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Bei den "FES Jugendstudien" handelt es sich um ein internationales Jugendforschungsprojekt, das schon in mehreren Ländern Südosteuropas und Osteuropas durchgeführt wurde: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien und Slowenien und Russland. In den kommenden Jahren wird das Projekt ausgeweitet auf die Region Ostmitteleuropa und Baltikum, sowie auch den Mittleren Osten und Nordafrika. Das zentrale Ziel der Studien besteht in der Identifizierung, Beschreibung und Analyse der Einstellungen und Verhaltensmuster junger Menschen in der heutigen Gesellschaft. Die Jugendstudie Russland ist das aktuellste Produkt der Reihe.
Die Daten wurden von Mai bis Juni 2019 unter 1500 Befragten im Alter 14-29 in Russland erhoben. Die gestellten Fragen deckten ein breites Themenspektrum ab, u.a. Erfahrungen und Wünsche junger Menschen in verschiedenen Lebensbereichen wie z.B. Bildung, Beschäftigung, politische Teilhabe, Familienbeziehungen, Freizeit und Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie, aber auch ihre Werte, Einstellungen und Überzeugungen. Die Ergebnisse werden in einer Studie sowie begleitenden Kurzanalysen präsentiert, die sowohl auf Englisch wie auch in russischer Sprache veröffentlicht werden.
Die Ergebnisse zeigen eine Entfremdung zwischen der russischen Jugend und dem westlichen Europa. Nur 52% der Jugendlichen glauben, dass die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen jemals wirklich freundlich sein können. Trotzdem bewerten russische Jugendliche viele Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in Europa besser als in Russland – ökonomische Faktoren genauso wie individuelle Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Je öfter eine Person reist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich als Europäer_in identifiziert. Ein vertiefter Austausch in beide Richtungen kann daher helfen, Europa als gemeinsamen Kulturraum zu begreifen in dem alle Länder ihren Platz haben, um so wieder mehr Begeisterung für die europäische Idee zu fördern.
Das junge Russland ist nicht mehr postsowjetisch. Der Zusammenbruch und die Bewertung des politischen Systems der Sowjetunion spielen bei den Jugendlichen eine immer geringere Rolle. 50% haben keine oder eine indifferente Meinung zum Zusammenbruch der UdSSR.
Politikdesinteresse ist weit verbreitet. Viele Jugendliche, knapp 60%, interessieren sich gar nicht oder kaum für Politik, außerdem wird den nationalen Institutionen kaum Vertrauen entgegengebracht. Nur 26% Vertrauen der Regierung, 16% politischen Parteien und 24% der Staatsduma. Dem Präsidenten selbst wird mit 42% noch ein vergleichsweises hohes Vertrauen entgegengebracht. Es gibt aber Anzeichen für gegenläufige Tendenzen: Für autokratische Verhaltensweisen gibt es kaum Rückhalt, die Zustimmung zur Demokratie im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist unter Jugendlichen leicht höher. Immerhin zwei Drittelstimmen der Aussage zu, dass junge Menschen mehr Möglichkeiten haben sollten sich in der Politik zu äußern. Hier scheint es ein Interesse an politischer Teilhabe zu geben, welches sich aber nicht konkreten politischen Forderungen ausdrückt.
Dieses Misstrauen in die Politik scheint bei einigen dazu beizutragen, dass Land verlassen zu wollen. Knapp die Hälfte schließt eine Auswanderung für sich nicht aus, und 16% haben einen starken oder sehr starken Wunsch zu emigrieren. Diejenigen, die die Zukunft des Landes sehr pessimistisch sehen und den staatlichen Institutionen stark misstrauen, haben den stärksten Wunsch zu emigrieren.
Die politischen Ansichten der Jugendlichen unterscheiden sich kaum von denen der Gesamtbevölkerung. Der größte Unterschied besteht in dem höheren Anteil derer, die ihre Zustimmung zu russischem Nationalismus (16%) und Liberalismus (12%) äußern, die Jugend ist also etwas polarisierter als der Durchschnitt. Die höchste Zustimmung unter den abgefragten politischen Ansichten erreicht allerdings die Sozialdemokratie mit 28%. Gleichzeitig stimmen 74% der Aussage zu, dass die Einkommen von Armen und Reichen gleicher werden sollen und 86%, dass die Regierung mehr Verantwortung dafür übernehmen soll, dass für alle Menschen gesorgt ist. Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen möchte einen Staat, der sich um Menschenrechte, die Umwelt, wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Korruption und soziale Gerechtigkeit und Sicherheit für alle sorgt.
Alexey YusupovAlexey.Yusupov(at)fes.de
Leitung der Pressestelle Johannes Damian
030 269 35-703801522-1570426
Presse(at)fes.de
Nur 52% der Jugendlichen glauben, dass die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen jemals wirklich freundlich sein können. Für nur 20% der Befragten ist das, was sie als westliche Kultur empfinden, identitätsprägend, nur 20% identifizieren sich als Europäer_in und nur 36% finden, das Russland ein europäisches Land ist. Eine Kluft zwischen der russischen Jugend und dem westlichen Europa ist nicht von der Hand zu weisen. Doch die Ergebnisse der Studie zeigen auch Ansatzpunkte, wie dieser Graben überwunden werden kann: individuelle Freiheit, ökonomische Aspekte, Demokratie und Rechtstaatlichkeit - alle diese Werte werden in Europa eher als verwirklicht angesehen im Vergleich zu Russland. Zwei der drei beliebtesten Emigrationsländer, Deutschland und Frankreich, sind in Europa, und je öfter eine Person reist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich als Europäer_in identifiziert. Ein vertiefter Austausch in beide Richtungen kann daher helfen, Europa als gemeinsamen Kulturraum zu begreifen in dem alle Länder ihren Platz haben, um so wieder mehr Begeisterung für die europäische Idee zu fördern.
Die Altersgruppen, die befragt wurden, sind in einem ganz anderen politischen System groß geworden als ihre Eltern. Dementsprechend spielen der Zusammenbruch und die Bewertung des politischen Systems der Sowjetunion bei den Jugendlichen eine immer geringere Rolle. 50% haben keine oder eine indifferente Meinung zu dem Zusammenbruch der UdSSR. Der Bruch mit der sowjetischen Generation zeigt sich auch darin, dass trotz mehrheitlich guter Beziehungen zu den Eltern, die Jugendlichen zu 38% ihrer eigenen Kinder anders erziehen würden. Die Jugend bewegt sich langsam von dieser Vergangenheit weg, doch es ist unklar wohin der Weg geht.
Das Interesse an Politik ist gering, knapp 60% interessieren sich nicht oder gar nicht für Politik. Den nationalen Institutionen wird kaum Vertrauen entgegengebracht. Nur 26% Vertrauen der Regierung, 16% politischen Parteien und 24% der Staatsduma. Dem Präsidenten selbst wird mit 42% noch ein vergleichsweises hohes Vertrauen entgegengebracht. Gleichzeitig engagiert sich die Jugend selber kaum politisch. Es gibt aber auch gegenläufige Tendenzen: Für autokratische Verhaltensweisen gibt es kaum Rückhalt, die Zustimmung zur Demokratie im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist unter Jugendlichen leicht höher. Immerhin 2/3 stimmen der Aussage zu, dass junge Menschen mehr Möglichkeiten haben sollten sich in der Politik zu äußern. Hier scheint es ein Interesse an politischer Teilhabe zu geben, welches sich aber nicht konkreten politischen Forderungen ausdrückt.
Das „Moskau nicht Russland ist“ lässt sich auch in dieser Studie nachweisen, denn die Moskowiter ticken anders. Dennoch ist die Moskauer Jugend ein relevanter Teil: 7,52% der Jugendlichen zwischen 14 und 29 leben in der Hauptstadt, unter ihnen ein Großteil der privilegiertesten. Sie können zu den Trendsettern für Entwicklungen im ganzen Land werden. Sie sind politischer, haben liberalere Einstellungen, misstrauen den staatlichen Institutionen stärker und sehen sich häufiger als Kosmopoliten und Europäer.
Russland riskiert, einen signifikanten Anteil der Jugend, darunter viele der am besten gebildeten, durch Emigration zu verlieren. Knapp über die Hälfte schließt eine Migration für sich nicht aus, und 16% haben einen starken oder sehr starken Wunsch zu emigrieren. Der Hauptgrund, den die Jugendlichen mit einem starken Wunsch zur Emigration angeben, ist mit 44% zwar die Verbesserung des Lebensstandards, entscheidender sind jedoch die Einstellungen der Jugendlichen zum Zustand des Landes: Diejenigen, die die Zukunft des Landes sehr viel pessimistischer sehen und den staatlichen Institutionen mehr Misstrauen, haben den stärksten Wunsch zu emigrieren.
Russland riskiert, einen Teil der Jugend zu verlieren, die den Ehrgeiz besitzt, sich in einem anderen Land ein neues und besseres Leben aufzubauen – mehr als ein Viertel möchte emigrieren um höhere Löhne, mehr politische Stabilität oder mehr kulturelle Diversität zu haben.
Die politischen Ansichten der Jugendlichen unterscheiden sich kaum von denen der Gesamtbevölkerung. Der größte Unterschied besteht in dem höheren Anteil derer, die ihre Zustimmung zu russischem Nationalismus (16%) und Liberalismus (12%) äußern, die Jugend ist also etwas polarisierter als der Durchschnitt. Die höchste Zustimmung unter den abgefragten politischen Ansichten erreicht allerdings die Sozialdemokratie mit 28%. Gleichzeitig stimmen 74% der Aussage zu, dass die Einkommen von Armen und Reichen gleicher werden sollen und 86%, dass die Regierung mehr Verantwortung dafür übernehmen soll, dass für alle Menschen gesorgt ist.
Mehr als 2/3 der Jugendlichen möchte einen Staat, der sich um Menschenrechte, die Umwelt, wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, Kriminalität und Korruption und soziale Gerechtigkeit und Sicherheit für alle sorgt. Ein Großteil der Jugendlichen zeigt durch ihre Erwartungen an den Staat und durch die starke Zustimmung zur Sozialdemokratie, dass sie einen starken und handlungsfähigen Staat möchten, der Grundrechte und soziale Gerechtigkeit garantiert. Das gleichzeitige Misstrauen gegenüber dem Staat ist ein Zeichen dafür, dass dieser das nur unzureichend umsetzt. Diesen Erwartungen gerecht zu werden kann ein Weg sein, dass Vertrauen der Jugendlichen in die Politik zurück zu gewinnen.
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