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"Die größten Hindernisse sind die Gewalt und die politische Diskriminierung"

Interview mit der Parlamentsabgeordneten Valeri Silva über die politische Beteiligung von Frauen in Bolivien.

Bild: Valeria Silva (rechts) mit Claudia Peña (FES Bolivien). Bild wurde zur Verfügung gestellt von FES Bolivien

Zum ersten Mal in der Geschichte Boliviens ist das Verhältnis von Frauen zu Männern in der Plurinationalen Legislativen Versammlung mit 49 Prozent nahezu ausgeglichen. Damit verfügt das bolivianische Parlament über den zweithöchsten Frauenanteil weltweit. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Probleme gelöst sind: So haben beispielsweise 2015 drei von zehn weiblichen Abgeordneten aus regionalen Parlamenten von Gewalt und politischer Diskriminierung berichtet.

Zur politischen Beteiligung von Frauen in Bolivien haben wir die Abgeordnete Valeri Silva interviewt. Sie gehört der Fraktion der Regierungspartei Movimiento al Socialismo (MAS) an und war erst 24 Jahre alt, als sie das erste Mal ins nationale Parlament gewählt wurde. Kürzlich wurde sie zur Vorsitzenden des Ausschusses für Internationale Beziehungen und Migration gewählt.

Wie siehst Du die politische Beteiligung von Frauen in Bolivien?

Ich weiß, was es heißt, eine Frau in einer Männergesellschaft zu sein. Heute darf ich die Früchte des Kampfes früherer Generationen von Frauen ernten. Obwohl Zahlen nicht alles sind, glaube ich, dass der hohe Frauenanteil eine wichtige Errungenschaft ist, um die wir weiterhin kämpfen müssen. Viele dieser Errungenschaften werden in letzter Zeit infrage gestellt. Die Führungsriegen, insbesondere die der konservativen Parteien, verfolgen Frauen, die starken politischen Einfluss erreicht haben. Sie möchten diese Frauen am Ausbau ihrer Führungspositionen hindern und dadurch auch vermeiden, dass Anreize geschaffen werden, die andere Frauen ermutigen könnten.

In den vergangenen Jahren wurden in Bolivien viele progressive Gesetze zum Schutz der Frauen verabschiedet: das Gesetz gegen Diskriminierung und politische Gewalt, das Gesetz zur Garantie eines gewaltfreien Lebens für Frauen, das Wahlgesetz und viele andere. Dennoch haben allein im letzten Jahr etwa fünfzig Frauen in verschiedenen öffentlichen Positionen Diskriminierung und politische Gewalt gemeldet. Jenseits von Bedrohungen und Aggressionen gibt es nach wie vor soziale Strukturen, die einer besseren politischen Beteiligung von Frauen im Wege stehen.

Was sind aus Deiner Sicht die wichtigsten Hindernisse für die politische Beteiligung von Frauen?

Es geht nicht nur um die Anzahl der Frauen in der Politik, sondern auch um die Bedingungen, unter denen wir unsere politische Macht ausüben können. Immer noch liegt die gesamte Last der Familienfürsorge auf den Frauen, und dies zu verändern ist eine enorme gesellschaftliche Aufgabe. Jenseits der normativen Fortschritte müssen wir also noch stärker für einen gesellschaftlichen Wandel eintreten. Dies beinhaltet auch die Macht der Kirchen, der Medien und der Universitäten zu hinterfragen oder – umgekehrt gedacht – diese durch die Politik stärker mitzugestalten. Insgesamt ist die Aufgabe, die Beteiligung von Frauen in der Politik zu etwas Selbstverständlichem zu machen, noch lange nicht abgeschlossen.

(Zur Website der FES in Bolivien)


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