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25 Jahre nach dem Fall der Mauer: Die Griechenlandkrise stellt den Zusammenhalt der Europäischen Union auf die Probe. Ebenso die Abertausende Flüchtlinge, die täglich ihre Außengrenzen erreichen. Diesen Herausforderungen wollten internationale Politiker vergangene Woche mit einem Gedankenaustausch begegnen.
Bild: Eröffnungsrede von Frank-Walter Steinmeier zum Themenabend "Europäische Politik in stürmischen Zeiten" von FES / Reiner Zensen
„Sans souci“– ohne Sorge – steht auf den Wasserflaschen, aus denen sich die Teilnehmer an diesem Abend im Hauptstadtrestaurant Gendarmerie unter den Portraits von John F. Kennedy und Nina Hagen stärken. Dabei stehen manchem die Sorgenfalten deutlich im Gesicht. Wenig verwunderlich, denn das Thema des Abends lautet: „Europäische Politik in stürmischen Zeiten“. Darüber zu diskutieren, dazu haben die Friedrich-Ebert-Stiftung und Das Progressive Zentrum eingeladen.
Über 50 Parlamentarier aus 20 europäischen Ländern sind gekommen. Zwei Tage lang sind sie in Berlin, um sich über die Zukunft der Wirtschafts- und Währungsunion auszutauschen. Ihre Diskussionsrunden tragen Titel wie „Investitionen und Wachstum“ oder „Haushaltspolitik und Koordination“. An diesem ersten gemeinsamen Abend sind noch hundert andere Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dabei.
Eröffnet wird der Abend von Außenminister Frank-Walter Steinmeier. An ihm ist es, die Herausforderungen zu benennen, denen sich die Abgeordneten aller europäischen Parlamente derzeit gegenübersehen. Der Außenminister spricht offen und bezeichnet Eurokrise und wachsende Flüchtlingsströme als entscheidende Kraftproben. „Wir brauchen einen Kontinent, der zusammenhält und zusammen handelt“, fordert Steinmeier. Für Schuldzuweisungen sei keine Zeit, solidarisches Problemlösen dagegen nötiger denn je – „um das 'Friedenswerk Europa' nicht zu gefährden“, sagt er.
Ein Blick in die Medien beweist jedoch, dass die Gefahr, sich voneinander zu entfernen, längst nicht mehr nur als Drohkulisse gewertet werden kann. Je weiter der Schuldenberg Griechenlands in den letzten Jahren gewachsen ist, desto fragiler ist es um die innere Einheit der Wirtschafts- und Währungsunion bestellt. „Wir sind ein Teil Europas“, sagte der stellvertretende griechische Finanzminister Yorgos Chouliarakis unlängst in einem Interview – ganz so, als ob diese Zugehörigkeit in Frage gestellt sei und er deshalb an die historische und aktuelle Bedeutung seines Landes erinnern müsste.
Chouliarakis´ Worte sind Appell und Warnung zugleich. Der Tsipras-Vertraute verhandelte das Kreditpaket mit Griechenlands Gläubigern und versprach Reformen im Gegenzug für Schuldenerleichterungen. Deutsche Meinungsmacher, unter denen sich nicht wenige als Kritiker von Ministerpräsident Alexis Tsipras herausgestellt haben, wollten davon nichts hören und schrieben das kleine Land immer wieder an den Abgrund. Aber wenn ihre Einschätzung stimmt – was bedeutet das dann für Europa? Antworten auf diese Frage sind rar gesät.
Wer über Griechenland spricht, ist schnell bei den Tausenden Flüchtlingen, die dort täglich über das Mittelmeer ankommen. Auch das Thema Verantwortlichkeit findet in der Debatte Beachtung. Und nicht einmal an Lösungskonzepten mangelt es, um den Zulauf zu drosseln und gleichzeitig Schutzsuchenden nicht die ihnen zustehende Hilfe zu verweigern. Es werde auch darauf ankommen, die Fluchtursachen zu bekämpfen, sagt Steinmeier, der gerade aus New York zurückgekommen ist, wo er auf eine substanzielle Aufstockung der Finanzierung des UNHCR hingewirkt hatte, damit diese in unmittelbarer Nachbarschaft von Syrien, in Jordanien und im Libanon auch eine adäquate Versorgung der Flüchtlinge sicherstellen kann. Außerdem müsse man alles tun, um die Konflikte in der Region zu beenden. Dies sagt Steinmeier in Hinblick auf seine Reise nach Teheran und Riad, wo er sich um eine Verständigung im Syrienkonflikt bemühen will. „Wir müssen nicht nur Russland und die USA an einen Tisch bringen, was ihre militärischen Aktivitäten in Syrien angeht, sondern vor allem Saudi-Arabien und Iran, die ihren tiefen Spalt überwinden müssen. Wir brauchen beide Partner, damit eine Perspektive für eine politische Lösung in Syrien überhaupt entstehen kann.“
Dass die Flüchtlings- und Eurokrise enorme Herausforderungen für Europa sind, darüber sind sich alle Teilnehmer des Abends einig. So kommt der Abend eben nicht ganz „sans souci“ – ohne Sorge – aus. Deshalb ruft der Außenminister in seiner Rede die europäischen Gäste auf: „Entweder wir lösen unsere Probleme gemeinsam in Europa oder wir lösen sie schlecht bis gar nicht. Europa steht am Scheideweg – ja. Aber das Gute ist: Wir haben die Wahl, die richtige Richtung einzuschlagen.“
Die neuen außenpolitischen Herausforderungen überfordern nationalstaatliche Reaktionsmöglichkeiten: Europa muss einen gemeinsamen Weg finden. Bei der konkreten Ausgestaltung jedoch dominiert oft nationalstaatliches Denken. Eine europäische Zusammenarbeit ist hier besonders schwer, da nationale Sicherheit naturgemäß ein sensibles Thema ist. Trotzdem wollen wir mit verschiedenen Formaten Vertrauen schaffen und Möglichkeiten aufzeigen, an welchen Stellen eine bessere Kooperation sinnvoll wäre.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de