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Fünf-Sterne-Bewegung: Von Fundamentalopposition zu Regierungsverantwortung?

Vor den Italien-Wahlen steht die Europapolitik im Fokus. Die euroskeptische Fünf-Sterne-Bewegung hat ihre Positionen entschärft. Ziel: Sich als regierungsfähig zu profilieren.

Bei den letzten Parlamentswahlen im Frühjahr 2013 gelang es der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung (MoVimento 5 Stelle (M5S)) des Komikers Beppe Grillo, zur zweitstärksten Kraft aufzusteigen. Der europaskeptische Populismus und die Fundamentalopposition gegen die „politische Kaste“ Italiens trafen die Stimmung in dem von Eurokrise und Korruption gebeutelten Land.  Die schrillen Töne und radikalen Forderungen der „Grillini“ zogen europaweite Aufmerksamkeit und sorgenvolle Kommentare nach sich. Für „Spiegel Online“-Kolumnist Jan Fleischhauer war Grillo gar der gefährlichste Mann Europas. Der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zeigte sich entsetzt, dass mit Beppe Grillo und Silvio Berlusconi „zwei Clowns“ gewonnen hätten.

Angesichts dieser Aufregung ist es erstaunlich, dass es um die 5-Sterne-Bewegung in den deutschen Medien zuletzt ruhig geworden ist. Und das, obwohl sich diese auch vier Jahre nach ihrem Wahlerfolg auf Augenhöhe mit der linken Partito Democratico und den Parteien des rechten Spektrums befindet. Auch dank der Siege bei den Bürgermeisterwahlen in Rom und Turin 2016 hat sich Grillos ‚Bewegungspartei‘ als Teil des parlamentarischen Spektrums Italiens etabliert. Und dennoch: Glanz und Aufregung früherer Tage sind vorbei.

Imagewandel

Die Etablierung der M5S im politischen Mainstream geht mit einem Imagewandel einher. In Abgrenzung zu den zu Beginn der Bewegung abgehaltenen „Vaffa-Days“ („Leck-mich-Tagen“), auf denen Parteigründer Grillo gegen Europa und das „Establishment“ zu Felde zog, herrscht nun ein gemäßigterer Ton. Alte Formen der Bewegungspolitik werden zu Gunsten klassischer Parteipolitik abgelegt. Mit neuem Image und dem seriös wirkenden Spitzenkandidaten Luigi Di Maio will sich die M5S als regierungsfähige Partei positionieren. Auch in der Programmatik vollzieht sich ein politischer Kurswechsel hin zu realitätsnaheren Positionen.

Die Europapolitik der M5S

Unabhängig von ihrem Abschneiden bei den kommenden Wahlen steht fest, dass die Partei nicht zuletzt die europapolitischen Debatten in Italien maßgeblich mitgeprägt hat. Grund genug für Luca Argenta (Friedrich-Ebert-Stiftung Rom), in der Studie ‚Die europapolitischen Positionen der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien (http://library.fes.de/pdf-files/bueros/rom/13832.pdf )‘ genauer unter die Lupe zu nehmen.

Argentas zentrale Erkenntnis: Auch in der Europapolitik ist die Zeit der Fundamentalopposition vorbei. Radikale und medienwirksame Forderungen, wie der Ausstieg aus dem Euro wurden zurückgestellt. Gefordert wird die Abschaf­fung des europäischen Fiskalpaktes, die Einführung von Eurobonds und eine Allianz der Mittelmeerstaaten mit dem Ziel, die europäische Austeritätspolitik zu beenden. Auch die Demokratisierung der EU-Institutionen, eine Revision des Dubliner Abkommens und eine pazifistische EU-Außenpolitik stehen auf der Agenda. Im Gegenteil zu 2013 ist aber kaum ein Programmpunkt Anlass für Panik und Hysterie.

Sinnbildlich für die Mäßigung der Europapolitik ist für den Autor die Trennung von der euroskeptischen EFDD (Europe of Freedom and Direct Domocracy)-Fraktion und der Versuch, in die ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten fcy)Europa)-Fraktion im Europäischen Parlament einzusteigen. Auch wenn dieser letztendlich scheiterte, symbolisiert der Wunsch nach einem Wechsel in die am stärksten europaorientierte Fraktion die entschärfte Haltung gegenüber der EU. Für Argenta ist dieser Kurswandelauch mit der Stimmung in der Bevölkerung zu erklären; neueste Umfragen zeigen, dass euroskeptische Positionen wieder leicht rückläufig sind.

Sowohl-als-auch-Politik

Auch wenn eine Regierungsübernahme (noch) unwahrscheinlich ist; mit ihrer neuen Flexibilität, die sowohl euroskeptische, als auch europhile Wähler_innen abwechselnd bedient, ist die Fünf-Sterne-Bewegung breiter aufgestellt und damit anschlussfähiger, als noch vor vier Jahren. Und sollte die Spaltung des linken Lagers mit weiteren Stimmenverlusten einhergehen, ist nicht auszuschließen, dass die Positionen des M5S eines Tages für Italiens Politik doch noch relevant werden.

Ansprechpartner in der Stiftung

Ernst Hillebrand


Demokratisches Europa

Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.

Ansprechpartnerin

Marie Meier

+49 30 26935-7418
Marie.Meier(at)fes.de

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