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von Margarida Marques
Als in Europa erste Nachrichten über ein Virus vom anderen Ende der Welt eintrafen, wirkte das Ganze noch fern und vage. Doch wenige Wochen später waren auch hier mit einem Mal Familien und Unternehmen betroffen, Wertschöpfungsketten unterbrochen, Schulen und Grenzen zeitweise geschlossen. Zur Eindämmung der Pandemie, um Risikogruppen zu schützen und die Gesundheitssysteme aufrechtzuerhalten, erließen die nationalen Regierungen strenge Lockdown-Maßnahmen und die Wirtschaftstätigkeit brach ein.
Zum dritten Mal in nur zehn Jahren geriet die Europäische Union (EU) in eine schwere Krise. Doch wie Jean Monnet einst sagte: „Europa wird in Krisen geschmiedet werden, und es wird die Summe der zur Bewältigung dieser Krisen verabschiedeten Lösungen sein“. Obwohl anfangs viele nicht an abgestimmte Maßnahmen und Solidarität glaubten, hat die EU Stärke bewiesen und gegenüber den beispiellosen Auswirkungen dieser Krise eine gemeinsame Antwort gefunden.
Im Jahr des 70. Jubiläums des Schuman-Plans haben sich die 27 EU-Mitgliedstaaten für Solidarität entschieden – einer der Grundwerte der Europäischen Union und sicherlich einer der meistgeschätzten Werte ihrer Bürger_innen.
Wir Europäer_innen leben in herausfordernden Zeiten, und die EU hat ihre Fähigkeit bewiesen, auf diese in Rekordzeit zu reagieren. Die Verfügbarkeit medizinischer Güter und Geräte wurde sichergestellt, ein gemeinsamer Ansatz zu Reisevorschriften geschaffen und für den weiteren freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen wurden sogenannte grüne Korridore geöffnet. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat haben eine Reihe neuer Regeln verabschiedet, dank derer sich die Strukturfonds völlig flexibel einsetzen lassen. Die EU hat es geschafft, einen gemeinsamen Weg zu entwickeln.
Ihren Anfang nahm die Europäische Union als ein Ideal der Wenigen. Inzwischen ist sie zur Chance der Vielen geworden. Jetzt liegt es in ihrer Verantwortung, „in unseren gemeinsamen Wiederaufbau und in unsere gemeinsame Zukunft zu investieren“. Es ist Zeit, unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften neu zu denken, in Richtung einer grünen, digitalisierten und resilienten Zukunft. Die Pandemie wird strukturelle Veränderungen mit sich bringen, manche Lösung beschleunigen, und die Politik sollte weitblickend genug sein, um nahtlos einen umfassenden Wiederaufbau zu ermöglichen.
Die EU sollte mit gutem Beispiel vorangehen, sie sollte führen. Die Zeit läuft, die Bürger_innen warten, und für viele ist dies „der Moment Europas“. Es ist an der Zeit, Egoismen beiseitezulegen und zusammen eine bessere Zukunft aufzubauen.
Der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) – der EU-Haushalt – ist das wichtigste Instrument zur Investition in die Europäische Union. Es ist wohlbekannt, wie viele Nächte die Verhandlungen dieses Haushalts gefüllt haben. In der Regel sind diese Diskussionen bestimmt von widersprüchlichen Forderungen nach einerseits mehr Geld für nationale Mittelzuweisungen und andererseits niedrigeren nationalen Beiträgen, selbst wenn anfangs noch stets die Prioritäten, Ziele und Herausforderungen der Gesamt-EU im Mittelpunkt stehen. Am Ende setzen sich tendenziell immer die nationalen Interessen durch und schwächen so das übergeordnete Interesse an einer echten, stark engagierten Union, die gemeinsame Ziele verfolgt.
Vor der Pandemie wurde auf mehreren EU-Gipfeln erfolglos versucht, die festgefahrenen Verhandlungen des nächsten EU-Haushalts voranzubringen. Die Pandemie hat hier die Lage nicht völlig verändert, doch Europas Antwort auf die gegenwärtige, beispiellose Krise stellt hier nun einen bemerkenswerten und historischen Wendepunkt dar.
Das Wiederaufbauinstrument „Next Generation EU“ (NGEU)
Das neue Wiederaufbauinstrument Next Generation EU (NGEU) umfasst 750 Milliarden Euro. Die Mittel werden von der EU-Kommission an den Kapitalmärkten aufgenommen und hauptsächlich in Form von Zuschüssen – 390 Milliarden Euro – an die Mitgliedstaaten verteilt, neben 360 Milliarden Euro an rückzahlbaren Krediten. Zusammen mit dem MFR beläuft sich der europäische Aufbauplan insgesamt auf fast zwei Billionen Euro. Ist das für die EU nun tatsächlich ein sogenannter Hamilton-Moment? Wahrscheinlich nicht, und doch liegen diesem Schritt Prinzipien zugrunde, die gebührend gewürdigt werden müssen.
Erstens, das Prinzip der gemeinschaftlichen Verschuldung: Indem die EU zur Finanzierung ihres Aufbauplans beträchtliche Kredite aufnimmt, treten alle Mitgliedsländer in eine gemeinsame Verantwortung. Selbst wenn das Wiederaufbauinstrument nur befristet sein mag, ist das Prinzip der Schuldenvergemeinschaftung doch vorhanden. Eine Budgetlinie für Schuldzinsen und Schuldenrückzahlungen ist ebenso Teil des Haushalts. Es ist wie bei Euro-Bonds. Zusammen mit SURE (Support mitigating Unemployment Risks in Emergency), dem zeitlich befristeten Instrument zur Unterstützung von Kurzarbeitsregelungen, nimmt die EU-Kommission an den Kapitalmärkten knapp 850 Milliarden Euro auf. Zudem werden die 100 Milliarden Euro im Rahmen von SURE als Sozialanleihen (Social Bonds) ausgegeben, und 30 Prozent der finanziellen Mittel für das Wiederaufbauinstrument Next Generation EU sollen durch grüne Anleihen (Green Bonds) beschafft werden, die im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility – RRF) für grüne Investitionen vorgesehen sind. An den Kapitalmärkten wird die Ausgabe dieser sozialen und grünen Anleihen sicherlich nicht spurlos vorübergehen.
Zweitens, die Steuerung des Wiederaufbauinstruments: Trotz seiner juristischen Grundlage in Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist das Instrument im EU-Haushalt verankert. Das Europäische Parlament war die erste Institution, die über den EU-Haushalt garantierte Wiederaufbauanleihen forderte. Weil eine zwischenstaatliche Lösung keine ausreichende Unterstützung fand, beschlossen die europäischen Staatsoberhäupter einen Wiederaufbaufonds und beauftragten die Kommission, diesen nach der Gemeinschaftsmethode zu gründen. Dass eine derartige Krisenreaktion im institutionellen Rahmen der EU entwickelt wurde, zeigt, dass unsere EU-Verträge noch immer die notwendige Flexibilität aufweisen. Allerdings wird diese Lösung dadurch gleichzeitig dem Einstimmigkeitsprinzip unterworfen, was einige Länder leider bereits zur Durchsetzung engstirniger Eigeninteressen ausgenutzt haben. Bei der ursprünglich vorgeschlagenen Steuerung des Wiederaufbauinstruments gab es weiteren Verbesserungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der politischen und demokratischen Rechenschaftspflicht und Legitimität. Hier haben die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament wichtige Erfolge im institutionellen Gefüge der EU bewirkt: ein Monitoring-Verfahren des NGEU im Rahmen der interinstitutionellen Vereinbarung, eine Zusage, die EU-Haushaltsordnung zu überarbeiten sowie eine gemeinsame Erklärung über die zukünftige Anwendung von Artikel 122 AEUV.
Drittens unterstreicht dieses Instrument in der Debatte einmal mehr, wie wichtig eine gemeinsame EU-Politik ist: Am 16. September 2020 kündigte die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage der Union eine europäische Gesundheitsunion an. Die gegenwärtige Krise hat einen grundlegenden wirtschaftlichen Wandel ausgelöst. Der grüne und der digitale Wandel sind wichtiger denn je, wobei uns die Krise verdeutlicht, dass es keine Zeit mehr zu verlieren gilt. Heute bietet sich uns die Gelegenheit, die öffentlichen Güter der EU sowie die Rolle nationaler Politiken und Investitionen bei der Verfolgung gemeinschaftlicher Ziele wie der Reduzierung der CO2-Emissionen oder dem Aufbau von 5G-Netzwerken zu diskutieren.
Die Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility – RRF), das entscheidende Werkzeug des Wiederaufbauinstruments Next Generation EU, bietet eine einmalige Gelegenheit, unsere Volkswirtschaften langfristig grüner und resilienter zu gestalten: Die RRF ist ein fiskalisches Werkzeug, das uns hilft, den Konjunkturzyklus zu steuern. Sie ist zwar erst mal nur befristet, ihr zugrunde liegt aber ganz klar das Prinzip der Notwendigkeit eines Werkzeugs zur fiskalischen Stabilisierung in der EU. Durch die RRF müssen die Einzelstaaten nun in Aufbau- und Resilienzplänen Reformentwürfe und Investitionsvorschläge einreichen. Den Mitgliedstaaten bietet sich daher jetzt eine einmalige Gelegenheit, wünschenswerte wachstumsfördernde Reformen in Bereichen wie der Bildung umzusetzen, die Resilienz ihrer öffentlichen Gesundheitssysteme zu stärken, die öffentliche Verwaltung und das Justizwesen effizienter zu gestalten sowie den Klimazielen nachzukommen. Könnte dies einer Überarbeitung des Europäischen Semesters die Türen öffnen, hin zu einem ganzheitlicheren Ansatz und einer größeren demokratischen Legitimität? Wie es manche Kommentatoren bereits angemerkt haben, dem Europäischen Semester könnte damit für die Implementierung von Reformmaßnahmen endlich das „Zuckerbrot“ zur Verfügung stehen, das bisher gefehlt hat.
Die größte Herausforderung besteht nun darin, das Aufbaupaket (MFR und NGEU) umzusetzen: Die süd- und mitteleuropäischen Länder werden die größten Nutznießer der Hauptkomponente von Next Generation EU sein.Zusammen mit den Strukturfonds werden diese Mitgliedstaaten am meisten von den EU-Fonds profitieren.Die europäischen Institutionen und Mitgliedstaaten sollten daher zusammenarbeiten, damit das Geld zur rechten Zeit fließt, weder Abschöpfung noch Monitoring zum Hindernis werden und auf nationaler Ebene ausreichende Verwaltungskapazitäten bestehen, um sehr große Summen an öffentlichen Investitionen zu platzieren.
Der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) 2021–2027
Verantwortung zu übernehmen bedeutet auch, für die Zukunft zu planen, d. h. über gemeinsame Politiken nachzudenken, deren Ergebnisse und deren europäischer Mehrwert sich womöglich erst langfristig zeigen. Meine Generation hat sich für den Fortschritt in der Welt eingesetzt, doch in vielerlei Hinsicht hat dieser Fortschritt auch unsere Zukunft gefährdet.
Während das Aufbaupaket (MFR und NGEU zusammengenommen) die größte finanzielle Feuerkraft in der Geschichte der EU darstellt, befindet sich der EU-Haushalt, das langfristige Budget, das vor allem auf Strukturpolitik in Europa abzielt, auf seinem bislang niedrigsten Niveau. Der Abschluss des EU-Gipfels im Juli 2020 war insgesamt positiv (und übertraf sogar manche Erwartungen), doch gaben die Staatsoberhäupter gleichzeitig auch Anlass zu Enttäuschung.Während die nationalen Mittelzuweisungen beibehalten wurden und das Verhältnis von Zuschüssen und rückzahlbaren Krediten geändert wurde, wurden manche EU-Programme erheblich gekürzt, andere sogar ganz gestrichen.
Die Position des Europäischen Parlaments war hier von Anfang an klar: Die Obergrenzen des EU-Budgets müssen erhöht und 15 Leitprogramme der EU gezielt verstärkt werden. Am Ende der Verhandlungen gelang es dem Europäischen Parlament zum ersten Mal, zusätzliche Mittel zur Stärkung wichtiger EU-Programme in Bereichen wie Gesundheit, Kreativwirtschaft, Forschung, Jugend und humanitäre Hilfe zu sichern. Der Gesamtbetrag dieser Aufstockungen beläuft sich auf 15 Milliarden Euro, und eine weitere Milliarde Euro wird beiseitegelegt, falls unerwartete zukünftige Krisen bewältigt werden müssen.
Ohne irgendein bestimmtes Politikfeld bevorzugen zu wollen, möchte ich drei Bereiche hervorheben, auf die die politischen Entscheidungsträger_innen in den nächsten Jahren meiner Meinung nach besonderes Augenmerk legen sollten.
Unser Wunsch nach einem guten Leben stößt an seine planetaren Grenzen: Die Herausforderung besteht darin, „die Bedürfnisse aller mit den Mitteln des Planeten zu befriedigen“. Die EU muss die größten Gefahren für das Wohl unseres Planeten angehen: Klimawandel, Artensterben, Ressourcenverknappung und Umweltverschmutzung. Die Zusage lautet, bis 2050 ein CO2-neutrales Europa geschaffen zu haben. Unser gesamter Energieverbrauch sollte durch erneuerbare Quellen gedeckt sein, erneuerbare Energien sollten günstiger werden und Gebäude sollten energieeffizient saniert werden. Banken und Pensionsfonds sollten nicht in fossile Brennstoffe, sondern in saubere Energien investieren. Eine Gemeinsame Agrarpolitik hat die EU bereits. Nun brauchen wir eine Wende hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem, das auf hochwertigen Lebensmitteln, dem Schutz der menschlichen Gesundheit und Umwelt sowie einer örtlich begrenzten Nahrungsmittelerzeugung basiert. Die EU muss tätig werden, um Ökosysteme zu bewahren bzw. wiederherzustellen. Gemeinsam mit internationalen Partnern wie den Vereinten Nationen sollte es sich Europa beispielsweise zur Aufgabe machen, die Ozeane zu reinigen. Die Weltmeere zu säubern würde deren Biodiversität erhöhen und eine nachhaltige Befischung zur Sicherung unserer Nahrungskette gewährleisten. Dasselbe gilt für Wälder, auch sie sind essenzieller Bestandteil unseres Planeten und wichtige Zentren der Biodiversität.
Die EU hat es bislang nicht geschafft, eine europäische Digitalpolitik zu entwickeln und hängt hier ihren Konkurrenten hinterher: Die Pandemie hat verdeutlicht, welche neuen Möglichkeiten digitale Technologien bieten. Dazu zählen neue Formen der Organisation auf Grundlage von Netzwerken sowie neuartige Formen der Bürgerbeteiligung. Technologien sind nicht neutral, sie beinhalten und begünstigen bestimmte Werte und Interessen. Derzeit werden die neuen digitalen Technologien von den USA und China dominiert. Trotzdem kann die EU noch immer eine eigene digitale Wende anstoßen. Sie sollte eine Strategie entwickeln, die sich die eigenen Vorteile zunutze macht und gesellschaftliche Bereiche wie das Verkehrswesen, die grüne Transformation, das Gesundheitswesen oder die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik unterstützt. Hierfür müssen wir massiv in Großrechner und Datenverarbeitung, in künstliche Intelligenz und Data Learning investieren. Wir müssen Innovationen vorantreiben und Technologien im Dienste unserer europäischen Werte und Lebensart entwickeln.
Europäisch zu sein und unserer Verantwortung gerecht zu werden bedeutet auch, die multilateralen Regeln zu verteidigen und notwendige Veränderungen auf der Grundlage gemeinsamer Werte, Regeln und eines wechselseitigen Gebens und Nehmens anzustreben. Zur Reform des multilateralen Systems und zur Förderung von Partnerschaften über Weltregionen hinweg muss die EU neue Strukturen der Global Governance entwickeln. Mit vereinter Kraft sollte Europa in der ganzen Welt Menschenrechte und Demokratie befördern. Unsere Verantwortung beginnt dabei bereits an unseren eigenen Grenzen. Unsere Nachbarregionen sind nach wie vor Instabilitäten und Konflikten ausgesetzt. Nur mit überzeugenden Instrumenten und Investitionsprogrammen können wir die Glaubwürdigkeit im Bereich der europäischen Nachbarschaftspolitik wiederherstellen. Im Laufe der nächsten sieben Jahre sollte ein besonderer Fokus auf Afrika liegen, dem Kontinent, dessen Bevölkerung zu 60 Prozent aus Jugendlichen besteht. Die EU sollte ihre Partnerschaften stärken und sie inklusiver, flexibler und resilienter gestalten.
Den EU-Haushalt finanzieren und unseren Verpflichtungen nachkommen
Konsequenterweise müssen wir auch neue Einnahmequellen zur Finanzierung des EU-Haushalts erschließen – die sogenannten Eigenmittel. Hierbei müssen wir kohärent und verantwortlich, aber auch kreativ und einfallsreich vorgehen.
Warum ist es so wichtig, neue echte Eigenmittel zu finden? Die EU wird sich in den kommenden Jahren viel Geld leihen und es im Laufe der nächsten 38 Jahre zurückzahlen. Es liegt in der Verantwortung der nächsten Generation, dieses Geld zurückzuerstatten, während wir wiederum in der Verantwortung stehen, jetzt die notwendigen finanziellen Ressourcen für diese Rückzahlung zu schaffen.
Dabei ist es zunächst einmal wichtig klarzustellen, dass neue europäische Steuern nicht zwangsläufig gleichdeutend mit echten neuen Eigenmitteln sind, d. h. neue Steuerquellen auf EU-Ebene nicht automatisch neuen Einnahmequellen für den EU-Haushalt gleichkommen. Zudem plädiere ich dafür, dass neue Eigenmittel auf die europäischen Prioritäten abgestimmt werden und die Kosten des Wiederaufbauinstruments Next Generation EU decken. Diese Schlüsselprinzipien sind nun Teil der interinstitutionellen Vereinbarung, die einen Korb möglicher neuer Eigenmittel vorsieht, die an unsere umweltpolitischen Ziele, den digitalen Wandel und den Kampf gegen Steuerflucht und Steuerbetrug gekoppelt sind. In ihr ist auch ein verbindlicher Fahrplan verankert, der den zeitlichen Ablauf und die sonstigen Modalitäten für die Einführung neuer Eigenmittel – z. B. auf Basis des Emissionshandelssystems (Emission Trading System – ETS) bis zum 1. Januar 2023 oder in Gestalt einer Finanztransaktionssteuer (Financial Transaction Tax – FTT) bis zum 1. Januar 2026 – festlegt.
Die Entscheidung des Europäischen Parlaments für einen solchen Korb ist wohlüberlegt. Die EU sollte angesichts ihrer finanziellen Verpflichtungen (der Rückzahlung von Schulden und Zinsen sowie der Finanzierung der EU-Politiken) die zur Verfügung stehenden Eigenmittel so weit wie möglich nutzen. Manche Eigenmittel werden im Laufe der Zeit allerdings auch wieder geringer werden, gerade die umweltpolitischen, sollten sich diese Politiken als erfolgreich erweisen. Wir dürfen daher nicht zaghaft sein, weitere Vorschläge auf den Tisch zu legen. Wir sollten zusammen mit anderen Sektoren und Partner_innen handeln und alle gemeinsam daran arbeiten, die Zukunft der kommenden Generationen nicht noch weiter zu gefährden, als wir es bereits getan haben. Es bleibt keine Zeit zu warten.
Zu guter Letzt muss die EU unbedingt zeigen, dass sie ihre eigenen Werte lebt, einschließlich des Schutzes von Grundrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Stärkung der Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit erfordert einen umfassenden Ansatz, mit einem Monitoring-System auf Basis eines Peer-to-Peer-Review-Systems für alle Mitgliedstaaten sowie einem Mechanismus, mit dessen Hilfe die EU die finanzielle Unterstützung von nationalen Regierungen einstellen kann, die die Grundwerte der Union – „die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte“ – missachten. Mittlerweile haben wir nun endlich in Verbindung mit Artikel 2 AEUV einen starken Mechanismus, der auf einer effizienten und anwendbaren Konditionalität basiert. Dessen konsequente Anwendung erfordert, dass wir endgültig mit der Vorstellung aufräumen, in Europa wäre es möglich, Werte gegen Geld einzutauschen, oder dass Werte käuflich sind.
Es ist, wie Elvira Fortunato, eine hervorragende Wissenschaftlerin, die in meinem Heimatland Portugal mit dem Horizon Impact Award 2020 ausgezeichnet wurde, kürzlich sagte: „Die Welt wird besser werden. Die Pandemie erinnert uns alle daran, dass es Alternativen gibt“. Nie zuvor war es so leicht, etwas zu ändern – solange der politische Wille dazu vorhanden ist.Der Text wurde aus dem Englischen übersetzt.
Margarida Marques MdEP ist Mitglied des Europäischen Parlaments, dort stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses und Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft und Währung sowie des Ausschusses für internationalen Handel. Sie ist Ko-Berichterstatterin der S&D-Fraktion für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027.
Bei dem Beitrag handelt es sich um eine gekürzte Vorabveröffentlichung. Die im Beitrag zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind nicht notwendigerweise die der Friedrich-Ebert-Stiftung.
von Stephan Schulmeister
von Matthias Miersch
von Anton Hemerijck und Robin Huguenot-Noël
Migration und Integration
Dr. Dietmar MolthagenMolthadg(at)fes.de
Günther SchultzeSchultzg(at)fes.de
Zukunft der Demokratie
Dr. Dietmar MolthagenMolthagd(at)fes.de
Stefanie HankeStefanie.Hanke(at)fes.de