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Gustavo Petro in der FES: „Wir müssen heute Wandel herbeiführen, wenn wir in Zukunft leben wollen“

Der Staatspräsident von Kolumbien hielt in der FES eine Rede über seine Vision von Transformation und konsequentem Klimaschutz. Ein Beitrag dazu von Joana Stalder.

Gustavo Petro, der Staatspräsident von Kolumbien, ist mit einer klaren Mission nach Deutschland gekommen: internationale Unterstützung für die Dekarbonisierung der kolumbianischen Wirtschaft. Er hielt am Abend des 15. Juni vor vollem Saal eine Rede in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin und machte unmissverständlich klar, dass er Klimaschutz als zentrale und drängendste Aufgabe der Politik sieht. Seine Worte waren ein Appell an linke Regierungen weltweit sich für konsequente Transformation und Klimaschutz einzusetzen. Darüber hinaus präsentierte Petro seine Vision eines gerechten und beschleunigten Weges aus der Klimakrise. Die Zeit zügig ins Handeln zu kommen sei jetzt.

Die Phase des Neoliberalismus der letzten Jahrzehnte überwinden

Wenn es um die Problemanalyse geht, adressierte Petro deutlich die lange Phase des Neoliberalismus, des freien Marktes und des fossilen Kapitals. Aktuell gebe es jedoch die Chance für linke Politik, die richtigen Alternativen aufzuzeigen, um den Neoliberalismus zu überwinden. Es zeige sich heute Angesichts der Schwierigkeiten der Politik Antworten auf den Klimawandel zu finden, dass die absolute Marktfreiheit an ihre Grenzen komme. Das Kapital könne die Klimakrise nicht lösen, man könne Rentabilität nicht weiter als einziges Kriterium für Projekte und Maßnahmen anwenden und denken, man erreiche dennoch echten Klimaschutz. Ein Ausweg aus der politischen Stagnation brauche laut Petro eine echte Transformation der Wirtschaft sowie ein Bekennen zur Wissenschaft durch linke Politik. Progressive Akteure müssen alles daransetzen, der zusätzlichen Gefahr des Aufstrebens einer irrational argumentierenden Rechten Einhalt zu gebieten und neue Ideen und echte Alternativen aufzuzeigen.

Die Weltklimakonferenz - bloße Rhetorik? Petros Vorschlag bindender Alternativen

Bei der Frage nach Lösungen begann Petro bei den Handelsbeziehungen zu Deutschland. Deutschland kaufe aus Verzweiflung immer mehr Kohle aus Kolumbien – aber warum investiere man nicht in grünen Wasserstoff? (Entsprechende Zusagen erhielt Kolumbien von Deutschland am darauffolgenden Tag von Olaf Scholz, Anm. d. Red..) Darüber hinaus brauche es aber für eine globale Energiewende tiefgreifenderen Wandel, eine globale, multilaterale Planung. Dabei könne das Format der Weltklimakonferenz jedoch kaum eine bedeutende Rolle spielen. Vielmehr müsse Klimaschutz raus aus dem Denken in Sektoren. Die Welthandelsorganisation (WTO) sei eine Institution, die es vermöge, Fehlverhalten gemäß ihren Statuten zu sanktionieren. Petro schlägt vor, die WTO entsprechend mit dem Paris-Abkommen in Zusammenhang zu setzen. Der globale Handel orientiere sich dann nicht mehr nur an Preisen, sondern auch am CO2-Fußabdruck. Insgesamt brauche es auch eine Änderung der Architektur des Finanzsystems und die Möglichkeit in großem Umfang Schulden aller Länder zu reduzieren, um Klimafinanzierung zu ermöglichen.

 

Solidarität: Bei der globalen Energiewende den Globalen Süden mitdenken

Verändere man entsprechend den Welthandel und das Finanzsystem, so werde zum Beispiel Lateinamerika mit seinem grünen Energie-Mix ein viel attraktiverer Wirtschaftsstandort. In jedem Fall, spielen Lateinamerika sowie auch Afrika, wie Petro betonte, im Kontext der globalen Energiewende bereits jetzt mit ihren Regenwäldern und dem Reichtum an Wasser, Sonne, Wind eine zentrale Rolle. Er erwarte nun Solidarität, damit sich alte Abhängigkeiten des Rohstoffhandels im Kontext neuer Kooperationen nicht wiederholen. Nicht zuletzt könne die Welt auch in Sachen Klimaschutz von Lateinamerika lernen. Das indigene Konzept des Guten Lebens zeige ein alternatives Fortschrittdenken auf, dass eine Alternative zu einer konsum- und wachstumsorientierten Welt darstelle. In jedem Fall seien Wandel und Leben zu Synonymen geworden: Nur Wandel ermögliche es, den Planeten Erde zu bewahren.


Die gesamte Rede auf Spanisch kann hier angeschaut und nachgelesen werden.

 

Seit August 2022 regieren mit Präsident Gustavo Petro und Vizepräsidentin Francia Márquez zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Vertreter_innen des linken, progressiven Spektrums die Republik Kolumbien. Für das zuvor durchweg konservativ oder liberal regierte Kolumbien stellt dies eine politische Zäsur dar. Die ambitionierten Projekte der Regierung sind ein umfassender Frieden in Kolumbien, eine gerechte Energiewende sowie zahlreiche Reformprojekte im Bereich Steuern, Gesundheitsversorgung, Arbeitsmarkt und Rente. Die Reise nach Deutschland Mitte Juni war Gustavo Petros erster Besuch im Land in seiner Funktion als Staatspräsident.


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