transportstrecken erzeugen. Regionale Lieferanten sollten aber einen robusten Kern bilden, der sich durch weiter entfernt liegende Lieferanten ergänzen ließe.

Kernaussage 2: Die EU benötigt sowohl eine Wasserstoffpipelineinfrastruktur für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten wie mit der Europäischen Nachbarschaft als auch eine Hafeninfrastruktur zur Diversifizierung von Importen.

Eine europäische Infrastruktur von Wasserstoffpipelines ist zunächst wichtig, damit Mitgliedstaaten mit großem Potenzial für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien Nachfragezentren in anderen Teilen der EU beliefern können (IRENA 2022a). Eine solche Infrastruktur ist außerdem wichtig, um Wasserstofflieferungen aus der Nördlichen, Südlichen und Östlichen Nachbarschaft der EU zu ermöglichen. Um die Diversifizierung zu fördern, müssen große europäische Häfen zudem so ausgestattet werden, dass dort Wasserstoff und wasserstoffbasierte synthetische Kraftstoffe umgeschlagen werden können.

Kernaussage 3: Regionaler Wasserstoffhandel sollte nicht auf Kosten des Ausbaus des Stromhandels mit Staaten in der Europäischen Nachbarschaft vorangebracht werden, sondern diesen ergänzen.

In der gegenwärtigen Diskussion zur Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft und den damit verbundenen politischen Prozessen tritt die Debatte rund um eine stärkere Integration der Strommärkte innerhalb der EU und mit den umliegenden Staaten in den Hintergrund. Wenngleich die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in der EU in den letzten Jahren stetig zugenommen hat, trifft das auf die Verbindungsleitungen (oder Interkonnektoren) zwischen den Ländern nicht zu (Pepermans 2018). Zunehmende Verbindungsleitungen innerhalb der EU sowie mit den Nachbarstaaten bilden die Grundlage für mehr grenzüberschreitenden Stromhandel und können dazu beitragen, die volatile Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen auszugleichen. Stromnetze haben zudem eine oftmals vernachlässigte geopolitische Dimension. Sie können als Integrationsräume dienen und bieten Möglichkeiten der Einflussnahme auf Partner in der europäischen Nachbarschaft (Westphal, Pastukhova und Pepe 2022).

Kernaussage 4: Internationale Kooperationen zur Förderung des Wasserstoffhandels müssen Teil nachhaltiger Entwicklungspartnerschaften sein, die die sozioökonomische Entwicklung und die Dekarbonisierung der Wirtschaft in den Partnerländern unterstützen.

Kooperationen zur Stärkung des Wasserstoffhandels zwischen potenziellen Herstellerländern und der EU können nur erfolgreich sein, wenn sie Teil umfassend angelegter Partnerschaften zum Aufbau grüner Industrien sind, darauf ausgerichtet, die Dekarbonisierung und sozioökonomische Entwicklung in der EU wie auch in den Partnerländern zu unterstützen. So sind einige der wichtigsten Anstrengungen zur Förderung von Investitionen in regenerative Wasserstoffprojekte mit Strategien verbunden, um zusätzliche Wertschöpfung vor Ort zu schaffen. Diese industriellen Entwicklungsziele gilt es beim Aufbau künftiger Wirtschaftsbeziehungen zu berücksichtigen.

Kernaussage 5: Nachhaltigkeitszertifizierungen sind Voraussetzung für den Hochlauf der grünen Wasserstoffproduktion und sollten langfristig die klimaneutrale Produktion stärken.

Mithilfe zuverlässiger Zertifizierungsregelungen muss sichergestellt werden, dass die Wasserstoffproduktion in Partnerländern einen positiven Beitrag zum Klimaschutz und einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort leistet. Es ist zu erwarten, dass eine derartige Zertifizierung auch die Voraussetzung dafür ist, dass politische Maßnahmen zur Förderung wasserstoffbasierter Dekarbonisierungspläne von der Öffentlichkeit dauerhaft akzeptiert werden (ILF und LBST 2021). Das Beispiel des internationalen Handels mit Biokraftstoff – insbesondere der Import palmölbasierter Biokraftstoffe – hat gezeigt, wie ein Mangel an glaubwürdigen Nachhaltigkeitsstandards die gesellschaftliche Akzeptanz mit der Zeit untergraben und so die politische Unterstützung schwächen kann (Oosterveer 2020). Allerdings gibt es auch Bedenken, dass strikte Nachhaltigkeitsstandards den erforderlichen Hochlauf der grünen Wasserstoffproduktion verlangsamen könnten. Dieses Dilemma kann nicht restlos aufgelöst werden. Ein gradueller Ansatz bei der Einführung von Zertifizierungsstandards könnte jedoch die nötigen Investitionssignale für einen Hochlauf der Infrastrukturen setzen und gleichzeitig sicherstellen, dass sich mit der Zeit klimaneutrale Produktionsweisen durchsetzen (Climate Bonds 2022).

Kernaussage 6: Die EU muss gemeinsame Grundsätze für ihre Wasserstoff-Außenpolitik entwickeln.

Ohne gemeinsame Prinzipien in der EU-Wasserstoff-Außenpolitik besteht das Risiko, dass verschiedene Mitgliedstaaten widersprüchliche Signale an die jeweiligen Partnerländer senden. Dadurch wird die Attraktivität des EU-Marktes geschwächt – und somit die Fähigkeit der EU, globale Standards für den Wasserstoffhandel zu beeinflussen. Obgleich die Kompromissfindung innerhalb der EU bekanntermaßen eine Herausforderung darstellt, sollte hierin ein wichtiges Ziel der Wasserstoffpolitik auf EU-Ebene liegen. Solang es keine derartige Abstimmung gibt, wäre die zweitbeste Option ein gemeinsamer Ansatz einer Gruppe gleichgesinnter Mitgliedstaaten.

Kernaussage 7: Die EU sollte versuchen, ihre Förderung der globalen Wasserstoffwirtschaft mit den USA und anderen G7-Ländern abzustimmen.

Obwohl die EU ihre starke wirtschaftliche Macht für die Förderung internationaler Normierungen und Standards einsetzen kann, würde ein gemeinsamer Ansatz der G7-Volkswirtschaften die Bedeutung der entsprechenden Normen für die Wasserstoffwirtschaft deutlich erhöhen. In diesem Sinne sind die verschiedenen G7-Initiativen – etwa die G7-Initiative zur Industriellen Dekarbonisierung, der G7-Wasserstoff-Aktionspakt und die Klima-Club-Initiative – wichtige erste Schritte, die vonseiten der EU und den europäischen G7-Staaten nachdrücklich unterstützt werden sollten (G7 Germany 2022). Dazu gehören natürlich auch Kompromisse mit den Partnerstaaten innerhalb der G7. Eine Einigung im Rahmen der G7 zu erzielen ist jedoch im Interesse der EU, um weiterhin Entwicklungen in der globalen Wasserstoffwirtschaft beeinflussen zu können.

Kernaussage 8: Beim Aufbau ihrer Wasserstoffpartnerschaften müssen Europa und Deutschland die Herausforderungen rund um „blauen Wasserstoff“ und hiermit auch CCS angehen.

Entstehende Wasserstoffpartnerschaften, wie etwa jene Deutschlands mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Norwegen, erkennen an, dass blauer Wasserstoff zumindest in der Anfangsphase einen entscheidenden Anteil an den geplanten Wasserstoffimporten aus diesen Ländern haben wird (BMWK 2022a; BMWK 2022b). Vor diesem Hintergrund müssen Deutschland und die EU die genauen Rahmenbedingungen benennen, innerhalb derer blauer Wasserstoff und somit Technologien zur CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) einen Bestandteil ihres Weges hin zur Klimaneutralität bilden sollen. Zusätzlich bedarf der Import von blauem Wasserstoff der engen Zusammenarbeit mit Partnerländern, um die Abscheidung und großangelegte, sichere geologische Speicherung von CO2 zu gewährleisten, wie auch höchstmögliche Standards bei Gewinnung und Transport von Erdgas, um Methanemissionen zu vermeiden (Tovar und Azadegan 2022; Filiou et al. 2003; Floristean und Brahy 2019). Dies sollte Voraussetzung für jeglichen Import blauen Wasserstoffs sein.

Kernaussage 9: Die Verwendung wasserstoffbasierter synthetischer Kraftstoffe erfordert internationale Kooperation, damit CO2-Abscheidetechnologien und -Transportinfrastruktur nachhaltig eingesetzt werden.

Sollen verstärkte Wasserstoffimporte in schwer elektrifizierbaren Teilen des Transportsektors (wie der Luftfahrt) ihr Klimaschutzpotenzial entfalten, muss eine Infrastruktur für synthetische Kraftstoffe errichtet werden. Synthetische Kraftstoffe werden in einem energieintensiven Verfahren aus Wasserstoff und Kohlendioxid (CO2) gewonnen (Ferrari et al. 2014). Entstehende Wasserstoffpartnerschaften, die auf synthetische Kraftstoffe abzielen, müssen also auch den Aufbau einer Infrastruktur für CO2-Abscheidung und -Transport unterstützen (Billig et al. 2019). Dies sollte auf einer informierten öffentlichen Debatte und der Schaffung entsprechender Normen und Vorschriften basieren, um sicherzustellen, dass diese CO2-bezogenen Technologien und ihr Einsatz in Partnerländern mit Klimaneutralitätszielen vereinbar sind (Chauvy and De Weireld 2020).

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