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Restriktiv & Kontrovers: Neue sozialdemokratische Migrationspolitik in Dänemark

Externe Auffangzentren und kein Asyl mehr an der Landesgrenze – die neue Strategie der dänischen Sozialdemokratie enthält viel Zündstoff.

In einem Jahr findet in Dänemark die Parlamentswahl statt. Während die meisten sozialdemokratischen Parteien in Europa noch nach einer Strategie zum Umgang mit dem Thema Migration suchen, setzen die dänischen Sozialdemokraten auf eine radikale und restriktive Einwanderungspolitik. Mit einem Strategiepapier »Fair und realistisch: Eine Einwanderungspolitik, die Dänemark zusammenbringt« wird nun klar, was im Einzelnen gefordert wird:

  • Auffangzentren für Migranten sollen außerhalb Europas aufgebaut werden. Ebenso soll das Recht auf »spontanes Asyl« abgeschafft werden – also die Möglichkeit, im Land selbst oder an der Grenze einen Asylantrag zu stellen. Im Gegenzug würde Dänemark Flüchtlinge entsprechend einer Quote der Vereinten Nationen (UN) aufnehmen.
  • Strengere Voraussetzungen betreffen auch den Familiennachzug, insbesondere die Ehepartner_innen. Demnach fordert die Partei eine Rückführungsreform und die Aufrechterhaltung von Grenzkontrollen.
  • Reformen der dänischen Entwicklungshilfe für afrikanische Länder sollen nach Vorbild des Marshall- Plans an einwanderungspolitische Ziele gekoppelt werden.
  • Für in Dänemark ansässige Migrant_innen sind diverse Integrationsmaßnahmen vorgesehen, etwa eine Kindergartenpflicht und eine explizite Arbeitsmarktteilnahme. Dadurch sollen sie einen Beitrag zur dänischen Gemeinschaft leisten, bevor sie Integrations- oder Bar-Sozialleistungen empfangen.

Die dänische Sozialdemokratie plant völkerrechtswidrige Maßnahmen – und erntet in Dänemark kaum Kritik


In einem Gastbeitrag für die FES stellt Peter Nedergaard, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kopenhagen, die weiteren Ziele der Sozialdemokraten in Dänemark detailliert vor. Sein Beitrag zeigt, dass es nicht immer leichtfällt, die Maßnahmen kritisch einzuordnen: Von einem dänischen Experten werden sie anders bewertet als im europäischen sozialdemokratischen Kontext üblich.

Tatsächlich sind die Forderungen der Partei in vielerlei Hinsicht höchst problematisch und könnten gegen internationales Recht und gemeinsame Abkommen verstoßen. Dies betrifft vor allem die geplanten Asyleinschränkungen und Auffanglager in Nordafrika. Unter völkerrechtlichen Vereinbarungen müssen Aufnahmezentren für Geflüchtete außerhalb Dänemarks zwingend internationale Normen einhalten. Zu diesen gehört der menschenrechtliche Mindeststandard, zum Beispiel das Non-Refoulement-Prinzip der Genfer Flüchtlingskonvention, das Prinzip der Nichtzurückweisung. Es besagt, dass keine geflüchtete Person in ein Land zurückgeschickt werden darf, wo „ihr Leben oder ihre Freiheit wegen ihrer Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit oder politischen Anschauung gefährdet ist“. In afrikanischen Ländern, die bisweilen weder als sichere Drittstaaten deklariert wurden, noch rechtsstaatliche Garantien im Asylverfahren bieten, ist es allerdings sehr unwahrscheinlich, dass dieser Grundsatz in der Praxis eingehalten werden kann.

Bemerkenswerte Abkehr von sozialdemokratischen Werten


Insofern ist der Vorschlag der dänischen Sozialdemokrat_innen bemerkenswert. Die Einwanderungspolitik der Partei lässt sich als eine neue Gegenbewegung zum vorherrschenden liberalen, einwanderungsfreundlichen Diskurs vieler sozialdemokratischer Parteien in Europa einordnen. Ob diese Richtung wirklich alte Wählerschichten zurückgewinnen kann oder eher die Werte der Partei aufgibt, bleibt ein dänisches Experiment.

 

Nedergaard, Peter

Zurück zu den Wurzeln

Warum fordert die dänische Sozialdemokratie eine restriktive Einwanderungspolitik?
Budapest, 2018

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