Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Was ist besonders am Status für Geflüchtete aus der Ukraine und was kann Deutschland hinsichtlich der Aufnahme, Unterbringung und Arbeitsmarktzugangs von anderen EU Staaten lernen? Darüber schreibt Dietrich Thränhardt in der FES Studie: Mit offenen Armen - die kooperative Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Europa. Eine Alternative zum Asylregime?
Mit der Aufnahme von Millionen ukrainischen Kriegsgeflüchteten haben die europäischen Mitgliedstaaten eine beispiellose und historisch einmalige Solidarität zum Ausdruck gebracht. Die einstimmige Aktivierung der Richtlinie über vorübergehenden Schutz im europäischen Rat hat eine unbürokratische und schnelle Aufnahme der Menschen, die vor Krieg und Zerstörung durch russische Bomben flüchten mussten, ermöglicht.
Was für andere Geflüchteten-Gruppen in weit geringeren Zahlen bisher nicht möglich oder gewollt war, gelingt in diesem Fall auch in Mitgliedstaaten, die sich bisweilen gegen eine offenere europäische Asylpolitik und der fairen Verteilung von Geflüchteten ausgesprochen haben: Mit dem vorrübergehenden Schutz ist für Menschen aus der Ukraine qua Pass die freie und selbstbestimmte Einreise in die EU und der Zugang zu Sprach- und Bildungsangeboten, zum Gesundheitssystem und zum Arbeitsmarkt geöffnet. Zudem fanden sie in Tausenden engagierten Bürger_innen durch die private Aufnahme Halt und Stabilität.
Anlässlich des bitteren Jahrestags des unrechtmäßigen Angriffskriegs Russlands am 24. Februar 2022 zieht der Politikwissenschaftler Dr. Dietrich Thränhardt für die Friedrich-Ebert-Stiftung erstmalig einen europäischen Vergleich über den „Vorübergehenden Schutz“. Die Studie Mit offenen Armen - die kooperative Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Europa gibt Aufschluss über Stärken und Schwächen der verschiedenen nationalen Systeme in Bezug auf Einreiseverfahren, Unterbringungsmöglichkeiten und die (Arbeitsmarkt-)Integration.
In der Tschechischen Republik, Polen, den baltischen Ländern und den Niederlanden hat die Mehrheit der arbeitsfähigen Kriegsflüchtlinge inzwischen Beschäftigung gefunden, das trägt zur wirtschaftlichen Erholung bei und vermittelt Anerkennung. In den deutschsprachigen Ländern wurde die Aufnahme in Anlehnung an die traditionelle Asylverwaltung gestaltet, die Komplexität der Regelungen und Verfahren führte zu geringeren Erfolgen bei der Arbeitsbeteiligung. Einige europäische Länder haben Sonderregelungen geschaffen, mit denen ukrainische Spezialisten im Gesundheits- und Bildungsbereich rasch eingesetzt werden konnten.
Freiwillige Gastgebende waren in den meisten Ländern entscheidend für die rasche Aufnahme so vieler Menschen. Schnell bildeten sich gut organisierte Netzwerke zur Unterstützung in vielerlei Hinsicht. Besonders aktiv waren in der EU lebende Ukrainer. In der Medienöffentlichkeit wurde die tragende Rolle der privaten Aufnahme und ihre Resilienz wenig gewürdigt, in den Schlagzeilen zeigte sich eher Interesse an den relativ wenigen Fällen des Nichtfunktionierens. Finanziell wurden die Gastgebenden in den europäischen Ländern in sehr unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Ausmaß unterstützt, Pauschalzahlungen bewegten sich zwischen Null und 800 Euro pro Monat.
In dieser vergleichenden Tabelle sind die Unterschiede zwischen dem europäischen Asylsystem und dem Regime des ,,Vorübergehenden Schutzes“ gut zu erkennen.
Die erfolgreiche kooperative Aufnahme von über vier Millionen Kriegsflüchtlingen kann bei der Reform des europäischen Asylsystems und der deutschen Aufnahmepraxis in vieler Hinsicht lehrreich sein: bei der Freisetzung der Gesellschaft zu engagierter Hilfe, bei der Aufhebung von Arbeitsverboten, bei der raschen Entscheidung über das Bleiberecht und bei der europäischen Zusammenarbeit.
Die Aufnahme von mehr als vier Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in der EU und ihren Nachbarstaaten hat sich in einer Atmosphäre kooperativer Zusammenarbeit vollzogen. Die Aufnahmezahlen in den europäischen Ländern waren zwar sehr unterschiedlich, aber die Offenheit ganz Europas führte zu einer wesentlichen Entlastung der Erstaufnahmestaaten. Sie beherbergen inzwischen weniger als ein Drittel der Kriegsflüchtlinge. Berechnet man pro Kopf der Bevölkerung, so hat die Tschechische Republik die meisten Kriegsflüchtlinge aufgenommen, Estland liegt an zweiter Stelle. In absoluten Zahlen ist Deutschland seit Ende 2022 das wichtigste Aufnahmeland, knapp vor Polen.
In Deutschland haben sich die Kultusministerkonferenz (KMK) im März 2022 mit der Beschäftigung ukrainischer Lehrer_innen auseinandergesetzt. Die KMK hat eine Task Force eingesetzt, die bis November 39-mal getagt hat. Viele Schulen haben sich bemüht, ukrainische Lehrer_innen mitarbeiten zu lassen. Allerdings sind die Zahlen in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich hoch: Sachsen und Bremen haben rasch ukrainisches Lehrpersonal rekrutiert. In beiden Ländern entspricht die Zahl der ukrainischen Unterstützungslehrer_innen dem rechnerischen Bedarf. Die beiden größten Bundesländer sind weniger erfolgreich. Bayern erkennt nur Lehrbefähigungen aus der EU, der Schweiz, Island und Norwegen an.
Vielen ukrainische Lehrkräften haben befristete Beschäftigungen als Unterstützungs- und Assistenzlehrkräfte, in vielen Fällen in Teilzeit, gefunden. Der Autor der Studie argumentiert, dass man das deutsche Erfordernis der Unterrichtskompetenz in zwei Fächern überdenken sollte und Ukrainer_innen in Bezug auf die Berufsanerkennung EU-Bürger_innen gleichstellen. Dies würde sich positiv auf die Beschäftigungszahlen auswirken und gleichzeitig einen Beitrag gegen den Personalmangel in deutschen Schulen leisten
Thränhardt, Dietrich
Eine Alternative zum Asylregime? / Dietrich Thränhardt ; Herausgeberin: Abteilung Analyse, Planung und Beratung. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Februar 2023. - 42 Seiten = 2 MB, PDF-File. - (FES diskurs)Electronic ed.: Berlin : FES, 2023ISBN 978-3-98628-247-9
Zum Download (PDF) (2 MB, PDF-File)
Dieses Papier untersucht die Auswirkungen des Screening-Verfahrens und der Eurodac-Reform auf die digitalen Rechte von Migrant_innen sowie die Rolle…
Der Mangel an Pflegefachkräften in Deutschland nimmt immer weiter zu. Ein Forschungsprojekt zur Thematik der Anwerbung aus Drittstaaten.
Zieht es die ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Länder mit hoher Sozialhilfe? Oder dahin, wo sie schnell Arbeit finden? Europäische Fakten.
Warum ein Kompromiss über die neue EU Asylreform noch immer aussteht, aber eine Einigung dennoch nicht unmöglich ist - darüber sprechen wir mit Birgit…
Wie erleben Menschen die Zeit nach der Rückkehr in ihr Herkunftsland? Welche Hürden und welche Hilfen gibt es für sie? Ein Überblick von Zeynep…
Ein neuer ZOiS Report, unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Harvard Ukrainian Research Institute (HURI), des Davis Centre for Russian and…
Ein neues Rechtsgutachten der FES ist erschienen
Ein Beitrag von Verena Hubertz MdB über Herausforderungen und Lösungsansätze