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Nach dem Referendum und der Entscheidung einer Mehrheit der Italiener gegen eine Verfassungsänderung und ihren Ministerpräsidenten Renzi ist Italiens Rolle in der EU wieder völlig unklar. Dabei hatte sich diese gerade erst zu wandeln begonnen.
Bild: Rome von skylark lizenziert unter CC0 1.0
Man könnte sich durchaus vorstellen, dass ‚Referendum‘ EU-intern als Unwort des Jahres 2016 gilt. Da ist Europa noch weit davon entfernt, eine post-Brexit Strategie vorzulegen und schon gibt es zum Ende des Jahres noch mehr Grund für eine Introspektion. 59,1 Prozent der Italiener_innen – bei einer Wahlbeteiligung von knapp über 65 Prozent - entschieden sich am 4. Dezember gegen eine Verfassungsreform für ihr Land und damit auch gegen ihren pro-europäischsten Ministerpräsidenten seit Langem. Matteo Renzi, seit Februar 2014 für die Partito Democratico im Amt, hatte sein politisches Schicksal an den Ausgang des Referendums „Basta un Si“ („Ein ‚Ja‘ genügt“) geknüpft, durch das die teilweise Entmachtung der zweiten parlamentarischen Kammer, des Senats, bestätigt werden und föderalistische Strukturen handlungsfähiger gemacht werden sollten.
Schon im Vorfeld der Abstimmung wurde gebangt, dass die Ablehnung der Verfassungsreform EU-weite Folgen haben könnte, möglicherweise gravierendere als die des Brexit. Nachdem Italiens Ministerpräsident direkt nach der Abstimmung seinen Rücktritt ankündigte, bleibt er lediglich noch bis zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz im Amt – was und wer danach kommt ist bisher völlig offen.
Für die EU hat Italiens innenpolitischer Umbruch kaum abschätzbare Folgen. Allerorts wird vor der nächsten europäischen Bankenkrise gewarnt – Italiens Bankenwesen ist in der Tat deutlich angeschlagen. Dies thematisiert auch Luca Argenta, Mitarbeiter des FES-Büro in Rom, in seiner Analyse „Nie mehr zweite Liga! Die Europapolitik Italiens unter Matteo Renzi“. Argenta geht auf die Reforminitiativen ein, die die italienische Regierung seither in die EU eingebracht hat. Es sei deutlich das zu erkennen, dass Renzi Italien wieder zum einem aktiveren und wichtigeren Player in der Union machen wollte. Durch die Politik der Jahre zuvor sei dieser Status geschwächt worden.
Da wäre zum einen das Fiskalkonzept „Eine gemeinsame europäische Strategie für Wachstum, Arbeitsplätze und Stabilität“ vom Februar dieses Jahres, welches mehr Flexibilität für Länderbudgets vorsah und dem nordeuropäischen Spardiktat Investitionsspielräume entgegensetzte. Diese und andere finanzpolitische Initiativen Italiens, so Argenta, wurden jedoch gerade von Deutschlands Spitzenpolitikern abgelehnt. Hierzulande herrscht große Besorgnis über Italiens Staatsverschuldung von über 2 200 Milliarden Euro sowie das Bestreben, der Bankenkrise mit staatlichen bail-outs zu begegnen.
Auch zum Umgang mit der Flüchtlingskrise hat Italien einige Lösungsansätze präsentiert, das letzte Konzept vom April 2016 wurde im Strategiepapier „Migration Compact“ gebündelt. Migration Compact stellt einen weitaus progressiveren Ansatz dar als beispielsweise der „EU-Türkei-Deal“. Dies sind nur einige Beispiele italienischer Initiativen mit dem Ziel, die EU aktiv mitzugestalten und Verantwortung zu übernehmen.
Trotz einiger Schwierigkeiten, so Argenta, stünden die Zeichen für Italien grundsätzlich günstig, wieder eine führende Rolle in der EU wahrzunehmen. Ein Zeichen dieser positiven Entwicklungen sei auch Matteo Renzis Anwesenheit beim post-Brexit Krisenbewältigungsgipfel mit Merkel und Hollande gewesen.
Doch nun scheint alles wieder in der Schwebe. Das Referendum hat den antieuropäischen und populistischen Kräften Italiens Aufwind gegeben. Die Partei Cinque Stelle („Die Fünf-Sterne-Bewegung“), angeführt von Beppe Grillo, hatte offensiv für ein ‚Nein‘ der Italiener geworben. Nachdem sie die diesjährige Bürgermeisterwahl in Rom für sich entscheiden konnte, stellte die Partei ein Referendum über die Mitgliedschaft in der Eurozone in Aussicht. Möglicherweise ist es kein Zufall, dass die „fünf Sterne“ in Umfragen des darauffolgenden Monats als beliebteste Partei des Landes abschnitt.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Freya Grünhagen
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