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Seit sechs Monaten wird Italien von der 5-Sterne-Bewegung und der Lega regiert. Trotz der ideologischen Verschiedenheit beider Parteien charakterisiert ein offen zur Schau getragener Euroskeptizismus die selbsternannte „Regierung des Wechsels“.
Bild: von Mr. Nico / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0
Die erste populistische Regierung Europas hat neben den alten Parteien und den traditionellen Medien die EU zu ihrer Zielscheibe gemacht. Obwohl beide Parteien vor der Koalitionsbildung mehrmals Anspielungen auf einen Euroaustritt machten, sind von der Regierung bisher keine expliziten Pläne zum Verlassen der Eurozone vorgelegt worden. In diesem Kontext entschärfen auch die EU-institutionsnahen Außenminister Enzo Moavero Milanesi und Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria die Töne. Weiterhin dient die EU jedoch als Sündenbock für verschiedene ungelöste innenpolitische Probleme, denn interne Uneinigkeit kennzeichnet die vergleichsweise unproduktive italienische Regierung.
Der von der Regierung Conte gefahrene Konfrontationskurs mit der EU manifestiert sich derzeit insbesondere im Haushaltstreit und dem von der EU angedrohten Defizitverfahren. Die von Italien angestrebten Maßnahmen, darunter ein Grundeinkommen, ein einheitlicher Steuersatz (flat tax) und die Reform des Rentensystems, sollen das schwache Wirtschaftswachstum des Landes anzukurbeln und gleichzeitig die eigene Wählerschaft, auch im Hinblick auf die Europawahlen 2019, zufriedenstellen.
Wie sich dieses europaskeptische Bündnis zur Europäischen Union und dem Euro positioniert, beschreibt Luca Argenta in der Publikation „Italien auf Konfrontationskurs. Die Europapolitik der Regierung Conte“ für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung. Die Studie gibt einen Einblick zu den Positionen in der Wirtschafts-, Migrations- und Außenpolitik.
Derweil schlägt Italien insbesondere mit Blick auf die europäische Migrationspolitik mit der Faust auf den Tisch. Trotz eines starken Rückgangs der Ankünfte in Italien dominiert das Thema Migration die öffentliche Debatte und hat als Aushängeschild der Lega hauptsächlich deren Frontmann Matteo Salvini gestärkt. Auf europäischer Ebene strebt die italienische Regierung weiterhin nach einer solidarischen Reform des umstrittenen Dublin-Systems. Eine automatische Verteilung von Asylsuchenden auf alle EU-Mitgliedstaaten soll nach den Worten des Innenministers Salvini verhindern, dass Italien in ein Flüchtlingslager umgewandelt wird. In Erwartung einer europäischen Antwort ist Salvini von den Worten zu Taten übergegangen. Unilateral beschloss er, die süditalienischen Häfen für die Einfahrt von internationalen NGO- und Kommerzschiffen mit Flüchtlingen an Bord zu schließen und das Asylrecht stark einzuschränken.
Mit Blick auf die Außenpolitik bemüht sich die Regierung Conte um die Fortsetzung der atlantischen Allianz, erkundet gleichzeitig aber die Beziehungen mit Russland. So forderte sie – vor allem aus wirtschaftlichen Interessen – die Aufhebung der Isolierungen und der europäischen Sanktionen gegen Russland. Gleichzeitig betrachtet man die USA jedoch weiterhin als privilegierten Partner Italiens. Darüber hinaus bemüht sich die Regierung Conte sowohl im europäischen als im NATO Kontext, den humanitären und sicherheitspolitischen Fokus verstärkt auf das Mittelmeer zu richten.
Bis zu den nächsten Europawahlen werden die europakritischen Töne aus Italien und die anhaltenden Eskalations- und Isolierungstendenzen nicht zu einer Lösung europapolitischer Herausforderungen beitragen. Ein sowohl von der EU als auch von Italien mitgetragener Deeskalationskurs und die Förderung des Dialogs scheinen derzeit der einzige Ausweg in Richtung europäischer und italienischer Stabilität zu sein.
Ansprechpartner in der Stiftung
Luca Argenta
Argenta, Luca
Die Europapolitik der Regierung Conte / Luca Argenta. - Rom : Friedrich-Ebert-Stiftung, Dezember 2018. - 7 Seiten = 150 KB, PDF-File. - (FES Italien)Electronic ed.: Rom : FES, 2018
Zum Download (PDF) (150 KB, PDF-File)
Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de