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Die Bundesregierung will durch das "Starke-Familien-Gesetz" Familien und Kinder besser unterstützen. Wenn Sie wissen wollen, was Kommunen für Jugend, Familie, Bildung und Soziales tun können, schauen Sie doch in das Kapitel 8 von Reiner Prölß aus unserer Reihe Grundwissen Kommunalpolitik, die Ihnen online zur Verfügung steht!
Bild: Deep Space fuer Kinder von Ars Electronica Center lizenziert unter CC BY-NC-ND 2.0
Dieser Beitrag beschreibt die verschiedenen Felder kommunaler Sozialpolitik, leitet ihre historischen Bezüge her, verweist auf rechtliche Grundlagen und greift aktuelle sozialpolitische Diskurse auf. Er liefert damit Grundlagen, um Tagespolitik richtig einzuordnen und selbst kommunale Sozialpolitik in der jeweiligen Gemeinde politisch-strategisch ausrichten zu können. Dies muss vor Ort geschehen, und es gibt kein Patentrezept. Auch wenn in diesem Beitrag Verwaltungsaspekte und fachliche Fragen bearbeitet werden, geht es doch letztendlich darum, Rüstzeug zu geben für die Gestaltung kommunaler Sozialpolitik. Einschränkend muss aber darauf hingewiesen werden, dass dieser Text aus der Perspektive einer Großstadt geschrieben ist und dass es in kleineren Gebietskörperschaften nicht möglich ist, immer in der beschriebenen fachlichen Differenziertheit kommunale Sozialpolitik zu gestalten. Auch stellt sich die Situation in einem Flächenlandkreis anders dar als in einem Landkreis in einem Ballungszentrum. Außerdem muss man sich immer bewusst sein, dass es Unterschiede in den Kommunalverfassungen der Länder gibt und dass auch innerhalb der Kommunen unterschiedliche Verwaltungstraditionen entstanden sind. So finden wir beispielsweise in Nordrhein-Westfalen viele oft sehr kleine Jugendämter in kreisangehörigen Städten.
Inhaltsverzeichnisse aller Kapitel des Grundwissen Kommunalpolitik und die Datei zum Download finden Sie hier!
geboren 1953 in Nürnberg, Abschluss als Dipl.-Pädagoge und Dipl.-Sozialpädagoge. Verschiedene Leitungsfunktionen im Jugendamt der Stadt Nürnberg und wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat für Jugend, Familie und Soziales der Stadt Nürnberg. Seit 1. Januar 2005 Berufsmäßiger Stadtrat für den Geschäftsbereich Referat für Jugend, Familie und Soziales. Langjährige ehrenamtliche Erfahrung in verschiedenen Handlungsfeldern der Jugendhilfe auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Verschiedene Veröffentlichungen zu Fragen der Jugend- hilfe und Bildung. Mitglied der Sozialausschüsse des Bayerischen und Deutschen Städtetags, seit Juli 2010 Vorsitzender des Sozialausschusses des Bayerischen Städtetags. [...]
Soziale Verwerfungen, Probleme und Schwierigkeiten von Menschen werden vor Ort sichtbar und spürbar. Häufig sind sie Folgen von politischen Entscheidungen und vorgegebenen Strukturen anderer politischer Ebenen. Sowohl die Betroffenen wie auch die Bürger_innen insgesamt erwarten deshalb auch die Lösung „vom Rathaus“ – von der kommunalen Politik und Verwaltung. In Artikel 28 des Grundgesetzes heißt es, dass alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung geregelt werden sollen. Die „kommunale Selbstverwaltung“ ist ein hohes Gut. Sie ist die „Grundlage des demokratischen Staatsaufbaus“, sie soll „das Wohl der Einwohner in freier Selbstverwaltung“ gewährleisten. Dazu müssen die Gemeinden aber über ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten und finanzielle Ausstattung verfügen. Die finanziellen Möglichkeiten sind von Gemeinde zu Gemeinde höchst unterschiedlich.
Eine unzureichende Finanzausstattung führt aber dazu, dass in den Gestaltungsspielraum kommunaler Selbst- verwaltung massiv eingegriffen wird, bis hin zur Haushaltssicherung. Das heißt, dass nicht mehr die demokratisch legitimierten kommunalen Selbstverwaltungsorgane Entscheidungen treffen können, sondern Auflagen und Ersatzvornahmen durch die Kommunalaufsicht der Landesregierungen erfolgen. Diese Beschränkungen gelten insbesondere für die kommunale Jugend-, Familien-, Bildungs-, Gesundheits- und Sozialpolitik, und zwar gerade dann, wenn es um die Umsetzung eines Konzeptes einer „nachhaltigen“, „vorbeugenden“ und „aktivierenden“ Sozialpolitik geht.
Damit wird schon deutlich, dass eine gestaltende kommunale Sozialpolitik sich nicht im engen Sinne auf verwaltungsmäßigen Vollzug und die praktische Umsetzung staatlicher Gesetzgebung und Vorgaben beschränken darf, sondern umfassender verstanden werden muss. Sie bedarf eines strategischen Konzepts.
Im kommunalpolitischen Alltag werden auch in der Sozialpolitik – neben „Auftragsangelegenheiten“, die Bund oder Länder an die Kommunen delegieren und bei denen es im Vollzug keinen Spielraum gibt – „Pflichtleistungen“ bzw. „Pflichtaufgaben“ und „freiwillige Leistungen“ un- terschieden. Diese aus dem Haushaltsrecht abgeleitete Sichtweise ist allerdings sozialrechtlich nicht haltbar. Vielmehr haben die ordnenden und strukturierenden sozial- rechtlichen Normen einen unterschiedlichen Verbindlich- keitsgrad, wie individuelle Rechtsansprüche (zum Beispiel auf einen Kindergarten- oder Krippenplatz) oder verbindliche Regelungen für Organisation oder Verfahren. Es gibt Rechtsansprüche dem Grunde nach, während andere nur empfehlenden und deklamatorischen Charakter haben. Es ist aber völlig falsch, dass (wie vielfach behauptet wird) beispielsweise offene Kinder- und Jugendarbeit eine freiwillige Leistung ist und es im Ermessen der Kommune liegt, eine solche anzubieten oder nicht. Der Gestaltungs- spielraum ist nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“, „Wer“ und „Wie viel“. Dies leitet sich schon aus der rechtlich vorgegebenen Infrastrukturverantwortung ab, die sich aus der in den verschiedenen Sozialgesetzbüchern unterschiedlich ausgestalteten Planungs- und Gewährleistungsverantwortung ergibt.
Die Aufgabe kommunaler Sozialpolitik ist es aber auch, sich in andere Politikfelder (Schule, Wohnen, Stadtentwicklung, Arbeitsmarkt) einzumischen, um damit die Voraussetzung für die „Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht“ und „dazu bei[zu] tragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“.
Grundsätzlich muss die Rolle der Kommune gestärkt werden. Die Bürger_innen erwarten, dass ihre Probleme vor Ort gelöst werden. Vielfach ist aber der Bund oder das Land zuständig. Wirksame Unterstützung kann aber nur dann erfolgen, wenn die verschiedenen Instrumente und Möglichkeiten der verschiedenen Ebenen aufeinander abgestimmt werden und koordiniert zum Einsatz kommen. Insbesondere im Bereich der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, in der Bildungspolitik, im Bereich der Altenhilfe und Pflege oder bei Integrationsfragen sind die Möglichkeiten der Kommune begrenzt. Unbestritten ist aber die Bedeutung der Zusammenarbeit und Vernetzung der verschiedenen Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden. Deshalb sollten die Kommunen die Koordinierungs- und Vernetzungsaufgabe offensiv annehmen und diese Rolle sollte für die verschiedenen sozialpolitischen Handlungsfelder gesetzlich normiert werden. [...]
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