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Digitale Zusammenarbeit in der Kommunalpolitik. Krise - Umbruch - Chance

"Die Pandemie hat unser aller Leben stark verändert. Familien- und Berufsleben vermischten sich im Homeoffice. Soziale Kontakte mussten eingeschränkt werden, ehrenamtliches Engagement ging nur auf Distanz und Familienfeiern sowie das Feierabendbier mit Freunden fanden über Videokonferenzen statt. Was wir alle im privaten und beruflichen Kontext erlebt haben, betraf auch die Kommunalpolitik: Die  bewährten Arbeitsweisen funktionierten nicht mehr und es gab dennoch viel zu tun."

Das vorliegende Praxisbuch zur digitalen Zusammenarbeit in der Kommunalpolitik soll helfen, Kommunalpolitiker_innen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Entstanden ist es unter dem Eindruck der Coronakrise, ein Jahr später stellen wir fest, dass viele der vorgestellten Tools und Tipps auch über die Pandemie hinweg Bestand haben werden. Das Praxisbuch soll Mut machen, Ideen anregen, Tipps geben und bei der Suche nach den passenden digitalen Tools helfen.

Im ersten Teil des Praxisbuchs lernen die Leserinnen und Leser die Herausforderungen und Lösungen kollaborativen Arbeitens entlang eines kommunalpolitischen Projekts einer fiktiven Stadt kennen. Im zweiten Teil werden die verschiedenen Werkzeuge digitaler Zusammenarbeit näher vorgestellt. Es werden verschiedene technische Möglichkeiten und Anbieter aufgezeigt, die beim kollaborativen Arbeiten in der Kommunalpolitik unterstützen können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Datenschutz.

Download Praxisbuch

Aus dem Buch:

Die Geschichte

Der Vorsitzende der Stadtratsfraktion Nils blättert abwesend durch das Parteiprogramm der letzten Kommunalwahl. Sein Blick bleibt auf Seite 7 hängen. In stolzen, fetten Buchstaben steht da: Neustadts Neue Mitte – Gemeinsam mit den Bürger_innen beleben wir unseren Stadtkern neu. Was waren das für Kämpfe gewesen, dieses Kapitel ins Programm zu bekommen! Nicht, weil jemand die Idee schlecht gefunden hätte, aus der hässlichen Durchgangsstraße einen attraktiven Stadtkern zu machen. Ganz im Gegenteil! Aber es hatte schon viele gescheiterte Versuche gegeben, das Projekt anzupacken. Jedes Mal versandete die Idee. Doch nach vielen endlosen Diskussionen stand das Projekt endlich im Programm und selbst Zweifler wie Rüdiger waren am Ende an Bord. Das positive Wahlergebnis stärkte Nils und seinem Team von tapferen Kommunalos zusätzlich den Rücken.

… und dann kam Corona!

Seit dem Ausbruch der Pandemie hatte sich die Arbeit der Fraktion komplett verändert. Keine Treffen mehr. Alles online. Alles schneller und notgedrungen kreativer. Jeden Tag ein neues Digitaltool. Die Lernkurve war für alle steil und für viele hart an der Grenze der Überforderung. Dennoch war es gelungen, alle mitzunehmen.

Digitale Zusammenarbeit gestalten

Videokonferenzen kommen dem Treffen vor Ort am nächsten. Sie ermöglichen, dass sich eine Fraktion oder ein Ortsverein virtuell trifft. Bild und Ton werden übertragen, alle sehen und hören sich. Um sich einzuwählen, brauchen die Teilnehmenden ein mobiles Endgerät (Smartphone, PC, Laptop oder Tablet) und eine stabile Internetverbindung. Per Videokonferenz können sich politisch Aktive nicht nur intern abstimmen, auch Workshops oder Konferenzen lassen sich per Videokonferenz abhalten. So lassen sich z. B. Bürgersprechstunden hervorragend online organisieren.

In unserer Geschichte wird eine Videokonferenz-Software zur Bürgerbeteiligung genutzt. Um in verschiedenen Gruppen richtig zu arbeiten, werden hier die Teilnehmenden einer Videokonferenz in virtuelleArbeitsgruppen verschoben (sog. Break-Out-Rooms). Während der Videokonferenz können Präsentationen gezeigt, Umfragen durchgeführt, Stimmungsbilder eingeholt oder gemeinsam an digitalen Whiteboards gearbeitet werden.

Für eine WerkStadt, wie in unserer Geschichte beschrieben, kann eine Videokonferenz-Plattform als zentrales Element genutzt werden, über das sich die Teilnehmenden treffen. Weitere
Tools, z. B. Whiteboards, Shared Documents und Umfragetools sind zum Teil bereits in den Videokonferenz-Lösungen integriert, zum Teil lohnt es sich, auch diese ergänzend einzusetzen.

Im Werkzeugkasten vergleichen wir verschiedene Anbieter von Tools für die digitale Zusammenarbeit:

  • Messenger-Dienste
  • Videokonferenzen
  • Whiteboards
  • Abstimmungs- und Umfragetools
  • Notiz-Apps
  • Telefonkonferenzen
  • Shared Documents
  • Datentransfer

15 Tipps für gelungene Videokonferenzen

Die AG Neue Mitte trifft sich jetzt schon lange in Videokonferenzen, trotzdem findet Rüdiger noch immer nicht den Knopf um sein Mikro freizuschalten. Ines will ihm helfen, Beide gestikulieren wild in die Kamera. Als Host kann sie ihn zwar stumm schalten, „entstummen“ muss er sich aber selbst ...

  1. Stabiles Internet, am besten über LAN-Kabel. Ob WLAN, Kabel- oder Mobilfunknetz: Es ist wichtig, vor der Videokonferenz zu prüfen, ob die Leitung stabil ist.
  2. Wenn die Leitung nicht gut ist, Webcams ausschalten, um die Leitung zu entlasten.
  3. Je mehr Licht, desto besser das Kamerabild. Zu dunkel und das Webcambild wird pixelig. Licht von hinten vermeiden. Nutzt virtuelle Hintergründe oder wählt eine weiße Wand als Hintergrund, um eure Privatsphäre zu schützen.
  4. Das Wichtigste ist guter Ton. Ein externes Mikrofon ist ratsam.
  5. Schaltet euer Mikrofon auf stumm, wenn ihr gerade nicht sprecht.
  6. Erkläre als Moderator_in zu Beginn das Konferenz-Tool und die Navigation, probiere Chat und Reaktionen mit den Teilnehmenden aus und kläre, wie man sich einbringen kann.
  7. Haltet Blickkontakt, schaut direkt in die Kamera. Auch die non-verbale Kommunikation ist wichtig.
  8. Benutzt im Videofenster idealerweise euren Klarnamen, damit alle wissen, wer im Raum ist. Sprecht euch direkt mit Namen an.
  9. Fallt euch nicht ins Wort.
  10. Gestaltet die Sitzung möglichst partizipativ (Gruppenarbeit, Whiteboard etc.). Wenn ihr zusätzliche Tools wie Whiteboards einbinden möchtet, bereitet diese gut vor und testet sie vorab.
  11. Konzentration ist alles. Lasst euch nicht von Handys und Co. ablenken.
  12. Macht Pausen. Länger als 30 Min. hält kaum jemand die Konzentration.
  13. Bleibt gelassen, wenn mal was nicht funktioniert. Im Zweifel: Videokonferenz verlassen
    und noch mal neu betreten.
  14. Kümmert euch um einen inhaltlichen, wie einen technischen Check-in der Teilnehmenden und achtet darauf,
    niemanden durch Technik abzuhängen.
  15. Idealerweise plant ihr mit einer inhaltlichen und einer technischen Moderation.

Was können digitale Pinnwände?

Die Arbeitsgruppe Neue Mitte für Neustadt hat sich zu einem Online-Workshop versammelt. Ziel ist es, den Optimismus der Gruppe in ein Konzept zu gießen, das aufzeigt, wie der Beteiligungsprozess der Bürger_innen umgesetzt werden kann.

Attila teilt seinen Bildschirm.

Ines: „Attila, warum schauen wir uns eine leere Seite an?“

Attila: „Das ist NOCH eine leere Seite. Ein Whiteboard, um genau zu sein. Das ist im Prinzip unsere Ideenwand. Funktioniert genau wie ein Flipchart oder eine Metaplanwand. Wir können darauf schreiben, Mindmaps erstellen, Karten anpinnen. So wie in jedem Offline-Kreativraum auch. Ich poste mal den Link im Chat. Ich habe euch alle freigeschaltet. Wir können alle gleichzeitig auf der Wand arbeiten.“

Vom Brainstorming zur Kampagne – das können digitale Pinnwände

Im Seminar, Meetingraum oder Büro: Nichts geht ohne Flipchart oder Pinnwand. Das gilt auch für digitale Planungsrunden. Ideen sammeln, strukturieren, planen: Das und mehr können Teams online auf Whiteboards.

  • Gleichzeitig schreiben
  • Digitale Post-its kleben
  • Handschriftliche Notizen hinzufügen
  • Mindmap, Liste und Matrix erstellen (Ideal für die Ideensammlung!)
  • Dinge hervorheben, hin- und herschieben, clustern

Und wenn alles fertig ist, heißt es speichern, teilen und weiterarbeiten.

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