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„Europa muss 28 Ländern dienen, nicht nur einem“, so der ehemalige italienische Premierminister Renzi Ende 2015. Spannungen kennzeichnen das Deutsch-Italienische-Verhältnis.
Bild: Le Frecce Tricolori 2 von Riccardo Palazzani lizenziert unter CC BY-NC-SA 2.0
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien sind in den letzten Jahren wieder stärker in den Fokus gerückt. Hierfür gab es verschiedene Gründe, nicht zuletzt die politischen Entwicklungen in Italien mit den Mitte-Links-Regierungen Letta und Renzi. Aber auch grundsätzlich sind die Beziehungen zwischen dem größten und dem (bis vor kurzem) zweitgrößten Industrieland Europas eine der zentralen Achsen der europäischen Politik. Trotz der pro-europäischen Einstellungen der Regierung unter Matteo Renzi waren in der letzten Zeit immer wieder auch Spannungen zu spüren: Renzi hat während seiner Regierungszeit Deutschland und seinen Einfluss immer wieder auch als problematischen Faktor der europäischen Politik kritisiert: „Europa“ so Renzi Ende 2015 „muss 28 Ländern dienen, nicht nur einem“.
Vor diesem Hintergrund hat die FES-Italien eine repräsentative Meinungsumfrage in beiden Ländern zur Sicht auf das jeweils andere Land in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser Umfrage liegen nun vor und sie stimmen nicht nur fröhlich. Zwar zeigt die Umfrage insgesamt ein durchaus positives Bild. Die Bevölkerungen beider Länder verfügen über sehr gute Kenntnisse übereinander und stehen sich keineswegs ohne gegenseitige Sympathien gegenüber. Aber es wird auch deutlich, dass die Wahrnehmungen gerade dann problematisch zu werden beginnen, wenn Fragen der europäischen Politik berührt sind.
In Italien wächst das Gefühl, dass die EU und der Euro vor allem einem Land dienen: Deutschland. 81% der Italiener haben den Eindruck, Deutschland missbrauche seine dominierende Stellung in der EU zu Lasten schwächerer Länder wie Italien. Bei diesen Urteilen spielt sicherlich die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung der beiden Länder in den vergangenen Jahren eine große Rolle. Italien befindet sich in der längsten Wirtschaftsflaute seit der Staatsgründung im Jahr 1861. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt heute um 12% unter den Werten von vor zehn Jahren, die Industrieproduktion ist um 25% gesunken. In diesem Kontext kann es denn auch nicht wirklich überraschen, wenn nur knapp ein Fünftel der Italiener meinen, die Gemeinschaftswährung des Euros hätte dem Land mehr Vor- als Nachteile gebracht. Über die Hälfte der ItalienerInnen sehen dagegen mehr Nachteile als Vorteile.
Entsprechend unterschiedlich sind denn auch die Wahrnehmungen der Prioritäten der europäischen Politik und der Probleme Europas. Einig sind sich die Bevölkerungen beider Länder darin, dass die Umbrüche in der islamischen Welt die größte Herausforderung für Europa darstellen. Danach aber sehen die ItalienerInnen die großen Probleme vor allem im Bereich der Eurokrise und der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Die Deutschen dagegen sehen in den externen Herausforderungen - vor allem im Mittelmeerraum - die größten Probleme.
Weitgehend einig sind sich die Bevölkerungen in der Einschätzung der Migrationsproblematik. Für die Menschen in beiden Ländern zählt sie zu den Haupt-Herausforderungen, vor denen Europa steht. Und in beiden Ländern ist eine Mehrheit der Befragten der Ansicht, dass die deutsche Flüchtlingspolitik des letzten Jahres der EU eher Schaden zugefügt hat. Dabei ist diese Wahrnehmung in Italien allerdings deutlich ausgeprägter als in Deutschland (64% zu 55%).
Die FES-Meinungsumfrage bestätigt die Eindrücke, die sich auch aus anderen Umfragen und Studien geben: Die EU - und vor allem die Eurozone – befindet sich in einer Phase, wo von Konvergenz und Zusammenwachsen nicht wirklich die Rede sein kann. Im Gegenteil: Die Lebensverhältnisse entwickeln sich auseinander, zum Teil in einem dramatischen Ausmaß. In Bayern oder Baden-Württemberg liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 2,7% - in Teilen Siziliens bei über 80%. Parallel steigt das Misstrauen in den stagnierenden Ländern des Südens gegenüber einem zugleich dominanten wie prosperierenden Deutschland. Die deutsche Debatte ist gut daran beraten, diese Entwicklungen sehr ernst zu nehmen.
Ansprechpartner in der Friedrich-Ebert-Stiftung:
Ernst Hillebrand
Link zur Studie:
Fremde Freunde. Eine Meinungsumfrage zum deutsch-italienischen Verhältnis
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de