Diese Webseite verwendet Cookies
Diese Cookies sind notwendig
Daten zur Verbesserung der Webseite durch Tracking (Matomo).
Das sind Cookies die von externen Seiten und Diensten kommen z.B. von Youtube oder Vimeo.
Geben Sie hier Ihren Nutzernamen oder Ihre E-Mail-Adresse sowie Ihr Passwort ein, um sich auf der Website anzumelden.
Herzlich willkommen beim interaktiven Zeitstrahl zur Geschichte der Frauenbewegung.
Hier geben wir Ihnen und Euch einen Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Personen, die sich in den letzten 200 Jahren für die Rechte der Frauen eingesetzt haben.
Der Zeitstrahl ist bis auf wenige Ausnahmen chronologisch aufgebaut.
Definition: Eine allgemein gültige Definition von Feminismus ist aufgrund der verschiedenen Strömungen schwierig.
Es gibt nicht nur einen Feminismus, vielmehr existieren gestern wie heute eine Vielzahl von Frauenbewegungen und feministischen Theorien.
Unter Feminismus werden meist Emanzipations-, Freiheits- und Gleichheitsbestrebungen von Frauen sowie das Eintreten von Frauen für ihre Rechte verstanden.
Ein gemeinsames Ziel ist die Abschaffung der Frauenunterdrückung, des Sexismus und des Patriarchats, aber auch eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Normen und des Wertesystems.
Es geht nicht nur um die gesellschaftliche, politische und ökonomische Gleichheit der Geschlechter, sondern Feminismus hinterfragt Machtverhältnisse mit dem Ziel der Chancengleichheit, Menschenwürde und Selbstbestimmung aller Menschen. Feminismus bezieht sich sowohl auf Forschung/Wissenschaft als auch auf politische Aktion.
Einige der Ideen und Protagonistinnen stellen wir vor, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Der Schwerpunkt liegt auf dem euro-amerikanischen Kontext, in die der deutsche Feminismus und die deutsche Frauenbewegung eingebettet sind.
Der Feminismus als Theorie und Weltanschauung entstand im 17. Jahrhundert und breitete sich im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, als Folge der europäischen Aufklärung vom freien, selbstbestimmten Individuum und im Gefolge der bürgerlichen Revolutionen aus. Frauen kritisierten, dass die politischen Leitprinzipien "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" Frauen nicht mit einschlossen.
Wir beginnen mit der ersten neuzeitlichen Frauenbewegung Ende des 18. Jahrhunderts.
Viel Spaß beim Zeitreisen ...
1791: Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin
Frühe Ideen des europäischen Feminismus finden sich u.a. in den Schriften von Christine de Pizan, Olympe de Gouges und Mary Wollstonecraft.
Die französische Künstlerin, Autorin und Aktivistin Olympe de Gouges erklärte 1791 in ihrer Veröffentlichung „Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“:
„Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten“.
Ihr Werk gehört zu den bedeutendsten Texten des frühen Feminismus. Sie setzte den 17 Artikeln der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1789), die sich nur auf Männer bezogen, einen Vertragstext mit ebenfalls 17 Artikeln entgegen, der darauf verweist, dass Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ohne die gleichen Rechte für Frauen vor dem Gesetz nicht legitim sein können.
Frauen sollten zudem die gebührende Wertschätzung und Würde zuerkannt werden.
Ihr berühmter Satz „Die Frau hat das Recht, das Schafott zu besteigen. Gleichermaßen muss ihr das Recht zugestanden werden, eine Rednertribüne zu besteigen.“ erfüllte sich in tragischer Weise für sie.
Sie wurde wegen ihrer politischen Ansichten 1793 hingerichtet, vollstreckt durch die Guillotine.
Die erste Phase der Frauenbewegung nahm im 18. Jahrhundert ihren Anfang und war stark von dem Ziel der Französischen Revolution, der Betonung der Gleichheit aller Menschen und den Ideen der Aufklärung geprägt. An den Aufständen in dieser Zeit beteiligten sich viele Frauen.
Am 26. August 1789 verkündete die französische Nationalversammlung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (franz.: Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen), mit der die moderne Demokratie ihren Anfang nimmt.
An dem berühmten „Marsch der Frauen nach Versailles“ am 5. Oktober 1789 beteiligten sich 8.000 Arbeiterinnen und Bürgerinnen.
Frauen demonstrierten und kämpften mit, aber nach den Revolutionen dominierten weiterhin Männer. „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ postulierte die Gleichheit aller Menschen, schloss aber gleichzeitig die Hälfte der Menschheit aus. Diese Erfahrung mussten Frauen auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder machen.
Die Ideen der Frauenbewegung waren da, aber für Frauen in dieser Zeit gab es kaum eine Möglichkeit, sich zu organisieren oder sich politisch zu betätigen.
Louise Otto-Peters gilt mit ihrer bereits im Jahr 1843 öffentlich formulierten Forderung „Die Teilnahme der Frauen an den Interessen des Staates ist nicht ein Recht, sondern eine Pflicht“ als die Gründerin der ersten Welle der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung.
Sie gründete die Frauen-Zeitung, die wöchentlich unter dem Motto Dem Reich der Freiheit werb‘ ich Bürgerinnen erschien. Schon im April 1849 urteilte Otto über die Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche, die über eine Verfassung des deutschen Volkes beriet: "Wo sie das Volk meinen, zählen die Frauen nicht mit."
Frauen hatten mit den Männern für Freiheit und Revolution gekämpft, ihre Rechte wurden jedoch ignoriert, unterdrückt oder sogar bekämpft. Das nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 verabschiedete preußische Vereins- und Versammlungsgesetz von 1850 untersagte "Frauenpersonen" an politischen Versammlungen teilzunehmen und politischen Vereinen beizutreten.
Bildausschnitt: Probe-Ausgabe der Frauen-Zeitung - Ein Organ für die höheren weiblichen Interessen vom 21.4.1849.
Diese Zeitung erschien insgesamt in 104 Ausgaben von 1849-52 und galt als damaliges Sprachrohr der deutschen Frauenbewegung. Heute ist sie eine wichtige historische Quellenbasis für die Frühphase der deutschen Frauenbewegung.
Gründerin war Louise Otto-Peters (1816-95), die als Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung in Deutschland gilt.
Im März 1848 brach die erste Revolution in der deutschen Geschichte aus. Ausgehend von Frankreich erfasste im März 1848 der Funke der Revolution ganz Europa.
Es sollte ein national geeinter deutscher Staat mit einer freiheitlichen Verfassung entstehen, gestützt auf die persönliche und gesellschaftliche Freiheit seiner Staatsbürger_innen. Zwar scheiterte das Anliegen schon nach eineinhalb Jahren, insbesondere an unvereinbarer Ziele und am Wiedererstarken der alten Mächte, doch die Leitideen der 1848er und ihr Grundrechtskatalog zählen seitdem zu den bedeutendsten demokratischen Traditionen der Bundesrepublik Deutschland.
Eine wichtige Forderung der Revolutionäre von 1848 war die Wahl einer verfassungsgebenden Nationalversammlung. Am 18. Mai 1848 tagte erstmals ein gesamtdeutsches Parlament in der Frankfurter Paulskirche. Dieses Ereignis gilt als Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland. Frauen durften allerdings weder wählen noch gewählt werden. Nur Männer durften an die Wahlurne treten, und die 585 gewählten Abgeordneten waren ausschließlich männlich.
Im Dezember 1848 wurden die allgemeinen Grundrechte verabschiedet. Am 28. März 1849 einigte sich eine liberale Mehrheit auf die sogenannte Paulskirchenverfassung. Die Verfassung wurde zwar von 28 deutschen Staaten anerkannt. Sie scheiterte jedoch am Veto der Großmächte Preußen und Österreich, die durch die Konterrevolution erstarkt waren. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die ihm angebotene Kaiserkrone ab. Damit war die Nationalversammlung – und die Revolution 1848/49 – gescheitert.
Die Leitideen der 1848er und ihr Grundrechtskatalog zählen zu den bedeutendsten demokratischen Traditionen der Bundesrepublik Deutschland. Frauen blieben allerdings ohne Rechte.
Bild: Zeitgenössische Lithografie der Nationalversammlung in der Paulskirche
1850 sollte ein weiteres Gesetz (lateinisch: "lex") Frauen öffentlich mundtot machen:
Das in den Medien als "Lex Otto" bezeichnete Gesetz verbot Frauen (wie Louise Otto-Peters), Zeitungen herauszugeben und als Redakteurin zu arbeiten. 1850 musste die "Frauenzeitung" ihr Erscheinen einstellen, weil sie dem sächsischen Pressegesetz zum Opfer fiel, das bestimmte, dass Frauen von der Führung von Redaktionen ausgeschlossen waren.
Da das Gesetz extra wegen ihrer Zeitung erlassen wurde, wurde es "Lex Otto" genannt.
Zusammen mit Auguste Schmidt gründete Louise Otto-Peters 1865 den „Allgemeinen deutschen Frauenverein (ADF)“.
Mit dem Verein konstituierte sich die organisierte Frauenbewegung in Deutschland.
Eines der wichtigsten Ziele des Vereins war das Recht der Frauen auf eine existenzsichernde Erwerbsarbeit, auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit und verbesserte Mädchenbildung. Peters verfasste Artikel und schrieb in verschiedenen Büchern über die von ihr festgestellten Missstände.
Louise Otto-Peters, wie weite Teile der ersten Generation der Frauenbewegung, war überzeugt, dass das Ziel der selbständigen mündigen Frauen nur über das Recht auf Bildung und Arbeit zu erreichen war. Die ausdrückliche Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen war zunächst verhalten, u.a. aus Angst vor einem Vereinsverbot.
Eine weitere mutige Vorkämpferin für Frauenrechte war die Schriftstellerin Hedwig Dohm.
Sie forderte 1873 in ihrem Essay Der Jesuitismus im Hausstande gleiche Bildung und Ausbildung für Mädchen und Jungen, weibliche Erwerbstätigkeit und explizit das Stimmrecht für Frauen.
Die Frau sollte um ihrer selbst willen das Parlament wählen, denn „Menschenrechte haben kein Geschlecht“.
Dohm definierte das Wahlrecht als Voraussetzung für jede weitere emanzipatorische Entwicklung.
Sie las die ausländische Presse und übertrug Meinungen zur Frauenfrage auf deutsche Verhältnisse. Denn 1869 war in England der Bestseller der Feministinnen und Wahlrechtskämpferinnen Die Hörigkeit der Frau von Harriet Taylor-Mill und ihrem Mann John Stuart Mill erschienen.
Beide argumentierten, dass die Unterschiede zwischen Mann und Frau eben nicht „natürlich“ seien, was Konservative immer wieder behaupteten, und plädierten für Geschlechtergerechtigkeit.
In weiten Teilen der Welt begannen Frauen in dieser Zeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sich im Kampf für mehr Rechte und Teilhabe zu organisieren.
Der Aufbruch war immer eingebettet in die aktuelle politische Lage des jeweiligen Landes und hing vom nationalen Kontext ab.
Revolutionen, Unabhängigkeitsbestrebungen oder andere gesellschaftliche Umwälzungen schufen den Raum für Forderungen von Frauen. So führte der Weg in den USA von der Antisklaverei-Bewegung über die erste Versammlung für Frauenrechte 1848 in Seneca Falls (Bundesstaat New York) bis zum patriotischen Engagement von Frauen im Bürgerkrieg 1861-65.
1920 erteilte der Kongress schließlich allen Frauen der USA das Wahlrecht – allerdings galten bis 1965 (!) Sonderbedingungen, die viele Afroamerikaner_innen vom passiven und aktiven Wahlrecht ausschlossen.
Damit stand die US-Frauenbewegung seit der ersten Stunde im Spannungsfeld von Feminismus und Rassismus. Das war ein wesentlicher Unterschied zwischen der damaligen US- und der europäischen ersten Frauenbewegung.
Eine Person, in der sich all diese Bewegungen vereinten, war Harriet Tubman (1822-1913). Nachdem sie 1849 selbst der Sklaverei entflohen war, engagierte sie sich gegen Sklaverei und kämpfte nach dem Bürgerkrieg für das Frauenwahlrecht.
Zusammen mit Sojourner Truth (1797-1883) war sie eine der wenigen afro-amerikanischen Frauen, die an der Seite der US-Bürger- und Frauenrechtlerinnen Susan B. Anthony (1820-1906), Elizabeth Cady Stanton (1815-1902), Lucretia Mott (1793-1880) und vielen anderen kämpften.
Bild: Harriet Tubman, picture alliance/PictureLux
Für die aus der deutschen Arbeiterbewegung hervorgegangene proletarische Frauenbewegung steht insbesondere die sozialistische Politikerin Clara Zetkin.
Sie kämpfte für eine Verbesserung der Lohnsituation, für Arbeitszeitverkürzung und für eine Verbesserung des Arbeits- und Mutterschutzes und für das allgemeine, gleiche und freie Wahlrecht auch für Frauen.
Diese Ziele können nach Zetkin am besten in einer sozialistischen Gesellschaftsform erreicht werden. Clara Zetkin betonte immer wieder, dass das Hauptproblem der Kapitalismus sei. Durch ihn seien Frauen meist von ihren Männern abhängig und neben dem Beruf auch noch für Familie und Hausarbeit zuständig.
Auf politischer Ebene setzte sich August Bebel für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. 1875, auf dem Gründungskongress der SPD, konnte er gegen alle Widerstände erreichen, dass die Forderung nach dem „Wahlrecht für alle Staatsangehörige“ (auch für die Frauen) ins Erfurter Parteiprogramm kam.
Sein Buch Die Frau und der Sozialismus (1879) wurde zum Bestseller sozialistischer Literatur im 19. Jahrhundert.
Die SPD war während des gesamten Kampfes für das Frauenwahlrecht die einzige politische Partei in Deutschland, die sich dafür einsetzte.
Bild: Ausschnitt Buchcover, August Bebel: Die Frau und der Sozialismus, Erstausgabe 1879, hier Jubiläumsausgabe Stuttgart 1910
Im Jahre 1910 wurde auf der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen (Dänemark) der Internationale Frauentag durch Clara Zetkin und ihre Mitstreiterinnen ins Leben gerufen, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dienen sollte. Die Idee dazu kam aus den USA.
Weitere Forderungen der Frauenkonferenz waren:
Rosa Luxemburg (1871-1919), Wortführerin des linken Flügels der SPD, spätere Mitbegründerin der kommunistischen Partei Deutschlands und enge Freundin Zetkins, ging es bei dem Kampf für eine gerechte Gesellschaft um ein Zusammendenken von Sexismus, Rassismus und Klassismus. Die Überschneidung von verschiedenen Diskriminierungsformen findet sich im heutigen Begriff der Intersektionalität wieder.
Bild: Clara Zetkin und Rosa Luxemburg auf dem Weg zum SPD-Kongress in Magdeburg 1910
Am 19. März 1911 wurde der Internationale Frauentag das erste Mal begangen und lautstark das Frauenwahlrecht gefordert.
Mit dieser Demonstration war die proletarische Frauenbewegung zur Massenbewegung angewachsen.
Der Kampf um Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen und die Emanzipation der Arbeiterinnen fanden hier seinen Ausdruck.
Mehr als eine Million Frauen ging in Deutschland, Dänemark, Österreich, der Schweiz und den USA auf die Straße.
Seit 1921 wird er jährlich am 8. März gefeiert.
Bildausschnitt: Plakat Frauentag 1914, Rechte: SPD/AdsD
Von einer einheitlichen Frauenbewegung konnte Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts keine Rede sein. Forderungen und Ziele der "bürgerlichen" unterscheiden sich deutlich von denen der "proletarischen" Frauenbewegung.
Die Bürgerlichen wollten innerhalb der bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung Verbesserungen erkämpfen und legten Wert auf eine selbständige Organisation der Frauen.
Bei den proletarischen Frauen war das Ziel die Frauenbefreiung durch eine umfassende Umwälzung der Gesellschaft durch Revolution.
Die proletarische Frauenbewegung war organisatorisch eingebettet in die sozialistische Arbeiterbewegung. Sie sah ihre Aufgabe darin, der Arbeiterin das Bewusstsein ihrer Klassenlage zu vermitteln. Ihre Befreiung schien erst durch die Aufhebung der derzeitigen Gesellschaftsform möglich, da das Schicksal der Frauen ebenso wie das der Männer an den sozioökonomischen Prozess gebunden war.
Es ging für die sozialistische Arbeiterbewegung um große historische Auseinandersetzungen, innerhalb derer die Frauenfrage ein Aspekt unter vielen anderen, mindestens gleichrangigen, war und die gelöst sein würden, wenn statt der Klassengesellschaft die klassenlose Gesellschaft entstehen würde.
Dennoch, in dieser Zeit gab es neben den bereits genannten weitere Errungenschaften: Das erste Arbeiterinnenschutzgesetz wurde 1891 verabschiedet. Die Frauenarbeit unter Tage wurde verboten, ein 11-Stunden-Tag für Frauen und 4 Wochen bezahlte Ruhepause nach der Entbindung wurden eingeführt.
1901 durften Mädchen erstmals in Baden und in den darauffolgenden Jahren auch in allen anderen Gebieten höhere Jungenschulen besuchen und sich an Hochschulen unter den gleichen Bedingungen wie Männer immatrikulieren.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde an deutschen Universitäten allmählich die Immatrikulation von Frauen erlaubt. 1908 wurde der reichsweite Zugang zu Universitäten ermöglicht. 1913 studierten bereits 3.900 Studentinnen (4,3% aller Studierenden).
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 wurden die meisten internationalen Beziehungen der deutschen Frauenbewegung zerrissen.
1914 zogen viele Männer in den Krieg. Zurück blieben die Frauen, die nun bald im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben so sichtbar waren wie nie zuvor.
Der Kieler Matrosenaufstand, der am 3. November 1918 begann, löste in Deutschland die Novemberrevolution aus. Diese führte in der Folge zum Sturz der Monarchie im Deutschen Kaiserreich und zu dessen Umwandlung in eine parlamentarische Demokratie - die Weimarer Republik, deren erster Präsident der Sozialdemokrat Friedrich Ebert (1871-1925) war.
9. November 1918: Philipp Scheidemann (Mehrheitssozialdemokraten) ruft auf dem Balkon des Reichstagsgebäudes die Deutsche Republik aus. Wenige Stunden später ruft Karl Liebknecht (USPD/Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) im Berliner Lustgarten die Freie sozialistische Republik Deutschland aus.
Im November 1918 wurde der Erste Weltkrieg mit einem Waffenstillstand beendet und der deutsche Kaiser abgesetzt. Durch die revolutionären Ereignisse änderten sich die Machtverhältnisse und politischen Rahmenbedingungen fundamental.
Die neue provisorische Regierung – der Rat der Volksbeauftragten – schuf mit dem neuen Reichswahlgesetz (ab 30. November 1918 gültig) sehr schnell die Einführung freier, gleicher und geheimer Wahlen.
Damit war die Voraussetzung zur Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland geschaffen. Das schloss das aktive wie passive Wahlrecht für Frauen ein.
Im Zuge der Revolution erhielten Frauen einige wichtige und gesetzlich verankerte Rechte. Dieser Fortschritt hat verschiedene Gründe.
In diesem Zuge gelang es ihnen den gesellschaftlichen Wandel maßgeblich voranzutreiben.
Am 19. Januar 1919 fanden die Wahlen zur neuen deutschen Nationalversammlung statt.
Die daraus resultierende demokratisch legitimierte Regierung sollte den Rat der Volksbeauftragten ablösen und unter anderem die Weichen für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung für die neue Republik (Weimarer Republik) stellen.
Zum ersten Mal durften Frauen in Deutschland gewählt werden (passives Wahlrecht) und ihre Stimme abgeben (aktives Wahlrecht).
Ihre Wahlbeteiligung betrug 82 Prozent. Das Wahlergebnis ergab, dass 37 Frauen in den Reichstag einzogen. Somit stellten Frauen neun Prozent der Abgeordneten.
Unter den weiblichen Abgeordneten befanden sich prominente Vertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung.
Dazu gehörten z.B. Luise Zietz (USPD) und SPD-Vorstandsmitglied Marie Juchacz, die am 19. Februar 1919 als erste Frau vor einem deutschen Parlament sprach:
"Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als freie und gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf", betonte die Sozialpolitikerin zu Beginn ihrer rund vierminütigen Ansprache. Weiter sagte Marie Juchacz selbstbewusst: "Ich möchte hier feststellen, und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist."
Mit dem Nationalsozialismus endete vorläufig die emanzipatorische Frauenbewegung, die kontinuierlich seit dem 19. Jahrhundert immer mehr Rechte erkämpft hatte.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) 1933 wurden gesellschaftliche und politische Organisationen und Vereine aufgelöst oder in das Parteisystem und die Deutsche Arbeitsfront eingegliedert. Die meisten bürgerlichen Frauenorganisationen entschieden sich kampflos zur Auflösung oder gliederten sich in die christlichen Kirchen ein.
Bereits 1921 legte die NSDAP fest, dass Frauen nicht in die "Führung der Partei" aufgenommen werden konnten.
Nach dem Machtantritt der NSDAP wurden Gesetze verabschiedet, die Frauen aus den gehobenen Berufen verdrängten und Tätigkeiten als Hausfrau und Mutter belohnten. Neben einem Berufsausschluss von Beamtinnen, die von Vater oder Ehemann finanziell versorgt werden sollten, wurde u. a. eine Begrenzung der Zahl der Neuimmatrikulationen von Frauen erlassen und Frauen das passive Wahlrecht (die Wählbarkeit) entzogen.
Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurden Frauen – wegen des Arbeitskräftemangels durch den Kampfeinsatz – wieder verstärkt für Tätigkeiten außerhalb der Familie bis hin zu direkt kriegsunterstützenden Aufgaben angeworben.
Viele Sozialistinnen und Kommunistinnen waren aktiv im Widerstand gegen Hitler und seinen Machtapparat. Für frauenpolitische Forderungen war dort allerdings kein Platz, im Mittelpunkt stand die Dringlichkeit, die Unrechtsherrschaft zu beenden.
Die politischen und organisatorischen Änderungen in dieser Zeit entsprachen dem nationalsozialistisch-konservativen Ideal der Frau. Demnach war es die Aufgabe der weißen deutschen Frau, die Existenz und Ausbreitung des Volkes zu sichern – durch das Gebären von Kindern, Erziehung, Gesundheitsversorgung und Unterstützung des Mannes.
Das Mutterkreuz zeichnete Mütter aus, die "erb-gesund", von "deutsch-arischer Abstammung" waren und mindestens vier ("Bronze") bis zu acht und mehr ("Gold") Kinder zur Welt gebracht hatten.
Heute ist es verboten, das Abzeichen in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, öffentlich zu tragen oder zu verbreiten.
Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Streitkräfte. Deutschland wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt und von den vier Siegermächten verwaltet. In dieser Umbruchsituation kam es landesweit zu einem bedeutsamen frauenpolitischen Aufbruch. Er äußerte sich zunächst in der Gründung von überparteilichen Frauenausschüssen, die sich in der Nachfolge der Frauenbewegungen sahen, die 1933 ihr Ende gefunden hatten. Ihr Ziel war es, Frauen für politische Teilhabe zu interessieren und zu motivieren. Sie vermittelten – teilweise unterstützt durch die Militärregierungen – mit Hilfe einer speziell an Frauen gerichteten politischen Bildungsarbeit staatsbürgerliche Kenntnisse und informierten überparteilich über demokratische Verfahren.
In den drei westlichen Zonen und ab dem 26. Mai 1949 in der neu-gegründeten Bundesrepublik Deutschland standen dabei die Frauenrechte im Fokus. In der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) gliederte sich die Frage nach politischer und gesellschaftlicher Teilhabe von Frauen in die "Volksfrontstrategie" ein, dem Konzept eines internationalen kommunistischen Bündnisses gegen den Faschismus. Mit der Gründung des zweiten deutschen Staates (Deutsche Demokratische Republik) am 7. Oktober 1949 rückte die unabhängige Vertretung von Fraueninteressen zugunsten der Staatsloyalität in den Hintergrund.
Bundesrepublik Deutschland
Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 26. Mai 1949 wurden Frauenrechte durch das Grundgesetz festgeschrieben.
Unterstützt von den aus den Frauenausschüssen hervorgegangenen Frauenverbänden kämpften die sogenannten "vier Mütter des Grundgesetzes" - die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert (1896-1986) mit ihren Mitstreiterinnen Frieda Nadig (1897-1970, SPD), Helene Weber (1881-1962, CDU) und Helene Wessel (1898-1969, Zentrum) als Mitglieder des Parlamentarischen Rats dafür, die Gleichberechtigung von Mann und Frau ins Grundgesetz zu schreiben.
Der Satz "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im Grundgesetz (Art. 3 Abs. 2) stellte den größten frauenpolitischen Erfolg der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland dar.
Er hatte zur Folge, dass alle dem verfassungsmäßigen Gleichberechtigungsprinzip entgegenstehenden rechtlichen Regelungen und Gesetze an die Verfassung angepasst werden mussten. Betroffen war das Bürgerliche Gesetzbuch und hier vor allem das Ehe- und Familienrecht. Wie lang der Weg bis zur vollständigen rechtlichen Umsetzung und weitestgehenden Gleichberechtigung im Alltag noch sein sollte, zeigt sich beispielsweise daran, dass Männer bis 1977 den Arbeitsvertrag der Frau ohne deren Zustimmung kündigen konnten, wenn sie den Haushalt vernachlässigten. Der betreffende Teil im Bürgerlichen Gesetzbuch bestand also ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis 1977 weiter.
Weniger aus politischer, stärker aus philosophischer Perspektive schrieb 1949 die französische Schriftstellerin und Existenzialistin Simone de Beauvoir (1908-1986) das Buch "Le deuxième sexe" in deutscher Übersetzung "Das andere Geschlecht".
Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Beobachtung beider Geschlechter mit der Erkenntnis, dass eine Frau nicht als Frau geboren werde, sondern erst durch Rollenzuschreibung (z.B. von bestimmter Charaktereigenschaften wie "zurückhaltend", "mütterlich", "ordentlich" etc.) zur Frau gemacht werde.
Die Unterdrückung der Frau sei gesellschaftlich bedingt, eine spezielle „Natur des Weiblichen“ gebe es nicht.
Diese Gedanken haben die folgenden feministischen Debatten entscheidend geprägt.
So nimmt Beauvoirs Gedanke eines "sozialen Geschlechts" u.a. die Gender-Debatte der 1990er Jahre vorweg.
Die 1950er Jahre waren in Westeuropa wie Westdeutschland durch den wirtschaftlichen Aufschwung geprägt und drängten die Hungerjahre des Krieges in den Hintergrund.
Da Männer im Krieg getötet oder in Gefangenschaft waren, hatten Frauen während der Kriegsjahre und auch in der direkten Nachkriegszeit zunehmend wichtige "traditionell männliche" Aufgaben übernommen wie in der Produktion und als Haushaltsvorstand.
Mit der Rückkehr der Männer und der Etablierung sozialer und politischer Strukturen in der jungen Bundesrepublik wurden viele Frauen wieder in ihre "traditionelle Rolle" als Mutter und Hausfrau gedrängt.
Die im Grundgesetz 1949 niedergeschriebene formaljuristische Gleichberechtigung zeigte sich im politisch-gesellschaftlichen Alltag zunächst selten.
So formulierte spiegelbildlich ein Werbeclip ironiefrei in den 1950er Jahren: "Sie wissen ja – ein Frau hat zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen? Was soll ich kochen?"
Trotz steigender Zahl berufstätiger Frauen mit guten Bildungsabschlüssen verharrte die westdeutsche Gesellschaft der 1960er Jahre in alten patriarchalen Strukturen, die von jungen Frauen zunehmend infrage gestellt wurden und in der sog. „zweiten Welle“ der Frauenbewegung mündete. Diese war eng mit den Studierendenprotesten verknüpft.
Auf dem Delegiertenkongress des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) im September 1968 kritisierte Helke Sander (geb. 1937), Sprecherin des Aktionsrates zur Befreiung der Frau, die SDS-Männer, weil sie in ihrer Gesellschaftskritik die Diskriminierung der Frauen ignorierten.
Da die Genossen nicht bereit waren, ihren Beitrag zu diskutieren, warf ihre Mitstreiterin Sigrid Rüger (1939-96) Tomaten in Richtung Vorstandstisch und Hans-Jürgen Krahl (1943-70), den Cheftheoretiker des SDS.
Dieser symbolische Akt gilt rückblickend als Initialzündung für die zweite Frauenbewegung.
Wie schon so oft in der Geschichte stellte gesellschaftliche Aufbruchsstimmung sowohl eine Chance als auch ein Hindernis für die Frauen dar. Die „großen Fragen“ wie der Kampf gegen den Imperialismus galten als vorrangig gegenüber Geschlechterfragen.
Anders als in der DDR war im Westen ein Schwangerschaftsabbruch verboten.
Das führte dazu, dass immer mehr betroffene Frauen ins liberalere Ausland fuhren, um eine ungewollte Schwangerschaft zu unterbrechen.
Wer sich das nicht leisten konnte, musste sich illegalen Torturen unterziehen, die im Geheimen vollzogen wurden.
Neben dem "Tomatenwurf" (1968) galt ein Artikel der Zeitschrift "Stern" als zweites Ereignis mit Signalwirkung: "Ich habe abgetrieben" titelte der "Stern" 1971. 374 Frauen gaben öffentlich zu, abgetrieben zu haben.
Initiatorin der Kampagne war die Journalistin Alice Schwarzer, die die Idee aus Frankreich übernommen hatte.
Als Gründerin und langjährige Chefredakteurin der feministischen Zeitschrift "Emma" (gegründet 1977) galt Alice Schwarzer lange Zeit als eine prägende Stimme des deutschen Feminismus.
In vielen Städten der Bundesrepublik bildeten sich Aktionsbündnisse, um eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs zu erreichen.
Die Kampagne zur Legalisierung von Abtreibung koordinierte das Gremium "Aktion 218". Im Juli 1971 hatten die Aktivistinnen 86.000 Solidaritätsbekundungen gesammelt und übermittelten folgende Forderungen an den damaligen Bundesjustizminister Gerhard Jahn (SPD):
Neu war, dass Frauen als Betroffene selbst die Streichung des § 218 forderten und diese Kampagne nicht nur von Studentinnen, sondern auch von berufstätigen Frauen, Hausfrauen und Müttern getragen wurde.
Am 26. April 1974 entschied sich der Bundestag mit knapper Mehrheit für die Fristenregelung. Diese wurde allerdings am 25. Februar 1975 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, nachdem die CDU geklagt hatte. Am 6. Mai 1976 verabschiedete der Bundestag eine modifizierte Indikationsregelung als Kompromiss. Die Abtreibung war in jedem Stadium der Schwangerschaft gesetzeswidrig, ausgenommen waren vier Indikationen: medizinisch (Gefahr für die Schwangere), eugenisch (Diagnose schwerwiegende Behinderung des Kinder), sozial (drohende Notlage) oder ethisch (Schwangerschaft aufgrund Vergewaltigung oder Missbrauch).
In der Bundesrepublik Deutschland wurde im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung mit der DDR bis in die 1990er Jahre heftig um die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs gekämpft.
In Deutschland existiert heute neben einer Indikationsregelung eine faktische Fristenregelung: Der Schwangerschaftsabbruch ist rechtswidrig, aber bis zu 12 Wochen nach der Befruchtung straffrei, wenn vor dem Eingriff eine Beratung stattgefunden hat.
Im "Internationalen Jahr der Frau" fand 1975 in Mexiko-Stadt erstmals eine UN-Weltfrauenkonferenz mit Delegierten aus 133 Ländern statt. Als Folge der Konferenz wurde 1976 UNIFEM – heute UN Women – gegründet, eine Untergliederung der Vereinten Nationen, die sich für die Gleichstellung und Stärkung von Frauen weltweit einsetzt.
Die auf der Konferenz entworfene Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen (engl. CEDAW) wurde bis heute von 189 Staaten ratifiziert. Damit verpflichteten sich die Staaten, sich von einem UN-Gremium alle vier Jahre in Bezug auf ihre Fortschritte in der Gleichstellung von Frauen überprüfen zu lassen. Für die Frauenbewegungen weltweit ist das Dokument eine wichtige Referenz im Kampf um mehr Rechte.
Auf der Konferenz zeigten sich aber auch die Unterschiede zwischen zivilgesellschaftlichen Frauenorganisationen aus aller Welt: Vertreterinnen aus Lateinamerika und Afrika warfen Feministinnen aus den USA und Westeuropa einen zu starken Fokus auf das Thema Schwangerschaftsabbrüche vor. Ihnen ging es stattdessen um Entwicklung, Bildung, Frieden und Demokratie.
"Über welche Gleichheit werden wir reden? Scheint es nicht so, dass wir… als Frauen nicht gleich sein können?", aus "Wenn ihr mir erlaubt zu sprechen…", Domitilia Chungara de Barrios (1937-2012), Ehefrau eines Minenarbeiters und Delegierte aus Bolivien erinnert sich: Youtube-Video (Spanisch)
Bild: Eröffnung der Vierten Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking, UN Photo/Milton Grant
(Bundesrepublik Deutschland)
Neben dem Schwangerschaftsabbruch (§ 218) war in der Gesellschaft das Problem der (u.a. sexualisierten) Gewalt im häuslichen Bereich ein Thema, das von der Frauenbewegung mit dem Slogan "Das Private ist politisch" auf die Straße getragen wurden.
Damit stellten sie die Trennung des öffentlichen Bereichs vom privaten infrage. Somit war die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen keine Privatangelegenheit mehr, sondern ein politisches Thema.
1976 wurden in West-Berlin und Köln die ersten Frauenhäuser zum Schutz von Frauen vor gewalttätigen (Ehe-)Männern errichtet.
Frauenhäuser wurden zunächst von der so genannten "autonomen Frauenbewegung" eingerichtet, die bewusst auf "Freiräume" setzte - frei von Männern, aber auch frei von etablierten Strukturen wie z.B. von Frauenverbänden oder vom Staat.
Sie gründeten auch Frauenzentren, in denen Frauen sich gemeinsam bewusst werden sollten, wie ihr Denken und Handeln von männlichen Werten und Strukturen geprägt sind.
In den 1980er Jahren führten unterschiedliche feministische Standpunkte dazu, dass sich die Bewegung weiter ausdifferenzierte: Lesben, Juristinnen, Mütter, Migrantinnen oder Friedensaktivistinnen organisierten sich in eigenen Gruppen.
Frauen gründeten vielfältige Projekte im Bereich Gesundheit, Bildung, Erziehung, Ökologie und Handwerk. In diesen Projekten versuchten sie, selbstverwaltet eine neue Arbeitskultur zu entwickeln, in der auch die Kinder ihren Platz hatten.
Gleichzeitig zeichnete sich die Tendenz ab, dass die Frauen, die in politischen Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft, staatlichen Institutionen und in den Kirchen arbeiteten, Ideen der Frauenbewegung aufnahmen und in ihre Arbeit integrierten.
So führte die Einrichtung des ersten Lehrstuhls für Frauenforschung 1980 in West-Deutschland dazu, dass feministische Anliegen institutionell verankert und vom Staat finanziert wurden.
Vor diesem Hintergrund berief die Bundesregierung 1986 Rita Süßmuth (geb. 1937) zur ersten Frauenministerin (CDU).
Das Grundprinzip der "Emanzipation von Oben" galt für alle sozialistischen Länder, die sich im Übrigen nicht auf Ostmitteleuropa beschränkten. In arabischen und afrikanischen Ländern standen die sozialistischen Herrschaften trotz autoritärer Züge immer für vergleichsweise offene und liberale Zeiten für Frauenrechte.
Die Errungenschaften waren nicht immer von Dauer, auch gab es je nach Region und Gesellschaft immer Frauen, die von diesem Emanzipationsprojekt ausgeschlossen waren, wie z.B. Angehörige ethnischer Minderheiten oder Frauen in ländlichen Regionen.
Frauen in Ostmitteleuropa, arabischen Ländern und auf dem afrikanischen Kontinent waren wichtige Akteurinnen in Protesten und Reformbewegungen – in der Regel eingebettet in gesamtgesellschaftliche Befreiungs- und Emanzipationskämpfe, jedoch in der Regel wenig "in eigener Sache".
Frauen und Männer der Oppositionsbewegungen konnten viele ihrer Forderungen erfolgreich durchsetzen, aber feministische Kritik sowohl am Staatssozialismus wie auch an der Benachteiligung von Frauen nach der Transformation 1989 blieb sehr leise. Das Interesse an traditionellen Geschlechterrollen einten (männliche) Machthaber wie Oppositionelle, feministische Positionen fehlten auf den jeweiligen obersten Entscheidungsebenen.
Das Bild der Frau in der Deutschen Demokratische Republik (DDR) wurde von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschland (SED) geprägt. In der sozialistischen Doktrin galt, dass sich die Geschlechterungerechtigkeiten mit der Erfüllung der sozialistischen Gesellschaft von selbst erledigten.Teilweise stimmte das auch: Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt war in der Verfassung verankert. Und umfassende Kinderbetreuung ermöglichte es Eltern auch faktisch, diesen rechtlichen Anspruch umzusetzen und einer Arbeit nachzugehen.Anders als in der Bundesrepublik sollte in der DDR die Frau voll berufstätig sein - Berufstätigkeit war der "Normalfall". Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellte einen Schwerpunkt der Frauen- und Familienpolitik in der DDR dar, z.B. durch Ausbau der Kinderbetreuung. 1989 waren 90% aller Frauen in der DDR berufstätig und damit finanziell unabhängig – eine nicht zu unterschätzende Voraussetzung für die eigene Emanzipation.
Auch die Abtreibungsregelungen ermöglichten mit der Fristenlösung seit 1972, nach der DDR-Frauen legal – und nicht nur straffrei wie in Westdeutschland abtreiben durften, mehr Selbstbestimmung.Dazu passend orientierte sich der feministische Diskurs in seinen historischen Bezügen an Clara Zetkin und Rosa Luxemburg. Zeitgenössische Debatten wurden von Schriftstellerinnen wie Irmtraud Morgner (1933 – 1990), Maxi Wander (1933 – 1977), Christa Wolf (1929 – 2011) oder Brigitte Reimann (1933 – 1973) geprägt.Aber manche Geschlechterungerechtigkeiten erledigten sich mit dem Sozialismus nicht: Die obersten Machtgremien von Politik und Produktion waren von Männern dominiert. Die traditionelle Aufteilung der Familien- und Hausarbeit gab es auch in der DDR. Die Frauen waren oftmals neben ihrer Berufstätigkeit allein für Haushalt, Familie und Kinder zuständig - eine starke Doppelbelastung.
Im Westen wurde in den 1950er und 60er Jahren für ein Leben als Hausfrau und Mutter geworben, die Berufstätigkeit der Frau war per Gesetz bis 1977 nur mit Zustimmung des Ehemannes erlaubt.
Frauen durften vor 1958 den Führerschein nicht ohne Erlaubnis ihres Ehemannes machen. Gerade das Thema "Frau am Steuer" ist durchzogen von Stereotypen und Sexismus, im Folgenden exemplarisch dargestellt entlang der WDR-Aufklärungssendung "Der 7. Sinn". "Der 7. Sinn" sollte Menschen über die Gefahren im Straßenverkehr aufklären. Die Sendung wurde erstmals 1966 ausgestrahlt und zog im Laufe der Jahre ein Millionenpublikum vor den Fernseher. In den 1970er Jahren gerät die Sendung wegen ihrer frauenfeindlichen Kommentare in Kritik. In der Folge "Frauen am Steuer" hört man: "Viele Frauen scheuen das Anlegen des Sicherheitsgurts, weil sie Angst um ihren Busen haben." "Der Rückspiegel wird zum Schminkspiegel. Welche Frau kann da schon widerstehen?" Tatsächlich verursachen Frauen seltener als Männer Unfälle mit Personenschaden, Männer sind für die meisten schweren Unfälle verantwortlich, und mehr als 2/3 aller Todesopfer durch Verkehrsunfälle sind Männer. Die überwältigende Mehrheit (86,9 %) an alkoholisierten Beteiligten bei Unfällen mit Personenschaden sind Männer. Dennoch halten sich die Klischees über "Frauen am Steuer" bis heute.
Die DDR war das einzige Land der kommunistischen "Bruderstaaten", in dem es bereits vor 1989 eine kleine staatsunabhängige Frauenbewegung gab. Ab den 1970er Jahren wollten sich immer mehr Frauen unabhängig von politischen Vorgaben positionieren und schlossen sich vor allem unter dem Dach der Kirche zu unabhängigen Gruppen zusammen.
Ab den 1980er Jahren diskutierten verschiedene Frauenoppositionsgruppen in der DDR, ein anderes Frauen- und Gesellschaftsbild. Frauen für den Frieden, lesbische Frauen in der Kirche und christliche Frauengruppen waren die wichtigsten Strömungen. Dort konnten Frauen ihre Erfahrungen jenseits männlicher Dominanz und staatlichen Zugriffs austauschen.
Im Verlauf des Jahres 1989 gründete sich in der DDR eine feministische Bürger_innenbewegung, der Unabhängige Frauenverband (UFV). Der UFV verstand sich als basisdemokratische, weltanschaulich übergreifende, feministische Vereinigung.
Im Fokus seiner Kritik stand während der Veränderungsprozesse 1989/90 neben dem Ausschluss von Frauen und geschlechterrelevanten Themen vor allem die Kritik am als konservativ eingestuften bundesrepublikanischen Frauen- und Familienleitbild.
Der UFV nahm nach dem Mauerfall (9. Nov. 1989) am Zentralen Runden Tisch der DDR teil und stellte mit Tatjana Böhm (geb. 1954) eine Ministerin in der Übergangsregierung Hans Modrow (November 1989 bis März 1990). Die UFV nahm an den DDR-Volkskammerwahlen sowie an den gesamtdeutschen Wahlen 1990 teil. Im Juni 1998 löste sich der Dachverband UFV auf.
Der Begriff der "dritten Welle" des Feminismus stammt ursprünglich aus den USA ("Third Wave Feminism") und entsprang einem Aufruf von Rebecca Walker (*1969), die 1992 ein Gerichtsurteil, bei dem ein Vergewaltiger freigesprochen wurde, wie folgt kommentierte:
"Ich schreibe das als einen Appell an alle Frauen, vor allem Frauen meiner Generation: Werdet ärgerlich über diese Abweisung der Erfahrung einer Frau. Verwandelt diese Wut in politische Macht. Wählt sie nicht, solange sie nicht für uns arbeiten. Schlaft nicht mit ihnen, brecht nicht das Brot mit ihnen, ernährt sie nicht, wenn sie nicht eurer Freiheit, über eure Körper und eure Leben selbst zu bestimmen, Vorrang geben. Ich bin keine post-feministische Feministin. Ich bin die Dritte Welle."
1995 erschien Walkers Aufsatzsammlung "To be real. Telling the Truth and Changing the Face of Feminism" - eine Art Standardwerk der "dritten Welle" von US-amerikanischen Feministinnen.Mit dem Titel "To be real" greift Walker eine Redewendung auf, die auch für die „Zweite Welle“ der Frauenbewegung wichtig war: In den 1970er Jahren hatte sich der Feminismus mit der Frage beschäftigt, was denn eine "richtige" Frau sei, und sich dabei aus Zuschreibungen und Zumutungen befreit, die eine "richtige" Frau auf eine bestimmte Rolle festlegen wollten. Rebecca Walker und die anderen Autor_innen dieses Bandes beschäftigten sich nun mit der Frage, was denn eine "richtige" Feministin sei und thematisierten damit den Pluralismus unter Frauen und die weibliche(n) Subjektivität(en).Ausgehend davon sind in den späten 1990ern in den USA viele Initiativen, Publikationen und Aktionen rund um den Begriff der "Dritten Welle" entstanden, allen voran die 1997 von Walker selbst zusammen mit anderen gegründete "Third Wave Foundation", die bis heute aktiv ist.
Feminismus und die Frauenbewegungen in Ost und West, Süd und Nord sind vielfältig, bunt und different, ja teils sogar unvereinbar und widersprüchlich. Es existieren Ideen, Anliegen und Strömungen, die sich in verschiedenen Kategorien widerspiegeln wie u.a.
Diese Liste ließe sich fortführen. Alle diese Richtungen lassen sich hier nicht darstellen, es kann nur auf sie verwiesen werden. Seit den 1990er Jahren lässt sich eine Vervielfältigung des globalen Feminismus feststellen mit der Folge, dass bisherige "Sortierungen" nicht ausreichen, um die ganze Fülle aufzuzeigen. Es müsste eher von "Feminismen" gesprochen werden. Festzuhalten ist, dass die Stärke und die "Schwäche" des Feminismus in seiner Vielfalt liegen. Die "Vervielfältigung", die heftig ausgetragenen Deutungskämpfe und die Zersplitterung erschweren oftmals eine gemeinsame Solidarität. In den 1980er und 90er Jahren war Feminismus als gemeinsame Bewegung nicht mehr sichtbar. Eine einzig gemeinsame Bewegung gab es selten, jedoch gemeinsame Aktionen zu bestimmten Themen, z.B. Frauenstreiks, Proteste gegen sexuelle Belästigung, Demos gegen § 218.
Die große Welle der Institutionalisierung von Frauenpolitik bis hin zu den Gender-Mainstreaming-Vorgaben hat einerseits positive Änderungen bewirkt, andererseits aber auch dazu geführt, dass Feminismus als etwas Bürokratisches und Staatliches angesehen wurde. Der Ursprung als autonome soziale Bewegung trat in den Hintergrund. Zudem hat der formalistische Gleichstellungs-Aspekt ein gewisses Übergewicht auf Kosten kultureller Aspekte bekommen. Bürokratische Vorgaben allein können innere Überzeugungen nicht ändern, für die Änderung in den Köpfen braucht es darüber hinaus weitere Maßnahmen.
Am 27. Oktober 1994 wurde Art. 3 Absatz 2 des Grundgesetzes um seinen zweiten Satz ergänzt, der den Staat dazu verpflichtet, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau zu fördern.
Seitdem ist die Sache der Frauenförderung einmal mehr keine Privatsache mehr oder die Entscheidung einzelner Institutionen.
Eines der wichtigsten Instrumente ist die Geschlechterquote – eine verbindliche Vorschrift, wieviel Prozent eines Gremiums, einer Belegschaft etc. welchen Geschlechts sein sollen.
Überall auf der Welt existieren gesetzliche Quoten: Z.B. schreibt Ruanda mindesten 30% Frauen in Führungsgremien vor; Indonesien, Usbekistan, Argentinien und El Salvador fordern Parteiwahllisten mit mindestens 30% Frauen, Tunesien sogar 50% Kandidatinnen.2000 beschloss Frankreich das Paritätsgesetz: Parteien, die keine 50:50-quotierten Listen einreichen, müssen Strafe zahlen bzw. ihre Wahllisten werden zurückgewiesen.
In Deutschland besteht eine solche Regelung für den Bundestag nicht. Aber das Bundesland Brandenburg beschloss im Januar 2019, gefolgt von Thüringen im Juli 2019, paritätisch besetzte Listen bei Landtagswahlen. Außerdem sind seit 2016 Unternehmen verpflichtet, bei der Nachbesetzung von Aufsichtsratsposten Frauen soweit zu bevorzugen, bis mindestens 30% Frauen vertreten sind.
Innerhalb von zwei Jahren stieg die Präsenz von Frauen in Aufsichtsräten von 22% auf 31%. (Quelle: BMFSFJ)
Heute kommen mit einer gezielten antifeministischen Agenda rechtspopulistischer, nationalistischer und religiös-fundamentalistischer Kräfte wieder Themen auf die Tagesordnung, die eigentlich erledigt schienen, wie die Möglichkeit des Schwangerschaftsabbruchs oder die Infragestellung von Gleichstellungsbeauftragten und Gender Studies (Geschlechterforschung).
Die Frauenbewegung setzt diesen Entwicklungen und dem Rechtsruck gesellschaftlichen Protest entgegen. So protestierten etwa am Tag der Amtseinführung von US-Präsident Trump im Januar 2017 hunderttausende Frauen deutlich und global sichtbar beim "Women’s March on Washington" für die Rechte der Frauen, Minderheiten und Muslim_innen. Viele trugen pinke Mützen, sogenannte "pussyhats".In den Demonstrationen der letzten Jahre wie in den USA, in Polen, in Spanien oder der Türkei zeigt sich offensichtlich auch der Wunsch nach einer globalen feministischen Solidarität.
Der Feminismus ist im öffentlichen Diskurs sichtbar. Höhepunkte waren zum Beispiel die Debatte über Alltagssexismus, die im Januar 2015 unter dem Hashtag #Aufschrei begann – initiiert durch Anne Wizorek (geb. 1981) –, und die Debatten über sexualisierte Belästigungen vor allem im US-amerikanischen Kulturbetrieb im Herbst 2017 unter dem Hashtag #metoo. Frauen solidarisieren sich weltweit gemeinsam über das Internet und erreichen eine große Aufmerksamkeit. Übergriffe von (prominenten) Männern konnten somit öffentlichkeitswirksam aufgedeckt werden mit der Folge, dass einige Täter verurteilt oder entlassen wurden. Für die neue Generation von Feministinnen in Deutschland gehört Gleichberechtigung oft zum Alltag, die großen Kämpfe wurden bereits ausgefochten. Die Sozialwissenschaftlerin Antje Schrupp (geb. 1964) schreibt, dass die heutigen Frauen auf individuelle Entscheidungsfreiheit und einen eigenen Lebensstil wert legen. Sie konzentrieren sich auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie eigene Karrierechancen. Sie fordern medialen Einfluss und begehren gegen die Vermittlung von Stereotypen (durch die Medien) (Pinkstinks) auf. Gewalt gegen Frauen, Sexismus und Selbstbestimmung bleiben weiterhin relevante Themen. Ebenso entwickelt sich eine neue Debatte um Care als personenbezogene Arbeit im Haushalt, in der Erziehung und der Pflege, die immer noch überwiegend von Frauen geleistet wird, ob bezahlt oder unbezahlt.Weitere feministische Stimmen sind die Autorin und Kolumnistin Margarete Stokowski (geb. 1986), die Journalistin Teresa Bücker (geb. 1984), die Bloggerin Kübra Gümüsay (geb. 1988) und die Rapperin Sookee (geb. 1983). Die feministische Bewegung ist zumeist online aktiv und vernetzt sich über soziale Netzwerke, Blogs und Online Magazine wie EDITION F oder auch in der Printversion durch das Missy Magazine.
Der neue Feminismus thematisiert insbesondere Geschlechteridentitäten.Geschlechtervielfalt ist die neue Perspektive. Sie betont die Gleichberechtigung und Existenz vielzähliger geschlechtlicher und sexueller Identitäten, die nicht dem "klassischen (heterosexuellen) Mann-Frau-Modell" entsprechen. Die Abkürzung LSBTTIQ* steht für lesbische, schwule, bisexuelle, Trans, transsexuelle, intersexuelle und queere Menschen. Der Stern (*) am Ende soll berücksichtigen, dass sich manche Menschen in ihrer Geschlechteridentität nicht ausschließlich auf einen der Begriffe festlegen lassen möchten.Heute besteht eine enge Verbindung von Feminismus mit anderen "Identitätspolitiken", die sich auf die Diskriminierungen aufgrund der Hautfarben, Ethnizitäten, sexuellen Orientierungen, Klassenzugehörigkeiten, Behinderungen und Alter beziehen.Es zeigt, dass Feminismen sich nicht ausschließlich auf Probleme von weißen Mittelschichtfrauen beziehen (dürfen).Mit dem Begriff "Intersektionalität" wird auf die Verschränkung und Verknüpfung mehrfacher Diskriminierungsformen (z.B. Frau, Muslimin, Person of Color) verwiesen. Dieser 1989 von der afroamerikanischen Juristin Kimberley Crenshaw geprägte Begriff ist mittlerweile ein wichtiger Standard in feministischen Debatten. In Deutschland sind es insbesondere muslimische Feministinnen und Schwarze Deutsche, die seither im Feminismus-Diskurs sichtbarer werden.
Wir schließen mit dem Titel eines kurzen feministischen Manifestes der Feministin und Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie (geb. 1977). Die Verengung der Perspektive auf nur eine von vielen möglichen Geschichten über Personen, Gruppen oder Orte lässt immer wieder Stereotype und Klischees entstehen. Obwohl Frauen so viel erreicht haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten, reicht es nicht aus, wenn die andere Hälfte der Weltbevölkerung ihr Privileg unhinterfragt auslebt. Feminist*in ist "eine Person, die an die politische, soziale und wirtschaftliche Gleichheit der Geschlechter glaubt".
We Should All Be Feminists!
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts war es Frauen in Preußen verboten, politischen Vereinen beizutreten. Sie durften nicht einmal Versammlungen und Sitzungen besuchen, so bestimmte es das preußische Vereinsgesetz aus dem Jahre 1850.
Am 15. Mai 1908 trat das Reichsvereinsgesetz in Kraft - ein bedeutender Schritt für die staatsbürgerliche Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland.
Der beharrliche Kampf bürgerlicher und proletarischer Frauen hatte diesen Wandel herbeigeführt.
Jetzt konnten Frauen Parteien und politischen Organisationen beitreten, aber das aktive und passive Wahlrecht hatten sie damit noch nicht.
Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sich bereits verschiedene bürgerliche Vereine, die sich für das Frauenwahlrecht eingesetzt hatten, gegründet. Sie waren sich allerdings uneins, welches Wahlrechtsmodell Frauen fordern sollten: das Dreiklassenwahlrecht oder das demokratische Wahlrecht.
Ganz Europa diskutierte mittlerweile das Frauenwahlrecht. Die Aktivistinnen - sowohl aus der bürgerlichen wie auch aus der proletarischen Frauenbewegung - vernetzten sich international.
Die Suffragetten („Suffragette-Movement“) waren Frauenrechtlerinnen in Großbritannien und den USA, die ungewöhnlich radikal und öffentlichkeitswirksam für das Frauenwahlrecht kämpften.
Eine der führenden Persönlichkeiten war Emmeline Pankhurst (1858-1928), die bereits 1889 die Women's Franchise League gründete, die erste Organisation, die sich in England für das Frauen-Wahlrecht einsetzte.
Inzwischen hat sich – in den USA wie in Europa – das formiert, was manchmal schon die "vierte Welle" des Feminismus genannt wird, nämlich die Aktivitäten und Forderungen der jüngeren, in den 1980er und 1990er Jahren geborenen Frauen. Sie haben dem Feminismus zuletzt neue Sichtbarkeit und Popularität verschafft. Ein wichtiger Meilenstein dafür war in Deutschland das Jahr 2008. In diesem Jahr erschienen sowohl das Buch "Wir Alphamädchen" von Susanne Klingner, Barbara Streidl und Meredith Haaf, die offensiv den Begriff "Feministin" wieder für sich reklamierten; zeitgleich erschien die erste Ausgabe des Missy Magazine, einer politisch- feministischen Zeitschrift, die sich inzwischen in der Medienlandschaft fest etabliert hat und für einen jungen, intersektionalen, sex-positiven und queeren Feminismus steht.Die neue Frauenbewegung findet nicht mehr nur ausschließlich auf der Straße, sondern auch in klassischen Medien und dem Internet statt. Zahlreiche neue feministische Protagonistinnen und Aktionsformen sind entstanden. Der Netzfeminismus erscheint als neue Art der Verständigung unter jungen Frauen, die sich austauschen und ihre Erfahrungen teilen.
Feminismus und politische Bewegungen: Zu allen Videointerviews mit Politikwissenschaftlerin Antje Schrupp weiter
Zum FES-Themenportal Gender Matters
Hier finden Sie den Gesamttext des Zeitstrahls als PDF.
Eine weiterführende Literaturliste zum Thema Feminismus finden Sie hier.