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Ideologische Gegensätze prägen das Verhältnis beider Länder. Dabei verbindet sie viel, v. a. angesichts aktueller Herausforderungen.
Bild: Menschen am Grenzübergang der internationalen Simón Bolívar-Brücke zwischen Kolumbien und Venezuela von © picture alliance / ZUMAPRESS.com / Elyxandro Cegarra
Vor kurzem hatte der kolumbianische Präsident Iván Duque noch verkündet, dass nicht-registrierte venezolanische Migrant_innen in Kolumbien unter keinen Umständen geimpft werden könnten und damit große Kontroversen ausgelöst. Anfang Februar dann die Kehrtwende: Duque – aktuell auch aufgrund seiner Corona-Politik stark unter Druck – versprach einen temporären Aufenthaltsstatus für alle venezolanischen Migrant_innen im Land, der diesen gleichzeitig den Zugang zu Impfstoffen ermöglichen wird. Mit dieser überraschenden Geste setzt der Präsident nicht nur außenpolitische Signale, sondern auch innenpolitische Akzente – er will wohl sein Image aufpolieren und mit diesem weltweit einzigartigen Schritt in die Geschichtsbücher eingehen.
Außenpolitisch stehen im Mittelpunkt dieser Geste wieder einmal die Beziehungen Kolumbiens zu Venezuela, die in der jüngeren Vergangenheit schon häufiger für taktische Spielchen herhalten mussten. Man denke z. B. an die Politisierung der Hilfsgüterlieferungen im Februar 2019, als der selbst ernannte venezolanische Interimspräsident Juan Guaidó – vermutlich mit kolumbianischer und US-amerikanischer Unterstützung – an der Grenze zwischen Venezuela und Kolumbien auftauchte, um dort (erfolglos) die Grenzöffnung für die Lieferung von USAID-Hilfsgütern zu erzwingen. Ein anderes Beispiel sind die geheimen, aber doch ausreichend gut veröffentlichten Vorbereitungen für den Ausbau der neun US-amerikanischen Truppenstützpunkte in Kolumbien, deren Zweck – die verstärkte Bekämpfung des Drogenhandels – ebenfalls gegen das Nachbarland gerichtet war. Doch auch der venezolanische Präsident Nicolás Maduro hat zu diesen Feindseligkeiten aktiv beigetragen, etwa indem er kolumbianischen Guerillas auf venezolanischem Staatsgebiet Unterschlupf gewährte oder durch Militärmanöver an der Grenze zu Kolumbien demonstrierte, dass Venezuela eine mögliche US-amerikanisch-kolumbianische Invasion abwehren könne.
Allerdings ist die feindselige Beziehung zwischen Kolumbien und Venezuela gar nicht neu, die Liste der Animositäten zwischen beiden Ländern ist lang. Schon der rechtskonservative kolumbianische Präsident Álvaro Uribe (2002-2010) und der venezolanische Präsident Hugo Chávez (1999-2013), Verfechter des bolivarianischen Sozialismus, waren sich spinnefeind, was die Beziehungen zwischen beiden Ländern vergiftete – bis hin zu einem Abbruch der Beziehungen. Es folgte eine Entspannungsphase, eingeleitet durch die venezolanische Vermittlungshilfe im kolumbianischen Friedensprozess mit der FARC-Guerilla. Dadurch verbesserte sich auch die Kommunikation zwischen dem kolumbianischen Präsident Juan Manuel Santos (2010-2018) und Chávez-Nachfolger Nicolás Maduro (seit 2013). Unter Präsident Duque (seit 2018) verschlechterten sich die Beziehungen jedoch wieder. Denn die zunehmenden Flüchtlingsströme aus Venezuela führten auf kolumbianischer Seite zu sozialen Problemen sowie Xenophobie und setzten die Regierung in Bogotá unter Handlungsdruck.
Doch nicht die Geflüchteten oder die Unterstützung für die Guerillas sind die wahre Ursache für diese ewige Feindschaft, sondern der ideologische Antagonismus zwischen bolivarianischem Sozialismus in Venezuela und rechtskonservativen Regierungen in Kolumbien.
Die ideologischen Gegensätze hemmen vieles, denn tatsächlich haben Kolumbien und Venezuela mehr gemeinsam, als auf den ersten Blick erkennbar ist. So blicken sie u. a. auf eine gemeinsame Kolonialgeschichte im Vizekönigreich Nueva Granada zurück. Seit der Unabhängigkeit von Spanien und der Teilung des Vizekönigreichs in zwei Teile im Jahr 1829 verfügen beide Länder über eine 2.219 Kilometer lange gemeinsame Grenze sowie über historisch gewachsene, enge kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen. Die enge Verbindung zwischen Kolumbien und Venezuela wird zudem in deren Migrationsgeschichte deutlich: Durch den bewaffneten Konflikt in Kolumbien und den Ölboom in Venezuela in den 1970 bis 1990er Jahren wanderten viele Millionen Kolumbianer_innen nach Venezuela aus. Heute leben dagegen in Kolumbien ca. zwei bis zweieinhalb Millionen venezolanische Migrant_innen und Geflüchtete, z. T. mit doppelter Staatsbürgerschaft. Aufgrund der engen wirtschaftlichen Beziehungen gibt es seit 1977 auch eine kolumbianisch-venezolanische Handelskammer, die sich bis heute aktiv für die Förderung der Wirtschaftsbeziehungen v. a. unternehmerischer Aktivitäten zwischen beiden Ländern einsetzt.
Neben diesen genannten Berührungspunkten gibt es noch viele weitere Gemeinsamkeiten zwischen Kolumbien und Venezuela, gerade auch mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen. Darauf verweist unser briefing paper „Friedensmacht EU – Vorschläge zur Konfliktlösung in Kolumbien und Venezuela“. Die aktuellen Konflikt- und Problemlagen sind eng verknüpft. Dieser Tatsache muss bei der Suche nach Lösungen und bei Initiativen von Deutschland und der EU mehr Beachtung geschenkt werden. Denn ohne eine Lösung der politischen Krise in Venezuela wird es auch keinen dauerhaften Frieden in Kolumbien geben, betonen die FES-Autorinnen Kristina Birke Daniels, Susanne Stollreiter und Katharina Wegner.
Besonders interessant ist bei dieser Lösungssuche die Gruppe Puentes Ciudadanos Colombia-Venzuela (zuvor Convergencia Ciudadana). Sie wurde 2019 von fast 100 sozialen Organisationen sowie von mehr als 200 Persönlichkeiten aus Kolumbien und Venezuela gegründet und fördert eine Konfliktlösung durch Verhandlung unter Beteiligung der Bürger_innen. Konkret zielt diese plurale und vielseitige Initiative für eine binationale und regionale „Diplomatie der Bürger_innen“ darauf ab, den Dialog sowie Vereinbarungen zwischen verschiedenen sozialen und politischen Sektoren beider Länder für eine politische und friedliche Lösung in Venezuela zu unterstützen und darüber hinaus Brücken zwischen den beiden Nationen und ihren Menschen zu bauen.
Birke Daniels, Kristina; Stollreiter, Susanne; Wegner, Katharina
Vorschläge zur Konfliktlösung in Kolumbien und Venezuela / Kristina Birke Daniels, Susanne Stollreiter, Katharina Wegner. - Brüssel ; [Berlin] : Friedrich-Ebert-Stiftung EU-Büro ; Friedrich-Ebert-Stiftung Referat Lateinamerika und Karibik, Februar 2021. - 3 Seiten = 80 KB, PDF-File. - (Sonderveröffentlichung). - (Frieden und Sicherheit)Electronic ed.: Berlin : FES, 2021ISBN 978-3-96250-829-6
Publikation herunterladen (80 KB, PDF-File)
Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
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