Podiumsdiskussion: Vier Jahre Industrie 4.0

Die Digitalisierung in der Produktion schreitet voran. Vor vier Jahren ist dafür der Begriff Industrie 4.0 formuliert worden. Zeit zum Bilanzziehen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat eine Studie zum Thema und eine Reihe von Veranstaltungen organisiert. Fest steht: Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten. Fest steht aber auch: Die Risiken lassen sich nicht restlos ausschalten.

Bild: von FES/Adin Onwordi

Die Industrie 4.0 soll nichts weniger als die vierte industrielle Revolution einleiten. Es ist ein Begriff, der 2011 auf der Hannover Messe geprägt wurde. Er beschreibt die vernetzte und sich selbst steuernde Industrieproduktion. Doch was bedeutet diese Umwälzung für uns Menschen? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir eine Studie veröffentlicht und Veranstaltungen zum Thema organisiert, zuletzt Ende April 2015 in Hannover.

Nicht nur digitale, auch soziale Innovation

Nach Ansicht des Tübinger Universitätsprofessors Daniel Buhr wird die wachsende Digitalisierung sowohl die Wirtschaft als auch unsere Gesellschaft verändern. „Sie erlaubt aber auch andere völlig neue Geschäftsmodelle“, fügte er hinzu. So steckten in diesen Entwicklungen jede Menge Chancen, aber auch Herausforderungen, wenn es etwa um die Entgrenzung der Arbeit oder ungelöste Fragen bei Datenschutz und Datensicherheit gehe. Zudem fielen bestimmte Aufgaben und Tätigkeitsfelder komplett weg. Dafür würden in anderen Feldern neue Qualifikationen benötigt. „Industrie 4.0“ ist seiner Ansicht nach nicht nur eine „digitale Innovation“, sondern müsse auch als „soziale Innovation“ verstanden werden. Um von der Bevölkerung auch als solche anerkannt zu werden, sei es wichtig, den Menschen die Vorteile aufzuzeigen. Sie müssten sich als Teil und Antrieb der Industrie 4.0 betrachten und nicht als Getriebene.

Befürchtungen, Erwartungen, Erfahrungen 

Vier Jahre nach der Definition von Industrie 4.0 blickt die FES-Studie nun genauer auf die Digitalisierung der Produktion. Es wurde untersucht, welche Befürchtungen die Unternehmen am Anfang der Digitalisierung formuliert haben und welche realen Probleme auf sie zugekommen sind. Die größte Befürchtung sei, so die Einschätzung des Bundestagsabgeordneten Hubertus Heil, zunächst das Thema Datensicherheit gewesen. Zwar sei dies auch künftig ein Problem, aber die größte Schwierigkeit in den Unternehmen sei zunächst die Überzeugung der Mitarbeiter_innen gewesen. Die entscheidenden Fragen sind demnach: „Wie motiviere ich die Menschen? Wie nehme ich ihnen die Angst?“. Den Beschäftigten die Zweifel zu nehmen und die Aus- und Weiterbildung zu organisieren, seien die größten Hürden gewesen. An der Digitalisierung führe jedoch kein Weg vorbei. Insofern müssten wirtschaftspolitische Lösungen für Produktions- und Dienstleistungsgewerbe gefunden werden, damit Deutschland in Zukunft wettbewerbsfähig bleibe, so Hubertus Heil.

Jeder Betrieb hat eine andere Art von Indutrie 4.0

Fest steht inzwischen auch, dass der Begriff allein 4.0 nicht ausreicht, um die grundlegenden Veränderungsprozesse durch die Digitalisierung zu beschreiben. Sie betrifft die Gesellschaft als Ganzes und bedeutet Veränderungen jedes Unternehmens. Welf Schröter, Leiter des Forums Soziale Technikgestaltung beim DGB Baden-Württemberg stellte allerdings fest:Die eine „Industrie 4.0 gibt es nicht. Digitalisierung gibt es nicht.“ Es gebe hunderte von Varianten; ebenso gebe es angepasste Lösungen. Künftig habe jeder Betrieb eine andere Art von Industrie 4.0, so Schröter. Er rät sowohl den Arbeitnehmer_innen als auch den Gewerkschaften, sich frühestmöglich mit den neuen Realitäten zu befassen. Durch die heutigen technischen Möglichkeiten in den Betrieben könne Industrie 4.0 sogar eine Bereicherung in Sachen Beschäftigtenbeteiligung sein.

Digitalisierung als Chance

Aus Sicht des Volkswagen Konzerns wurde Digitalisierung immer als Chance verstanden. Nach den Worten von Personalleiterin Katrin Goldhorn lautete das Motto: „Die Roboter ziehen in die Fabriken ein“. Die Mitarbeiter_innen hätten sich bereits daran gewöhnt, dass in vielen Fabrikhallen nur noch vereinzelt Menschen Autos zusammensetzen. Gleichzeitig stellte sich dem Unternehmen die Frage, welche Aufgaben die Fabrikarbeiter_innen anstelle dessen übernehmen könnten. VW habe eine Beschäftigungssicherung, die der Konzern auch als Werkzeug für „Gute Arbeit“ verstehe. „Gute Arbeit in der Fabrik ist eine qualifizierte Arbeit“, sagte Goldhorn. Deshalb seien sowohl Ausbildungsberufe, als auch Weiterbildungen modifiziert worden, um sie der Digitalisierung anzupassen.

Aus Sicht der Politik hat die Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren durch die Digitalisierung gewonnen. Daniela Behrens, Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium von Niedersachsen, nannte beispielsweise E-Health und Mobilität als wichtige Themen im Bereich der Digitalisierung. Die Unternehmen selbst fordern laut Behrens verbindliche rechtliche Regelungen und Normen beim Datenschutz, gleichzeitig aber auch Standards im Bereich der digitalisierten Wirtschaft.

Ansprechpartner in der FES: Dr. Philipp Fink

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