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„Was hält Europa zusammen?“ lautet die zentrale Fragestellung der europaweiten Veranstaltungsreihe „Europe Calling: Politik für Europa“. Es gibt wohl keinen besseren Ort als Budapest und kein besseres Thema als die EU-Flüchtlingspolitik um darüber ins Gespräch zu kommen.
Bild: Europe Calling Budapest von Sebastian Glowinski
Was hält Europa zusammen? In keinem europäischen Land scheint diese Frage virulenter und gleichzeitig schwerer zu beantworten als in Ungarn. Ungarns nationalkonservativer Ministerpräsident Viktor Orbán gilt vielen als Prototyp des antieuropäischen Rechtsrucks in der Europäischen Union. Seit der Machtübernahme vor mittlerweile sieben Jahren machen Orban und seine Fidesz-Partei aktiv und aggressiv Stimmung und Politik gegen die EU; ein Novum für eine die Regierung eines europäischen Mitgliedslandes. Erst Ende April dieses Jahres hat die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des neuen ungarischen Hochschulgesetztes, das sich gegen den kosmopolitischen Liberalismus des Landes richtet und wegen einer Bürgerbefragung der ungarischen Regierung unter dem unmissverständlichen Titel „Stopp Brüssel“ eingeleitet.
Besonders kontrovers aber ist die ungarische Rolle in der europäischen Migrations- und Flüchtlingspolitik und die beharrliche Weigerung die verbindlichen Umverteilungsabsprachen in der EU zu erfüllen. Ungarn und auch Polen haben dabei bislang nicht einen Flüchtling aufgenommen; in Tschechien sind es zwölf. Vor diesem Hintergrund eröffnete die EU-Kommission am 13. Juni 2017 ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn, sowie Polen und Tschechien. In keinem anderen Politikfeld zeigen sich die Zentrifugalkräfte, die Europa auseinandertreiben, deutlicher.
Es zeugt von Symbolkraft, dass die von der Friedrich-Ebert-Stiftung ins Leben gerufene, europaweite Veranstaltungsreihe „Europe Calling: Politik für Europa“ nach Veranstaltungen in Rom und Belgrad am 12. Juni 2017 in der ungarische Hauptstadt Budapest Station machte, um gemeinsam unter dem Titel „Refugee Policy – Europe and its Borders“ gemeinsam „Ideen für ein soziales, gerechtes und freies Europa“ zu entwickeln, wie es im Aufruf zur Reihe heißt.
Für die DiskutantInnen, die neben Ungarn auch Perspektiven aus Italien und Griechenland als zwei stark betroffene Länder vertraten, galt es zunächst sich über die Situationen auszutauschen. Obwohl es in Ungar kaum mehr als 500 Geflüchtete gibt und die Herausforderungen der Versorgung und Integration von Geflüchteten im Vergleich zu Griechenland und Italien geradezu grotesk gering sind, grassiert der von den Rechtsradikalen geschürter Fremdenhass, betont Márta Pardavi, Co-Direktorin des Hungarian Helsinki Committee’s, einer ungarischen Nichtregierungsorganisation. Auch die Rolle eben jener NGOs und zivilgesellschaftlicher Initiativen, die in Griechenland und Italien einen erheblichen Beitrag für die Betreuung Geflüchteter leisten, in Ungarn aber massiv an ihrer Arbeit gehindert werden, wird (mitunter kritisch) diskutiert.
Der zweite Teil der Veranstaltung steht im Zeichen der Suche nach einer Balance zwischen dem Verlangen nach Sicherheit und dem humanitären Gebot der Menschlichkeit. Hier besteht Einigkeit, dass die Suche nach sicheren Fluchtwegen erste Priorität hat. Als „tickende Zeitbomben“ (Mechthild Baumann vom Institut für Migrations- und Sicherheitsstudien e.V.) können EU-Abkommen mit Drittländern zur einseitigen Sicherung der Außengrenzen kaum dazu beitragen. Für Konstantinos Triantafyllos, Politiker der sozialdemokratischen PASOK auf der Insel Chios in Griechenland darf bei allen sicherheitspolitischen Fragen die der Moral nicht hintenanstehen: “We need to safeguard our moral values more than securing our external borders”.
Denn der vermeintliche Gegensatz zwischen Humanität vs. Sicherheit ist irreführend. Das gerade ein Vertreter einer von der humanitären Krise am stärksten betroffenen Gebiete an erster Stelle auf die Integrität europäischer Werte und humanitärer Moral pocht, stimmt hoffnungsvoll. Aber erst wenn auch in anderen Ländern die sicherheitspolitischen und auch die nationalistischen Scheuklappen abgelegt werden, können diese viel beschworenen europäischen Werte wieder eine Kraft des Zusammenhalts in Europa werden.
Die Debatten über europapolitische Themen, im Rahmen von Europe Calling 2017, sind noch nicht zu Ende. In den kommenden Monaten sind noch zwei weitere Veranstaltungen in Brüssel und Berlin geplant. Alle Informationen hierzu sind abrufbar unter: https://www.fes.de/de/europecalling/.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Hannes Alpen
Weiterführender Link:
Webseite zu Europe Calling 2017 Budapest
Timon Mürer über Robert Menasses "Europäischen Landboten".
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de