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Deal und New-Deal für Arbeitnehmende? Britische Gewerkschaften behalten die Nerven und formulieren eine Charta.
Bild: TUC Kongress 2019 von Nicole Katsioulis
Bild: Jeremy Corbyns Rede beim TUC Kongress 2019 von Nicole Katsioulis
Nachdem das 150-jährige Bestehen des Trades Union Congress (TUC) Kongresses im letzten Jahr in Manchester gefeiert wurde, tagte Anfang September der britische Gewerkschaftsdachverband wieder im beschaulichen Küstenort Brighton. Die Delegierten diskutierten über den Brexit, die sich verändernde Arbeitswelt und einen neuen Deal für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die politischen Rahmenbedingungen für den diesjährigen TUC Kongress könnten nicht turbulenter sein. Großbritannien hat einen neuen Premierminister, Boris Johnson, der nicht mehr über eine parlamentarische Mehrheit verfügt und bisher noch keine Abstimmung im Parlament gewonnen hat. Die Gefahr, dass es am 31. Oktober 2019 tatsächlich zu einem No-Deal Brexit kommt, ist so groß, wie nie zuvor. Das Parlament ist vom 10. September an für fünf Wochen von der Regierung ausgesetzt worden und ein alternatives Brexit-Abkommen für den nächsten EU-Gipfel ist nicht in Sicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass es noch in diesem Jahr zu Neuwahlen kommt ist hoch.
Angesichts dieser Herausforderung warnte die Generalsekretärin des TUC, Frances O’Grady, daher in ihrer Begrüßungsrede davor, jetzt die Nerven zu verlieren. Die Abgeordneten bat sie nachdrücklich, der sogenannten „Benn-Bill“ zuzustimmen, welche den Premierminister zwingen würde, bei der EU um eine Verlängerung zu bitten, sollte bis 19. Oktober kein Brexit-Deal mit der EU vereinbart worden sein. Montagabend stimmten die Abgeordneten tatsächlich dementsprechend ab – ein kleiner Triumph für Gegner des harten, populistischen Kurses von Boris Johnson, zu denen natürlich auch die Gewerkschaften gehören.
Johnson droht derzeit immer wieder damit, die EU Ende Oktober verlassen zu wollen, „komme was wolle“. Frances O’Grady machte den Delegierten klar, dass das progressive Lager, inklusive Gewerkschaften durchaus bereit sei für Neuwahlen, aber erst, wenn No-Deal vom Tisch sei. Boris Johnson sei besessen von politischer Macht und erfülle eine rechtsextreme Agenda: „Wir wissen, was für ein Mensch Johnson ist und kennen die Leute, die seine schmutzige Arbeit machen. Wir trauen ihm nicht“, so Grady. Er sei bereit, die Existenzgrundlagen der Menschen aufs Spiel zu setzen. Ein No-Deal Brexit sei eine Katastrophe für Arbeitnehmer, vor allem für die im staatlichen Gesundheitssektor, im öffentlichen Dienst, in der Lebensmittelindustrie und in den Häfen. No Deal würde zu höheren Sprit-Preisen führen und zu einer Verteuerung des wöchentlichen Supermarkteinkaufs. Er würde gute britische Jobs vernichten und müsse mit allen Mitteln verhindert werden.
Den Tories warf Frances O’Grady vor, dass sie den Brexit als Teil ihrer Ideologie vorantreiben, die niedrigere Steuern, weniger Regulierungen, mehr Freiheiten für Hedge-Fonds-Manager und wesentlich weniger Rechte für die arbeitende Bevölkerung beinhaltet.
Trotzdem konnte sich der TUC insgesamt nicht dazu durchringen, geschlossen und deutlich für „Remain“, sprich den Verbleib in der EU einzustehen. Dies lag am Widerstand einzelner Gewerkschaften aus dem Transportsektor, aber auch der Feuerwehr und des Kommunikationssektors. Vor allem der Chef der einflussreichen und zweitgrößten Einzelgewerkschaft Unite (Transportsektor), Len McCluskey, stellte sich dem entgegen. Daher fordert der TUC zunächst „nur“ ein zweites Referendum aber nicht eindeutig die Kampagne für den Verbleib in der EU.
Angesichts des technologischen Wandels, des gestiegenen Drucks auf Arbeiter, länger für weniger Gehalt zu arbeiten und Angriffen auf den Wohlfahrtsstaat und den öffentlichen Dienst, lancierte der TUC in diesem Jahr allerdings auch eine Charta für ein neues Abkommen für arbeitende Menschen, einen „New Deal for Working People“.
Diese beinhaltet sechs Forderungen:
Ein Highlight des diesjährigen TUC Kongresses war sicher auch der Auftritt des Labour Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn, der in seiner Rede zahlreiche Versprechungen machte für den Fall, dass Labour in den nächsten Monaten an die Regierung komme: Ein Ministerium für Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte einzurichten, für alle Arbeitnehmer ab 16 Jahren einen nationalen Mindestlohn von 10£ pro Stunde einzuführen und die „0-Stunden-Arbeitsverträge“ zu verbieten, Machtverschiebungen, Verstaatlichungen und gegen die Klimakrise werde eine grüne industrielle Revolution eingeleitet. Für diese Rede erntete Jeremy Corbyn Standing Ovations.
Nicole Katsioulis leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in London.
Briône, Patrick
The future of working time and hopes for a four-day week / Patrick Briône. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Western Europe/North America, July 2019 (Study). - (Labour and social justice)Electronic ed.: Berlin: FES, 2019ISBN 978-3-96250-379-6
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